Liebe
Leserinnen und Leser,
herzlich
willkommen zu einer neuen Ausgabe des Investorweb-Börsenbriefs.
Besonders begrüßen möchten wir unsere neuen Abonnenten;
wir hoffen, dass Ihnen dieser Börsenbrief viel Freunde und
Informationen bietet
...
Der
vergangene Monat war überschattet von einem drohenden Irakkrieg.
Die Administration Bush zeigt entschlossene Härte gegenüber
dem Iraker Regime, und Europa spricht mit gespaltener Zunge. Abgesehen
davon reist Angela Merkel nach Washington und bekundet Zusammengehörigkeit
mit den Amerikaner, ein in Deutschland äußerst seltener
Vorgang. Und dann hat Europa nun auch seinen ersten großen
Bilanzskandal, es traf das niederländische Einzelhandelsunternehmen
Ahold. Sie sehen, liebe Leser und Leserinnen, an Nachrichten mangelte
es mal wieder nicht, obwohl man sich wahrlich positivere Wünschen
kann. In diesen Zeiten der Ungewißheit ist es kein Wunder,
wenn die Börsenkurse wieder auf breiter Front nachgaben.
Bleibt
noch ein Blick auf Deutschland. In Deutschland sieht es wirtschaftlich
gesehen sehr düster aus. Von der Bundesregierung gehen keine
Impulse für mehr Wirtschaftswachstum aus (auch wenn diese das
natürlich so nicht wahrhaben will und immer wieder nur auf
die weltpolitische Lage hinweist, als ob diese allein für die
knapp 4,6 Millionen Arbeitslose in Deutschland verantwortlich wäre),
und - noch schlimmer - die immer schlechter werdende Stimmung sowohl
bei den Unternehmen als auch bei den Verbrauchern droht, den letzten
Funken Hoffnung zu zerstören. Doch wie aus heiterem Himmel
naht Hilfe. Die drei Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und
Thüringen haben eine Initiative gestartet, um den Arbeitsmarkt
speziell im Hinblick auf die besonderen Probleme in Ostdeutschland
zu reformieren. Ausnahmegenehmigungen hinsichtlich des kontraproduktiven
Flächentarifvertrages, Kündigungsschutzaufhebungen und
Verlängerung der Höchstdauer für befristete Arbeitsverhältnisse
sind nur einige Stichworte, die Arbeit in Deutschland wieder attraktiver
machen soll, sowohl für Arbeitslose, als auch für Unternehmer.
Besonders pikant: die Gewerkschaften spielen bei diesen Überlegungen
keine Rolle. Man sollte diese Entwicklung gut beobachten. Hier bietet
sich endlich mal eine echte Chance für nachhaltige Reformen.
Hoffentlich wird nicht zugelassen, daß die Gewerkschaften
wieder einmal einen guten Ansatz hin zu flexibleren Arbeitsmarktbedingungen
im Keim ersticken.
Wir
wünschen Ihnen nun viel Vergnügen bei der Lektüre
dieses Newsletters. Sollten Sie Fragen haben oder möchten Sie
mit uns Kontakt aufnehmen, dann senden Sie uns einfach eine E-Mail
( kontakt@investorweb.de ) oder schreiben uns eine Nachricht im
Investorweb-Forum unter http://www.investorweb.de .
Herzlich,
Ihr Investorweb-Team
=================================
Inhalt:
1.
Nachrichten im Überblick (Ahold, Ericsson, Hypo-Vereinsbank,
MLP, Ryanair, Analysten müssen bürgen, Rekordinsolvenzen
in Deutschland, Trichet als EZB-Chef immer unwahrscheinlicher)
2.
Campi´s Corner: "Bad Bank"
3.
Spotlight: Des Eichels Leiden
4.
Artikel: Die Angst lähmt die Anleger
5.
Leserbriefe
6.
Neues auf www.investorweb.de
7.
Ausblick
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1.
Nachrichten im Kurzüberblick:
Ahold
Der niederländischen Einzelhändler Ahold ist von einem
Buchhaltungskandal erfasst worden. Unternehmenschef Cees van der
Hoeven und Finanzchef Michael Meurs zogen die Bilanzen für
2000, 2001 und die Halbjahreszahlen 2002 zurück und erklärten
ihren Rücktritt. Ahold zufolge sei das operative Ergebnis für
das Jahr 2001 und die erwartete operative Summe für 2002 allem
Anschein nach um mehr als 500 Millionen Dollar zu hoch angesetzt
worden. Das betreffe die Gewinne, die das Unternehmen in den USA
aus Preisnachlass-Programmen erwirtschaftet habe. Überprüft
würden derzeit die Bilanzen des Jahres 2001 und die der ersten
drei Quartale 2002. Noch seien die Untersuchungen im Gange.
Ericsson
Ericsson sieht keine Anzeichen für eine Erhohlung der Mobilfunkbranche.
Im Netzwerksegment rechnet das Unternehmen im laufenden Jahr mit
einem Umsatzrückgang von 10%. Im vergangenen vierten Quartal
hat Ericsson einen Verlust von 8,4 Milliarden Kronen erwirtschaftet,
ca. 900 Millionen Euro. Der Verlust des Gesamtjahres betrug 19 Milliarden
Kronen, ca. 2 Milliarden Euro. Der Umsatz verringerte sich um 31%
auf 145 Milliarden Kronen, wobei besonders der Umsatz in der Sparte
"Netztechnik" um 30% auf 132 Milliarden Kronen einbrach.
Aufgrund dieser abermals schwachen Zahlen ist Kurt Hellström
als Vorstandsvorsitzender in den Ruhestand geschickt worden. Sein
Nachfolger wird Carl-Henric Svanberg, der seit Jahren zur ersten
Manager-Riege Schwedens gehört und als Motivationskünstler
gilt.
Hypo-Vereinsbank
Die Bank erwirtschaftete im Jahr 2002 einen Verlust von 858 Millionen
Euro nach Steuern. In der Folge wird die Bank erstmals in ihrer
Geschichte keine Dividende an ihre Aktionäre zahlen. Zudem
drohen Herabstufungen bei den Ratingagenturen, da die Kernkapitalquote
auf 5,6% geschrumpft ist.
MLP
Der Finanzdienstleister MLP bleibt vorerst im Dax. Obwohl das Unternehmen
die Kriterien für einen Verbleib im Grunde nicht mehr erfüllt,
fehlt es an einem geeigneten Aufnahmekandidaten. Beiersdorf steht
zwar hinsichtlich der Aufnahmekriterien besser dar, aber die zukünftige
Eigentümerstruktur sowie der geringere Handelsumsatz sprachen
dagegen.
Ryanair
Die irische Fluglinie Ryanair treibt die Sanierung der neu erworbenen
Fluglinie Buzz voran. 400 der 600 Arbeitsplätze sollen wegfallen,
4 der 12 Flugzeuge werden stillgelegt. Abgesehen davon ist sich
Ryanair nicht einmal sicher, ob der Flugbetrieb überhaupt weitergehen
soll. Dies werde sich erst nach Gesprächen mit Gläubigern
und Beschäftigten.
Analysten
müssen bürgen
Analysten an der Wall Street müssen zukünftig persönlich
für den Wahrheitsgehalt ihrer Ansichten bürgen. Zudem
müssen sie offenlegen, ob Bestandteile ihres Gehalts direkt
oder indirekt mit den Empfehlungen zusammenhängen. Die SEC
hat entschieden, daß diese Beglaubigungen in Zukunft auf allen
von Investmentbanken verbreiteten Aktienanalysen stehen müssen.
Rekordinsolvenzen
in Deutschland
Die schwache Konjunktur sowie eine zurückhaltende Kreditvergabe
vieler Banken haben in Deutschland im vergangenen Jahr zu einem
Rekord bei den Insolvenzen beigetragen. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen
sei in 2002 um 16,4% auf 37.700 gestiegen. Vor allem die Baubranche,
der Handel, und der Dienstleistungssektor waren betroffen. Inklusive
der privaten Insolvenzen wurden sogar 82.400 Insolvenzen registriert,
66,4% mehr als im Jahr zuvor. Für 2003 wird keine Besserung
erwartet.
Trichet
als EZB-Chef immer unwahrscheinlicher
Die Aussichten für eine Berufung Jean-Claude Trichets an die
Spitze der Europäischen Zentralbank haben sich verschlechtert,
seit das Pariser Strafgericht verkündet hat, es werde seine
Urteile im Prozeß gegen Trichet erst am 18. Juni verkünden.
Duisenberg hat seinen Rücktritt für den 9. Juli angekündigt.
Selbst im Falle eines Freispruchs würde es sehr knapp werden,
da das Berufungsverfahren für den europäischen Notenbankchef
sehr zeitaufwendig ist.
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2.
Kommentar: "Bad Bank" (von Thomas Badtke - aus der Rubrik
Campi´s Corner)
Jüngst
machte die Bezeichnung bad bank die Runde durch den
deutschen Blätterwald. Erstmals am 15. Februar in der FAZ
am Sonntag gesichtet, konnte man sie dann auch im Focus
Money und in der Wochenzeitung Die Zeit lesen.
Ursprünglich stammen dürfte sie aus dem anglo-amerikanischen
Bereich. Jüngst in Umlauf gebracht wurde sie jedoch vom Vorstandssprecher
der Deutschen Bank, Josef Ackermann und dem Chef der Dresdner Bank,
Bernd Fahrholz. Sie ahnen vielleicht schon, was man unter einer
bad bank verstehen könnte. Bei einem relativ geheimen
Treffen der deutschen Finanzelite mit den führenden politischen
Vertretern unseres Landes im Bundeskanzleramt (sozusagen ein Bilderbergsches
Verschwörungstreffen im kleinen Rahmen), bat der Deutsche Bank-Vorstandssprecher
den deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder darum, doch eine
Auffanggesellschaft der Banken für notleidende Darlehen zu
unterstützen und diese doch auch noch teilweise mit einer Staatshaftung
auszustatten.
Faule
Kredite sollen also in einer vom Staat gedeckten Auffanggesellschaft
eingebracht werden. Der Staat soll haften, für die schlechte
Unternehmensleistung der deutschen Banken in den vergangenen Jahren.
Na, nun aber mal hallo. Da ist überall die Rede von Globalisierung
und Deregulierung in der Wirtschaft und dann so etwas. Quasi back
to the roots. Aber im Eiltempo. Sollte die bad bank
zustande kommen, wäre dies ein einmaliger Vorgang in der deutschen
Wirtschaftsgeschichte. Das die Situation ernst zu sein scheint,
erkennt man an der Teilnehmerliste des Treffens im Kanzleramt. Neben
bereits erwähntem Kanzler Schröder, waren auch der Arbeits-
und Wirtschaftsminister Clement und Finanzminister Eichel von Seiten
der Politik dabei. Die Banken wurden von Ackermann (DB), Fahrholz
(Dresdner Bank), Rampl (HVB), Brixner (DZ Bank) und Sengera (WestLB)
vertreten. Auch Spitzenvertreter der Versicherungsbranche nahmen
teil. Offizieller Titel des Treffens: Die tatsächliche
Lage von Banken und Versicherungen.
Nachdem
die Deutsche Bank hier an anderer Stelle hier in Campi´s
Corner bereits hinterleuchtet wurde, geriet unlängst
die Bank der Regionen ins Kielwasser der schlechten
Nachrichten. Die bayrische Hypo-Vereinsbank, HVB, zahlt zum ersten
Mal in ihrer Unternehmensgeschichte keine Dividende. Nun ja, das
muss noch nichts bedeuten. Aber eine aufgestockte Risikovorsorge
auf 3,8 Mrd. Euro und ein Rating von A- bei Standard
& Poor´s sollten zu Denken geben. Die Aussage von
Dieter Rampl, HVB-Vorstandssprecher, der das Jahr 2002 als das schwierigste
und schlechteste Geschäftsjahr in der Geschichte der Bank
bezeichnete, verstärken den negativen Beigeschmack eines Verlustes
im vierten Geschäftsquartal vor Steuern in Höhe von 1,1
Mrd. Euro. Auf das Gesamtjahr gesehen, lag der Verlust bei 858 Mio.
Euro nach Steuern. Die Kernkapitalquote lässt sich mit dem
Fettgehalt und dem damit einhergehenden Geschmack von Diätjoghurts
vergleichen: 5,6 Prozent. Der Aktienkurs ging, wie nicht anders
zu erwarten, auf Tauchstation. Nicht einmal zum Luft holen kam er
im letzten Jahr. Von 42 Euro im März 2002 fiel er in den einstelligen
Euro-Bereich. In den vergangenen fünf Jahren büßte
die zweitgrößte Bank in Deutschland nahezu 90 Prozent
ihrer Marktkapitalisierung ein. Mit knapp unter 6 Mrd. Euro liegt
dieser bei einem Zwölftel des Marktwertes der britischen Bank
HSBC. Und das, obwohl die HVB mit 440 Mrd. Euro Europas größter
Kreditgeber ist. Allerdings war man auch an allen großen Pleiten
in Deutschland im vergangenen Jahr beteiligt. Kirch, Fairchild Dornier,
Babcock-Borsig und Holzmann. Diese Liste liest sich wie ein Who´s
who der größten Bankrotte Deutschlands. Das Hauptstandbein
der Deutschland AG, die Banken, entpuppt sich als Hinkefuß.
Noch ein Faktotum: Selbst die Marktkapitalisierungen aller deutschen
Banken liegen zusammen genommen noch hinter HSBC und Royal Bank
of Scotland zurück. Börsentechnisch betrachtet ein Armutszeugnis.
Wie
konnte es soweit kommen?
Ende
der Neunziger Jahre unternahmen die deutschen Großbanken erhebliche
Anstrengungen, um im zur damaligen Zeit boomenden und margenstarken
Investmentbanking-Bereich zur Konkurrenz der Londoner und New Yorker
Banken aufzuschließen. Doch das weltweite Geschäft mit
Börsengängen und Übernahmen ist dank der globalen
Implosion der Aktienmarktblase nahezu zum Stillstand gekommen. Die
Pleitewelle unter den Firmen tut ihr übriges. Zwar sind alle
Banken weltweit davon betroffen, die deutschen Banken jedoch härter.
Dank der Verknüpfung mit den Unternehmen durch die Kreditbeziehungen
schlägt die Pleitewelle nun doppelt hart zurück. Im angelsächsischen
Wirtschaftsraum finanzieren sich die Unternehmen zumeist über
die Börse. Hier ist über Jahrzehnte eine Art Hausbank-Beziehung
zwischen Banken und Unternehmen entstanden. Die Verflechtung der
Banken untereinander und mit den deutschen Großunternehmen
tut ihr übriges. Neben dem Hausbanken-Prinzip ist
aber speziell den anglo-amerikanischen Banken, die hohe staatliche,
halbstaatliche und genossenschaftliche Komponente des deutschen
Bankensystems ein Dorn im Auge. Lediglich 34 Prozent des deutschen
Kreditvolumens wird von den privaten Kreditbanken getragen. Berücksichtigt
man nun nur die Großbanken liegt diese Quote sogar bei noch
geringeren 24 Prozent. Die Landesbanken übernehmen 25 Prozent,
die Sparkassen 13 Prozent, die Genossenschaftsbanken- und Zentralen
10 Prozent, die Bausparkassen 14 Prozent und die Staatsbanken à
la KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) 4 Prozent.
Fakt
ist auch, dass die Anglo-Amerikaner im deutschen Bankensektor noch
keinen Fuß in die Tür bekommen haben, wenn man von der
Citibank einmal absieht. Erst zum Ende des vergangenen Jahres startete
eine Gerüchtewelle, die die deutsche Bankenszene mit voller
Wucht treffen sollte. Lanciert wurde sie in erster Linie von amerikanischen
Investmentbanken. Ein Beispiel stellt die unbeabsichtigt
in die Medien gelangte E-Mail eines Merrill Lynch-Händlers
dar. Darin war die Rede von einer Derivatkatastrophe
bei der Commerzbank. Das Gerücht habe, laut einem Bundesbanker,
jedweder Grundlage entbehrt und nur versucht die
Bank zu diskreditieren. Betrachtet man sich nun die
Marktkapitalisierungen der deutschen Großbanken, die sich
zumeist alle auf Niveaus von vor mehreren Jahren bewegen, sieht
man, welchen Zweck diese Aktion(en) hatten. Die deutschen Banken
sind billig wie selten zu haben. Eine Übernahmewelle könnte
bevor stehen. Vielleicht soll die jüngste Aktion, die Schaffung
einer bad bank diesen Trend noch beschleunigen, könnten
sich die deutschen Großbanken doch so ihrer Leichen im Keller
entledigen und würden damit noch interessanter für ausländische
Banken. DB-Vorstandsprecher Ackermann hat sich bei seinem Amtsantritt
eine Aktienkurserhöhung auf die Fahnen geschrieben. Einfachster
und schnellster Weg: eine feindliche Übernahme.
Nach
Ackermann sollen zuerst die Kreditportefeuilles von Dresdner Bank,
Commerzbank und HVB in die bad bank ausgegliedert werden.
Die Deutsche Bank wolle sich dagegen nicht beteiligen. Wir
wollen uns nicht mit diesem Virus infizieren, so Ackermann.
Die jüngsten DB-Daten scheinen dies jedoch zu wiederlegen.
Denn auch bei der Deutschen Bank wurde das Betriebsergebnis nur
dank des Verscherbelns von Tafelsilber aufpoliert. Allerdings ist
davon nun nicht mehr all zu viel übrig. Einzig unverkäuflich
erscheint die DaimlerChrysler-Beteiligung.
Einen Schritt weiter ist bereits Bernd Fahrholz mit seiner
Dresdner Bank. Sie gründete die Institutional Restructuring
Unit (IRU), in der die ausfallgefährdeten und strategisch
unwichtigen Darlehen (in Höhe von immerhin 17 Mrd. Euro) ausgelagert
werden sollen. Insgesamt sollen in die IRU bis zu 30 Mrd. Euro an
Darlehen und Beteiligungen eingebracht werden können.
Jetzt
bleibt abzuwarten, in welche Richtung sich die Idee der Schaffung
einer bad bank weiter entwickeln wird. Aber sollte die
schlechte Bank entstehen und es zudem noch zu einem
Bankenzusammenbruch kommen, nehme ich erste Wetten an, dass bad
bank zum Unwort des Jahres 2003 gekürt wird.
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3.
Spotlight: Des Eichels Leid (von Oliver Lexa - aus der Rubrik Spotlight)
So
schnell kann es gehen. Vor einigen Monaten noch als der Retter der
Finanzen gefeiert, heute bei allen unten durch. Das Leid des Hans
Eichel (SPD) zeigt, wie schnell sich die Wetterlage ändern
kann.
Das
Vertrauen der Bürger mit dubiosen Steuerplänen verloren,
Warnungen der Experten in den Wind geschlagen und in den eigenen
Reihen kritisiert und das in einer Zeit der wohl größten
Politik- und Wirtschaftskrise der deutschen Nachkriegszeit. So oder
so ähnlich könnte man den Weg des "Steuermannes der
Regierung" titulieren. Hans Eichel steckt im Glaubwürdigkeitstief.
Laut Umfragen erreicht die SPD nur noch die Hälfte der Zustimmung
wie die Union in bezug auf Finanz- und Steuerpolitik. Mit der Arbeit
Eichels ist nur noch jeder Vierte zufrieden. Die Lage ist nicht
rosig, aber ist das auch wundernswert? Eigentlich nicht, schließlich
rückte man gleich von mehreren Versprechen ab:
1.
Entgegen der Ankündigung von Bundeskanzler Schröder bleibt
der Sparfreibetrag nur bei denjenigen erhalten, die sich wie bisher
mit ihrem persönlichen Steuersatz besteuern lassen. Beschlossene
Steuersenkungen bleiben aus. Desweiteren soll die Gewerbesteuer
nicht abgeschafft werden, sondern einfach nur "umverteilt"
werden. Dazu kommt noch, das der Arbeitgeberbeitrag für die
Krankenversicherung auf die Arbeitnehmer übertragen werden
soll. Dadurch müssen die dann möglicherweise Steuern dafür
zahlen.
2.
Die Neuverschuldung - obwohl immer gesagt wurde, sie würde
nicht wachsen sondern sogar noch abgebaut werden auch wenn Experten
dies immer bestritten - wurde um 50 Prozent gesteigert.
War
Eichels Seriösität immer sein großer Pluspunkt,
nimmt ihm das heute keiner mehr ab. Steuerexperten rechneten für
2002 schon mit einem "Sommerloch" von 11 Milliarden Euro.
Eichel tat sie ab und schenkte ihnen keinen Glauben. Im Gegenteil,
er sprach ihnen die Kompetenz ab und versprach dem Wähler,
das es weniger Schulden gibt. Am Ende betrug das Etatloch 10,7 Milliarden
Euro. Sechs Wochen nach der Wahl schraubte Eichel die Neuverschuldung
für die Jahre 2002 und 2003 um insgesamt 15 Milliarden zusätzlich
in die Höhe, präsentierte aber gleichzeitig ein Steuerpaket,
wie man den Bürger und die WIrtschaft um weitere 15 Milliarden
Euro jährlich schröpfen kann.
Immerhin
können höhere Abgaben nur durchgesetzt werden, wenn einige
Unions- und FDP- regierte Länder im Bundesrat mitziehen. Mitte
März werden erstmal höhere Steuern für Dienstwagennutzer,
Aktien- und Immobilienverkäufer, sowie die gläsernen Bankkonten
verhandelt. Nach der Union ist das Veto sicher. Aber Eichel pokert
damit, das einige der unionsregierten Länder mitziehen, weil
sie sonst auch drastisch sparen müssen und deswegen ebenfalls
auf die Mehreinnahmen schielen. Dies könnte aufgehen. Nur leider
stellen solche Länder auch Forderungen. Sie wollen Ausgleiche
wenn sie dem Eicheldiktat zustimmen sollen.
Dazu
kommt noch, das die eigenen Reihen ihm immer wieder neue Forderungen
stellen. Eine Altautoverschrottungsprämie, Zulagen für
die Hausrenovierung und ein kommunales Investitionsprogramm erfordert
zusätzliches Geld aus den leeren Staatskassen. Noch mehr Schulden
will Eichel aber nur aufnehmen, wenn Frankreich und England mit
ähnlichen Programmen ihre Konjunktur ankurbeln. Aus diesem
Zweck diskutierte man beim letzten G7- Treffen einen "Geheimplan".
Worum es genau geht, ist unklar.
Die
Gegenseite feilt unterdessen an eigenen Vorschlägen, da man
die meisten Ansätze von Eichels Sparpaket unnütz findet.
So hat die neue Schnittblumensteuer und Dienstwagensteuer einen
gegenteiligen Effekt gehabt, da nun weniger genutzt bzw. gekauft
wird. Gerade bei den Blumen spüren das die Geschäfte,
da die Nachfrage deutlich gesunken ist. Der Gegenvorschlag lautet
deswegen das Konzept der Körperschaftssteuer zu umdenken, damit
sich Unternehmen nicht mehr "arm" rechnen können
(z.B. Holdinggesellschaften in Deutschland, obwohl Sitz in Frankreich).
Ebenso muß das ganze Steuersystem geändert werden, weil
dass das Abschreckenste für ausländische Investoren und
Unternehmen ist. Niemand weiß genau, was wer wann, wie und
warum bezahlen muß.
Es
kommt noch vieles auf Deutschland zu, aber wie sagte ein Unionspolitiker?
Steuererhöhungen seien wie der Schnaps für Säufer.
Erst macht er high, und alle Probleme scheinen gelöst, aber
nach kurzer Zeit kommt das böse Erwachen und der Kater ist
gewaltig.
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4.
Die Angst lähmt die Anleger
Die
Börsianer leben momentan in einem Zustand der Angst, bedingt
durch eine Verknüpfung von aufeinander aufbauenden Faktoren.
Zum einen haben sie Angst vor der drohenden Arbeitslosigkeit, zum
zweiten Angst vor einer Eskalation des Irakkonfliktes und drittens
Angst um die eigene Altersvorsorge. Diese drei Faktoren sind miteinander
verwoben und bedingen sich zum Teil gegenseitig. Die Folge dieser
Angst ist fatal: sie führt zu einer Lähmung in allen Bereichen
des täglichen Lebens, und damit auch zu einer Lähmung
der Aktionen an der Börse. Im Folgenden wollen wir uns einmal
diese einzelnen Faktoren ansehen und ihre Gründe herausarbeiten
sowie die Folgen benennen.
Die
erste Angst, die vor drohender Arbeitslosigkeit, ist
eine Angst, die uns tagtäglich auf´s Neue vor Augen geführt
wird. Kein Tag, der nicht vergeht, ohne dass wir in der Zeitung
von neuen Massenentlassungen oder - noch schlimmer - von spektakulären
Pleiten lesen können. Und die meisten Menschen haben in ihrem
Bekanntenkreis wenigsten einen, der entlassen wurde, oder dem dieses
Schicksal akut droht. Die Angst vor Arbeitslosigkeit führt
dazu, dass jede Geldausgabe sorgfältiger überprüft
und möglicherweise zurückgestellt wird. Dies schmälert
den Konsum, was in der Folge die börsennotierten Unternehmen
an ihrem Umsatz und erzielten Gewinn merken. Da die ehemals prognostizierten
Zahlen nicht eingehalten werden können, werden diese Unternehmen
von den Anlegern abgestraft - der Aktienkurs fällt.
Die
zweite Angst, die Angst vor einem Irakkonflikt, deren
Folgen niemand auch nur ansatzweise abschätzen kann, verstärkt
noch die erste Angst. An möglichen Szenarien herrscht kein
Mangel: so werden neue Terroranschläge befürchtet, steigende
Ölpreise und eine weltweite Ölverknappung (was ganz konkret
bei der Bevölkerung zu steigenden Benzinpreisen führen
wird, so dass die Folgen steigender Preise für jeden spürbar
werden) bis hin zu flächenbrandartigen Ausbreitungen der Kriegsschauplätze
auf die ganze Nahost-Region. Diese Folgen werden die Großunternehmen
wieder direkt zu spüren bekommen. So erhöhen steigende
Ölpreise die Kosten der Unternehmen, was wiederum den Gewinn
schmälert - und wieder zu sinkenden Aktienkursen führt,
da die Unternehmen den höheren Börsenkurs nicht rechtfertigen.
Die
dritte Angst, die nämlich um die eigene Altersvorsorge,
ist durch die sinkenden Aktienkurse bedingt. Viele Menschen haben
in den letzten Jahren ihr Geld in Wertpapiere angelegt, oftmals
aus Gründen der Altersvorsorge (wobei die Anlage des Geldes
oftmals ohne ausreichende Aufklärung hinsichtlich der Risiken
von Wertpapieranlagen erfolgte). Doch nach einer dreijährigen
Baisse sind die Anleger zermürbt. Im ersten Jahr waren die
gesunkenen Aktienkurse noch Nachkaufgelegenheiten, im zweiten Jahr
machte man sich Mut, und im dritten Jahr sind schließlich
den meisten die Durchhalteparolen ausgegangen. Vielmehr erlebt man
nun die gleichen Mechanismen, die auch schon in den Jahren 1999
und 2000 zu beobachten waren: Der momentane Trend wird in die Zukunft
fortgeschrieben. Anleihen scheinen Aktien auf lange Sicht dauerhaft
zu schlagen, Immobilien versprechen kontinuierlich steigende Renditen,
und Geldmarktfonds sind nicht mehr Möglichkeiten zum Parken
von Geld, sondern ernsthafte Geldanlagealternativen für mittel-
bis langfristige Anlagehorizonte. In den Köpfen der Anleger
stimmt die gesamte Kapitalmarkttheorie nicht mehr. Dass Risikopapiere
längerfristig besser bezahlt werden müssen, da es sie
sonst nicht mehr geben würde, kann viele Anleger nicht überzeugen.
Die vergangenen Monate bestätigen vielmehr ihre pessimistische
Grundhaltung und begünstigt die Flucht in Gold, Immobilien
und Anleihen. Das hier jedoch genauso eine Spekulationsblase entstehen
kann wie bei Aktien, ist dagegen vielen nicht bewusst. In Amerika
und Großbritannien wächst z.B. die Gefahr einer Immobilienblase,
weil die Immobilienpreise in den letzten Wochen auf Rekordhöhen
gestiegen sind, und sich somit ebenso wie vorher Aktien von ihrem
noch angemessenen Wert entfernt haben. Und auch auf die lange Zeit
als todsicher angesehene Lebensversicherung scheint
kein Verlass mehr zu sein. Die Überschüsse sinken, und
es wird inzwischen über eine Senkung der Mindestverzinsung
nachgedacht. Dabei hat sich herausgestellt, dass auch die Lebensversicherer
bei der Aktienhausse mitgemischt haben, wobei sie jetzt versuchen,
sich von diesen Engagements zu trennen, und ihre Papiere auf den
Markt werfen, sobald die Kurse etwas anziehen, was in der Folge
zu weiter sinkenden Kursen führt - und die Ängste noch
weiter verstärkt.
Steht
also die Börsenwelt Kopf? Sind die gängigen Investmentprinzipien
außer Kraft gesetzt?
Dem ist mitnichten so. Vielmehr erleben die Anleger die Kehrseite
der Medaille (nämlich der steigenden Börsenkurse), was
nämlich die Realisierung des höheren Risikos, für
das ihnen im Gewinnfall die höheren Risikoprämien gewunken
hätten. Dass man im Nachhinein dieses Risiko so nicht gewollt
hat, spielt keine Rolle. Denn auch wenn man den Banken und Finanzdienstleistern
oft den Vorwurf machen kann, nicht genug Zeit in eine ausführliche
Beratung gesteckt zu haben, so waren es doch auch in vielen Fällen
die Anleger, die die Risiken schlichtweg ignoriert haben, die sie
vor lauter Gier blind waren angesichts der möglichen Risiken.
Was
ist also zu tun? Kopf in den Sand stecken und Abschied nehmen von
Renditen über 10% pro Jahr? Das kann nicht das richtige Vorgehen
sein. Vielmehr ist momentan eine gute Gelegenheit, Aktien von Topunternehmen
günstig zu erwerben. Aber haben Sie dabei Geduld. Wenn es an
der Börse so leicht wäre, sein Vermögen zu mehren,
warum gibt es dann so wenige, die es dadurch schaffen? Achten Sie
auf Unternehmen, die trotz der schlechten Konjunktur steigende Gewinne
präsentieren, z.B. im Segment der Billiganbieter für Schmuck
und Bekleidung, oder solche Unternehmen, welche Produkte erzeugen,
die viele Menschen benötigen. Und achten Sie vor allem auf
die Unternehmensbewertungen. Die optimistischen Prognosen der Vergangenheit
haben sich nicht bewahrheiten. Realismus ist angesagt.
Und achten Sie auch darauf, Ihr Depot zu diversifizieren - setzen
Sie nicht alles auf eine Karte. In ein ausgewogenes Depot gehört
neben Aktien ein gewisser Anteil an Anleihen und Geldmarktfonds,
wobei die Höhe des jeweiligen Anteils sich nach der persönlichen
Risikofreude richtet: risikoscheue Anleger setzen mehr aus Anleihen
als auf Aktien.
Denn
denken Sie immer daran: An der Börse ist es letztendlich immer
Ihr eigenes Geld, welches Sie verlieren. Selbst wenn Sie meinen,
jemand anderes - z.B. Ihre Hausbank - wäre Schuld an Ihrer
Misere, ändert das nichts daran, dass es Ihr Geld ist, welches
Ihnen fehlt. Von Ihrer Bank bekommen Sie es im Regelfall nicht wieder.
Deshalb arbeiten Sie an sich, um Fehler der Vergangenheit nicht
zu wiederholen. Lernen Sie, erweitern Sie Ihr Wissen in Bezug auf
die Vorgänge an den Weltbörsen. Die Seiten des Investorweb
können Ihnen dabei helfen.
==================================
5.
Leserbriefe
An
dieser Stelle veröffentlichen wir in unregelmäßiger
Folge interessante Leserbriefe (Kürzungen vorbehalten), die
wir erhalten haben - mit Fragen, Anregungen, Lob und Kritik. Falls
auch Sie mit uns in Kontakt treten möchten, schreiben Sie einfach
eine E-Mail an kontakt@investorweb.de .
Matthias
M. schrieb uns per E-Mail:
Seit ca. einem Jahr bin ich aktiv an der Börse tätig (vorher
nur über Fonds) und suche seit dieser Zeit auch immer wieder
nach guten und informativen web sites (mit unterschiedlichem Erfolg).
Über die Foren bei Ariva.de bin ich nun auf investorweb gestossen,
eine ganz hervorragende Seite!
Der
Schreibstil ist - im Gegensatz zu den üblichen Seiten - klar
verständlich, ehrlich und nicht arrogant. Ihr lasst Euch in
der Argumentation und dem Vokabular "auf das Niveau" der
Einsteiger und Fortgeschrittenen hinab und habt es nicht nötig,
mit Eurem Wissen zu prahlen. Und ihr habt keine Angst, den "Amateuren"
Ihre Gier vor Augen zu halten und sie so zu warnen - und damit habt
ihr recht. Ebenso das Design und die Struktur: Schnell, funktionell,
übersichtlich, keine überflüssigen pop-ups und nur
sehr wenig Werbung!
Ich
werde in jedem Fall den kompletten Inhalt durchlesen und habe bereits
den newsletter abonniert. Ich hoffe, die Seite wächst weiter
und es werden sich viele an den Foren beteiligen.
Ich
möchte noch gerne einen Inhaltswunsch äußern: Ihr
sprecht bei der Aktienanyle von der Fundamentalanalyse als Bewertungsmethode
und von der Charttechnik. Auf letztere wird (soweit ich die Seite
überblicke) nicht weiter eingegangen. Genau das würde
mich aber interessieren.
Investorweb
antwortet:
Danke zuerst einmal für das Lob. Es ist für uns ein Ansporn,
noch besser zu werden. Was die Charttechnik betrifft: Im Rahmen
einer langfristigen Anlagestrategie ist unserer Meinung nach die
Charttechnik von eher untergeordneter Bedeutung. Allerdings planen
wir in der nächsten Zeit eine Serie über charttechnische
Indikatoren, welche auch für den Langfristanleger hilfreich
sein können. Sei gespannt!
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6.
Neues auf www.investorweb.de
Auf
unseren Web-Seiten hat sich in den letzten Wochen wieder viel getan:
So
gibt es zahlreiche neue Artikel zu den Themen "Angst"
und "Gier" sowie "Börsenpsychologie". Außerdem
nahmen wir uns dem Thema "Inflation und Deflation" an,
und es gibt neue Buchrezensionen. Im Bereich "Vermögensplanung"
haben wir mit der Serie "Rendite - was ist das" begonnen.
Schauen
Sie einfach mal rein unter http://www.investorweb.de .
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7.
Ausblick
Wir
möchten Sie an dieser Stelle auf einige Inhalte aufmerksam
machen, die wir in der nächsten Zeit auf unseren Web-Seiten
zu veröffentlichen beabsichtigen:
So
werden wir einen Blick auf den VW Phaeton, schlendern durch die
Arrondissements von Paris und beschäftigen uns mit den Grundthesen
der modernen Wirtschaftslehre.
Schauen
Sie doch in der nächsten Zeit wieder auf unseren Seiten vorbei.
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Ein
Wort noch in eigener Sache:
Unser Internetdienst lebt von Ihrer Mithilfe. Wenn Sie Gefallen
an unseren Informationen gefunden haben, dann empfehlen Sie uns
doch bitte weiter, und erzählen Sie auch von unserem Newsletter.
Jeder neue Besucher auf unseren Seiten ist für uns Bestätigung
und Ansporn. Vielen Dank dafür!
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