Eine Einführung in die Psychologie der Börse
von Carsten Lexa

Zur Beurteilung und Einschätzung der Börsenentwicklung genügt es nicht, nur die Daten und Fakten der Märkte und der Unternehmen zu analysieren und auszuwerten. Wichtig ist vor allem auch die Einbeziehung der psycholgischen Stimmung der Marktteilnehmer, denn die Stimmung der Börsianer hat erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der Börsenkurse. Die emotionale Verfassung (Angst, Hoffnung und Gier) der Marktteilnehmer spielt somit eine entscheidende Rolle.

André Kostolany, einer der großen Lehrmeister der Börse, sagte einmal: "Die Mehrheit der Anleger hat immer Unrecht." Für ihn galt das Prinzip: Kaufen, wenn die Stimmung am Boden ist und verkaufen, wenn sie zu optimistisch erscheint. Zunächst scheint dieses Handeln nicht unbedingt logisch, aber dennoch steckt hinter diesem Prinzip ein Stück Börsenpsychologie:

Damit die Kurse ansteigen, werden Käufer benötigt. Börsianer, die die Marktlage optimistisch bewerten, haben ihr Kapital aber meist schon investiert und kommen als potentielle Käufer nicht mehr in Betracht. Daher ist ein weiterer Kursanstieg nicht zu erwarten. Teilnehmer mit pessimistischer Markteinschätzung hingegen erwarten keine Kurssteigerungen und haben ihre Anlagen daher veräußert. So kommen sie als potentielle Käufer in Frage, weil sie über ausreichend Bargeld verfügen, demnach ist auf längere Sicht wieder ein Kursanstieg zu erwarten.

Zur Beurteilung der Börsenstimmung sind so genannte Stimmungsindikatoren hilfreich, wie zum Beispiel der American Association of Individual Investor`s (AAII-Index). Bei diesem Stimmungsindex werden optimistische und pessimistische Haltungen der Börsianer graphisch dargestellt. Bei der Erstellung wird der Prozentanteil der Pessimisten, von dem der Optimisten abgezogen. Eine Differenz über 40 Prozent wird als Verkaufssignal gewertet (es gibt viel mehr Optimisten als Pessimisten), eine Differenz von minus 20 Prozent als Kaufsignal (der Anteil der Pessimisten - also der potentiellen Käufer - übersteigt den Anteil der Optimisten).

Gerade enorme Umsätze mit extreme Kursbewegungen sind auf psychologisch motivierte Reaktionen zurückzuführen. Sowohl Börsencrashs, als auch eine Haussephase sind damit erklärbar.

Die größten Gewinnaussichten hat auf lange Sicht jedoch nur derjenige, der sich von den Stimmungstrends nicht beeinflussen lässt. Denn dann wird er in seine Kauf- und Verkaufsentscheidungen nicht durch die - zumeist nur kurzfristig auftretenden - Stimmungsschwankungen beeinflusst. Dennoch kauft die Mehrheit der Anleger immer erst dann Aktien, wenn die Kurse bereits eine längere Zeit gestiegen sind. Gleiches gilt bei fallenden Kursen. Die Meisten beobachten viel zu lange, bevor sie sich für einen Verkauf entscheiden und erleiden dadurch Verluste. Sinnvoller wäre es, sich bei geringen Verlusten von den Wertpapieren zu trennen und dann im richtigen Moment wieder einzusteigen (Stopp-Loss-Strategie). Die Masse jedoch geht mit dem Trend und gerade dieses Verhalten ist gefährlich.


Um diesem entgegenzuwirken, benötigt ein Anleger im Grunde nur zwei Eigenschaften:

  • Um auf den richtigen Kaufs - bzw. Verkaufmoment zu warten, bedarf es Geduld und Disziplin.
  • Selbstbewusstsein, um den Mut aufzubringen, auch mal gegen den allgemeinen Trend zu agieren.

Fazit: Die Börse wird nicht allein vom Geld beherrscht. Obwohl man davon ausgeht, dass insbesondere an der Börse emotionsloses Kalkül und Berechnung herrschen, werden die Marktteilnehmer dennoch von ihren Gefühlen geleitet.
Erfolg hat auf Dauer aber nur der, der ein Gespür für das Verhalten der Marktteilnehmer entwickelt und dieses in seine Anlageentscheidungen einfließen läßt.

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