| Weder 
              wir noch die meisten Unternehmensmanager würden auch nur davon 
              träumen, aufgeregt hochrentable Tochtergesellschaften zu verkaufen, 
              weil eine kleine Bewegung beim Diskontsatz der Zentralbank vorausgesagt 
              wurde oder irgendeine Wall-Street-Koryphäe ihre Ansicht über 
              den Markt geändert hat. Warum sollten wir uns dann bei unseren 
              kleineren Aktienanteilen an wundervollen Unternehmen anders verhalten?Die Kunst der erfolgreichen Investition in Publikumsgesellschaften 
              unterscheidet sich wenig von der Kunst der erfolgreichen Übernahme 
              von Tochtergesellschaften. In beiden Fällen will man einfach 
              nur ein Unternehmen mit ausgezeichneten wirtschaftlichen Perspektiven 
              und einem fähigen, ehrlichen Management zu einem vernünftigen 
              Preis kaufen. Danach muss man nur noch überwachen, ob diese 
              Eigenschaften erhalten bleiben.
 Wenn 
              eine Investitionsstrategie dieses Typs richtig umgesetzt wird, führt 
              sie oft dazu, dass der Anwender ein paar Wertpapiere besitzt, die 
              sich gut entwickeln und einen sehr großen Teil seines Portfolios 
              ausmachen. Der Investor würde ein ähnliches Ergebnis erzielen, 
              wenn er eine Strategie verfolge, die z.B. 20% der zukünftigen 
              Einkünfte einer Anzahl herausragender Schul-Fußball-Stars 
              erwirbt. Eine Handvoll von diesen würde es schaffen, Bundesliga-Stars 
              zu werden, und der Anteil des Investors an ihren Einkünften 
              würde bald den Strom seiner Tantiemen dominieren. Vorzuschlagen, 
              dass dieser Investor Teile seiner erfolgreichsten Investitionen 
              verkaufen soll, nur weil sie sich gut entwickelt haben und jetzt 
              sein Portfolio dominieren, wäre so, als würde man dem 
              FC Bayern München vorschlagen, Oliver Kahn zu verkaufen, weil 
              er für das Team so wichtig geworden ist. Aber 
              wie, werden Sie jetzt fragen, entscheidet man, was "attraktiv" 
              ist? Die meisten Analysten meinen, für die Beantwortung dieser 
              Frage zwischen zwei Ansätzen wählen zu müssen, die 
              gewöhnlich als Gegensätze angesehen werden: "Wert" 
              (Value) und "Wachstum" (Growth). In der Tat sehen viele 
              institutionelle Anleger jede Vermischung dieser beiden Begriffe 
              als eine Art intellektuellen Stilbruch an.Ich sehe das als unscharfes Denken (worin ich mich, das muss ich 
              gestehen, vor einigen Jahren selbst geübt habe). Meiner Meinung 
              nach sind beide Ansätze untrennbar miteinander verbunden: Wachstum 
              ist immer eine Komponente in der Berechnung des Wertes. Sie bildet 
              eine Variable, deren Wichtigkeit von unbedeutend bis gewaltig reichen 
              und deren Einfluss sowohl negativ als auch positiv sein kann.
 Außerdem 
              denke ich, dass der Begriff "Value Investing" eine Tautologie 
              ist. Was ist "Investieren" sonst, wenn nicht der Akt des 
              Suchens nach einem Wert, der zumindest ausreicht, um den bezahlten 
              Betrag zu rechtfertigen? Bewusst mehr für eine Aktie zu bezahlen, 
              als ihren berechneten Wert - in der Hoffnung, dass sie bald für 
              einen noch höheren Preis verkauft werden kann -, sollte Spekulation 
              genannt werden (die weder illegal noch unmoralisch noch - aus meiner 
              Sicht - finanziell nahrhaft ist).
 Ob 
              angemessen oder nicht, der Begriff "Value Investing" ist 
              weit verbreitet. Üblicherweise bedeutet es den Kauf von Aktien 
              mit Eigenschaften wie einem niedrigem Kurs-Buchwert-Verhältnis, 
              einem niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnis oder einer hohen Dividendenrendite. 
              Unglücklicherweise sind solche Merkmale, selbst wenn sie in 
              Kombination auftreten, nicht im entferntesten entscheidend dafür, 
              ob ein Investor tatsächlich etwas kauft, das seinen Preis wert 
              ist, und deshalb wirklich gemäß dem Prinzip handelt, 
              Value-orientiert zu investieren. Entsprechend sind die entgegengesetzten 
              Merkmale - hohes Kurs-Buchwert-Verhältnis, hohes Kurs-Gewinn-Verhältnis 
              und niedrige Dividendenrendite - in keiner Weise unvereinbar mit 
              einem "wertorientierten" Kauf.In ähnlicher Weise sagt uns das Unternehmenswachstum i.R.d. 
              "Growth Investing" per se wenig über den Wert. Es 
              stimmt, dass Wachstum oft einen positiven Einfluss auf den Wert 
              hat, manchmal sogar einen von spektakulärem Ausmaß. Aber 
              ein solcher Einfluss ist alles andere als gewiss. Wachstum nütz 
              dem Investor nur, wenn das betreffende Unternehmen zu verlockenden 
              zusätzlichen Renditen investieren kann - mit anderen Worten: 
              nur wenn jeder Euro, der für die Finanzierung des Wachstums 
              eingesetzt wird, langfristig zu mehr als einem Euro Marktwert wird. 
              Falls ein niedrig rentierendes Unternehmen zusätzliche Mittel 
              benötigt, schadet Wachstum dem Investor. Der elementare Test 
              für die wirtschaftliche Leistung eines Managements ist das 
              Erreichen einer hohen Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital (ohne 
              übermäßige Verschuldung, Bilanztricks etc.) und 
              nicht das Erreichen eines fortlaufenden Zuwachses beim Gewinn pro 
              Aktie. Versteht es das Management beides miteinander zu verbinden, 
              dann ist das um so besser.
 Ich 
              glaube, dass Investoren davon profitieren können, sich auf 
              ihren eigenen wirtschaftlichen Gewinn zu konzentrieren. Um diesen 
              zu berechnen, sollten sie die zugrundeliegenden Gewinne bestimmen, 
              die den Aktien in ihrem Portfolio zuzurechnen sind, und diese aufaddieren. 
              Das Ziel jedes Investors sollte es sein, ein Portfolio zusammenzustellen 
              (im Endeffekt ein "Unternehmen"), das ihm oder ihr in 
              einem Jahrzehnt oder so den höchstmöglichen wirtschaftlich 
              konsolidierten Gewinn bringt. Jedes Geschäft wird mit der Zeit 
              immer wertvoller.Ein Ansatz dieser Art wird den Investor zwingen, über langfristige 
              Unternehmensaussichten statt über kurzfristige Marktaussichten 
              nachzudenken, eine Sichtweise, die wahrscheinlich die Resultate 
              verbessert. Es ist natürlich wahr, dass die Ergebnistafel für 
              Investitionsentscheidungen langfristig der Kurs ist. Aber Kurse 
              werden durch zukünftige Gewinne bestimmt. Bei Kapitalanlagen 
              muss man genauso wie beim Fußball das Spiel und nicht die 
              Ergebnistafel beobachten, wenn man Punkte auf die Ergebnistafel 
              bringen will.
 
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