Von der Psychologie des Verkaufens
von Carsten Lexa

An der Börse gibt es ein Sprichwort: "Ein Wertpapier zu kaufen ist keine Kunst, schwierig ist der Verkauf". Im Folgenden geht es natürlich nicht um den Verkauf als solchen - solange die Liquidität am Markt vorhanden ist, sind Verkäufe über die Börse in der Regel kein Problem.
Es soll an dieser Stelle vielmehr um die Hürden gehen, die sich einem - psychologisch betrachtet - in den Weg stellen, wenn man ein Engagement getätigt hat und dieses jetzt glattstellen - verkaufen - möchte. Bevor der Verkauf von statten geht, grübel man - im Normalfall - erst einige Zeit darüber nach, wägt das Für und Wider gegeneinander ab - und behält dann doch das Papier. Die Gründe dafür sind vielfältig, sind aber oftmals in der menschlichen Natur verborgen: Angst, Gier, Hoffnung, Verzweiflung. Wir möchten an dieser Stelle ein paar Überlegungen anstellen, die einem Verkauf entgegenstehen, und möchte dabei typische Situationen schildern.

Situation 1: Der Verkauf mit Verlust
Jeder dürfte die Situation kennen: Man hat ein Engagement getätigt, und es entwickelt sich nicht so, wie man es erwartet hat, der Kurs fällt. Nun wird überlegt, ob ein Verkauf nicht besser ist, damit die Verluste nicht größer werden. Jedoch wird nicht verkauft. Denn die Aktie könnte doch wieder steigen......

Nun ja, natürlich, das könnte sie. Doch ist dies nicht sicher. Allein durch die Hoffnung steigt kein Papier. Vielmehr muß der fundamentale Hintergrund eines Papieres stimmen, also die Gewinnentwicklung, Marktanteile, usw. An diesem Beispiel erkennt man ganz gut, daß die Hoffnung sehr schnell jede logische Überlegung überlagern kann. Denn anstatt ein Papier zu verkaufen, um die Verluste möglichst klein zu halten, wird gezögert, weil das Papier auch wieder steigen könnte.

Davon muß man sich lösen. Wenn ein Papier fällt, hat das in der Regel gute Gründe. Wichtig ist es deshalb, den Verlust zu minimieren, wenn man bei der Überlegung zu der möglichen Kursentwicklung einen Fehler gemacht hat. Die ersten Verluste sind die kleinsten!

Situation 2: Verkauf mit kleinem Gewinn, aber das Papier steigt weiter
Nun hat man ein Papier gekauft, und der Kurs entwickelt sich so, wie man es erwartet (oder erhofft) hat: er steigt. Irgendwann denkt man sich, daß es nun an der Zeit wäre, zu verkaufen, denn man will ja nicht, daß die schönen Gewinne wieder dahinschmelzen wie Butter in der Sonne, wenn der Kurs dann wieder nachgibt. Gesagt, getan, das Papier wird verkauft. Aber oh Schreck: es steigt weiter, verdoppelt sich nochmal! Und der Ärger ist da......

Warum wurde überhaupt verkauft? Die Angst war es, die einem einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Weil man diesem Gefühl nachgab, war man blind für alle Zeichen am Markt für eine allgemeine Ralley, die zahlen des Unternehmens waren über den Erwartungen, usw. Man wird nur noch bestimmt von dem Wunsch, die Gewinne mitzunehmen, denn wie könnten ja wieder verschwinden. Auch hier regiert wieder die Gier, aber noch stärker die Angst. Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach, sagt man sich, was man hat, das hat man.

Auch diese Einstellung kann sich böse rächen, wie man oben sieht. Man muß sich folgendes vor Augen halten: Aktien schwanken. Das sie nach einem Anstieg auch wieder nachgeben können, liegt auf der Hand. Nur darf man sich nicht von der Hektik der Märkte anstecken lassen. Vielmehr muß man überlegen, wie sich das Unternehmen in der Zukunft entwickeln wird. Darin liegt der Schlüssel für die zukünftige Entwicklung des Aktienkurses und natürlich auch die Schwierigkeit, denn die Zukunft läßt sich nicht voraussagen. Wichtig ist wieder, sich von den kleinen Rückschlägen nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, sondern die große Gesamtwntwicklung im Auge zu behalten. Hierbei helfen einem wieder Stop-Loss-Kurse, mit denen man seine Verluste in Grenzen halten kann, die einem aber nicht den Weg für neue Höhenflüge des Kurses versperren.

Situation 3: Kein Verkauf, weil man einen schon erreichten Kursgewinn wieder erreichen möchte
Man hat ein Papier, und es tritt der Optimalfall ein: das Papier steigt um - sagen wir mal - 400%. Die Freude ist verständlicherweise groß. Nun fällt das Papier ein bißchen. Jedoch man läßt sich nicht beirren, und hält weiter fest, denn man weiß ja, daß kleine Rückschläge einen nicht aus der Ruhe bringen sollen. Doch das Papier fällt weiter. Und plötzlich hat sich der Kursgewin auf schlappe 30% verringert (falls einem dieses Beispiel bekannt vorkommen sollte - wir lehnen uns hier an die Entwicklung des Papieres der Deutschen Telekom an, deren Kurs seit Ausgabe von 12,5 € auf 105 € stieg, und dann wieder auf ca. 10 € zurückfiel). Hätte man doch bloß früher verkauft......

Wieder ist zu fragen, warum nicht verkauft wurde. Die kleinen Kursverluste vom Höchstkurs machen einem nichts aus, denn der Gewinn ist ja trotzdem noch groß genug. Wenn der Rückgan jedich immer größer wird, packt einen wieder die Gier. Denn man weiß ja, wieviel Gewinn man schon gemacht hatte, bevor das Papier wieder zu fallen begann, und diesen Gewinn will man wieder haben.

Im Prinzip liegt wieder die gleiche Situation vor wie die, die bei Situation 1 beschrieben wurde: Die Verluste werden nicht minimiert, diesmal jedoch nicht, weil sie schon so groß geworden sind, sondern diesmal, weil man weiß, daß man ja schon mal einen großen Gewinn hatte, und den will man "wiederhaben". So funktioniert die Börse nicht. Einen einmal besessenen Buchgewinn wieder zurückgewinnen zu wollen ist wie das Spielen in einem Casino, wo man auch Gewinne, die man ein einem Abend erlangt hat, dann aber durch Weiterspielen wieder verloren hat, zurückzugewinnen trachtet. Wichtig ist hingegen wieder, seinen schon erlangten Gewinn abzusichern, sodaß der Gewinnrückgang nicht zu groß ausfällt. Auch vor dieser Gefahr schützt einem der nun schon oft erwähnte Stop-Loss-Kurs.

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