Am
22. September ist Bundestagswahl. Dann entscheidet sich, ob die
jetzige Regierungskoalition fortgesetzt wird, oder ob die politische
Führung in Deutschland wechselt.
Damit verbunden ist die Frage, wie sich ein möglicher Wechsel
oder der Fortbestand der Regierung auf die verschiedenen Wirtschaftsbranchen
auswirkt. Das sich Auswirkungen ergeben werden ist nicht unbestritten,
denn die wirtschaftlichen Ansichten der Regierungspartei sind natürlich
nur ein Baustein im Mosaik des zu bedenkenden Anlageumfeldes. Jedoch
sind bestimmte Grundhaltungen der großen Parteien (und natürlich
auch der kleinen) zu erkennen, anhand derer sich schon ein paar
Schlußfolgerungen ziehen lassen für die wirtschaftliche
Richtung in den nächsten 4 Jahren ziehen kann.
Eines
vorweg: Man braucht keine Hoffnung zu haben, daß sich die
Bundestagswahl gravierend auf die Börse auswirkt. Wieso nicht?
Weil sich der DAX eher an der Wall Street orientiert und mit dem
momentanen Irak-Konflikt und der US-Konjunkturaussicht "wichtigere"
Themen anstehen als die Kanzlerfrage.
Aber
einige kleinere Auswirkungen kann es schon geben.
Da
hätte man zuerst einmal die allgemeine Erkenntnis, das ein
Regierungswechsel statistisch gesehen immer einen gewissen Anstieg
des Dax in Deutschland nach sich zog (z.B. Brandt- Kiesinger 1969,
Schröder- Kohl 1998). Schließlich erwartet man von dem
neuen Kanzler tiefgreifende Reformen... auch Vorfreude kann den
Trend bestimmen.
Horcht
man ein bißchen umher, zeigt sich, daß Stoiber der Mann
für harte, schmerzhafte, aber dringend nötige Reformen
ist. Zumindest traut man einem Kanzler Stoiber eher zu, auch mal
gewagte Reformen anzugehen. Was nicht heißen soll, daß
ein solcher Weg nicht auch mit einem Kanzler Schröder möglich
sei. Die Finanzgemeinde erwartet aber einen besseren Kurs mit einem
Kanzler Stoiber.
Welche
Branche könnte nun aber von welchem Kanzler profitieren?
Große
Kapitalgesellschaften wie z.B. die Deutsche Bank, würden wohl
vor allem von Schröder profitieren. Setzte seine Regierung
doch durch, das Kapitalgesellschaften inländische Beteiligungen
seit 2001 steuerfrei verkaufen dürfen. Stoiber und die FDP
hingegen haben gegen diese Regelung widersprochen bzw. möchten
eine Wiedereinführung der Besteuerung. Vorteil des Steuerwegfalls
für die Kapitalgesellschaften bisher: Mit steuerfreien Erträgen
läßt sich eine schlechte Bilanz verbessern. Und die Kapitalgesellschaften
haben immer noch großen Beteiligungsbesitz im Depot.
Die
Biotechnologie-Branche könnte bei einem Sieg des Kanzlerkandidaten
Stoiber auf Aufschwung hoffen, galt Herr Stoiber bisher als einer
der großen Förderer junger Biotechnologie- und IT-Unternehmen,
die vor allem in Bayern stark vertreten sind.
Dagegen würde ein Sieg der bisherigen Regierung sicher die
Branche der regenerativen Energien Aufschwung versprechen. Schließlich
ist dies eines der wichtigsten Programmpunkte des grünen Koalitionspartners.
Weg mit der Atomkraft, her mit der Wind-, Sonnen- und Wasserkraft.
Unter einer schwarz-gelben Regierung würde man auf die Atomkraft
sicher nicht so schnell verzichten wollen. Dies würde den großen
Energiekonzernen , z.B. Eon und RWE, gefallen (und man darf nicht
vergessen, daß Herr Stoiber sein Herz an Bayern verloren hat.
Das Land Bayern hält 5 Prozent Eon-Anteile).
Die
Automobilbranche könnte auch wieder aufatmen, wenn der neue
Kanzler Stoiber heißen würde. Die Union möchte die
nächste Stufe der Ökosteuer aussetzen. Dies könnte
der Inlandsnachfrage, welche im Moment sehr abgeflacht ist, neue
Impulse geben.
Interessanter Hinweis an dieser Stelle: Würde der Niedersachse
Schröder abgewählt werden, könnte dies einen Aufschwung
der VW (!!)- Aktie bewirken. Wieso? Bisher verteidigte Schröder
das von der EU stark kritisierte VW-Gesetz. In diesem ist geregelt,
daß Niedersachsen das letzte Wort bei wichtigen Entscheidungen
hätte. Wäre Stoiber Kanzler, so würde dieses Gesetz,
so die allgemeine Meinung, wohl kippen. Und die Aktie wäre
interessanter für ausländische Investoren.
Nun
hätte man noch die großen ehemaligen Staatsunternehmen
(Deutsche Telekom und Deutsche Post). Trotz der unglücklichen
Ron-Sommer-Situation, würde ein erneuter Schrödersieg
diesen Unternehmen guttun. Der Bund hält noch immer große
Pakete dieser Unternehmen. Stoiber und FDP drängen auf eine
schnellere Privatisierung dieser Unternehmen. Nur leider fehlen
die Käufer für diese Aktien. Wollen Stoiber und FDP aber
tatsächlich eine schnelle Lösung suchen, könnte dies
bedeuten, daß der Bund seine Pakete zu schwachen Preisen verkaufen
(manche würden sagen: "verschleudern") könnte.
Mit einem Kanzler Schröder würde sich diese Entwicklung
wohl nicht so schnell, ganz dem Motto der "ruhigen Hand",
einstellen. Die Konzerne hätten also länger Zeit, ihre
Bilanzen aufzuwerten.
Aber nur die Kanzlerfrage bestimmt auf keinen Fall das Schicksal
dieser Konzerne. Die Kanzlerfrage unterstützt, aber sie ist
nicht das Allheilmittel. Wichtiger für die Deutsche Telekom
wäre z.B. ein Erfolg von UMTS.
Nun
hätte man noch die vielen mittelständischen Betriebe.
Ein Sieger Sschröder könnte einigen dieser Betriebe besser
gefallen, da der Mut zu gewissen Risiken stärker vorhanden
wäre als unter einem Kanzler Stoiber. Schröder hat das
Image des "Retters". Einige Betriebe könnten dies
als Freibrief sehen. Geht ein Risiko gut, wäre großer
Gewinn zu erwarten. Schlägt man fehl, kommt der "Chefsachen-Schröder"
und rettet das Unternehmen. Ob ein Kanzler Stoiber so eine "ruhige
Hand" behalten würde ist fraglich.
Andererseits ist das Vertrauen in mittelständische Unternehmen
stark gesunken unter Schröder. Mit fast 75000 Insolvenzen in
den letzten beiden Jahren, dazu eine Steuererhöhung für
GmbH`s ab 2003 um 1,5 Prozent und ein Ausbleiben einer Senkung der
Einkommenssteuer, die den Mittelständern nutzen würde,
lassen eher auf einen Aufschwung durch einen Kanzler Stoiber hoffen
(gerade der gelbe Koalitionspartner tritt sehr stark für Steuerentlastung
der Betriebe ein).
Egal
welche Regierung den Sieg davon tragen wird, es müssen viele
tiefgreifende Reformen in Angriff genommen werden. Die meisten Finanzexperten
halten aber eine schwarz-gelbe Regierung geld-, wachstums-, und
marktpolitisch für kompetenter.
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