Was
hörten unsere müden Ohren diese Woche? Steuern runter?
Und das in Deutschland? Fast sollte man meinen, diese Behauptung
wäre eine Zeitungsente, aber sie soll angeblich wahr sein.
Eine vorgezogene Steuersenkung wäre möglich, so lautet
es aus Regierungskreisen. Und schon sieht man "Papa Gerd"
mit seinem fröhliches Grinsen durch die Gänge der Regierungsgebäude
laufen, als wäre ihm der große Coup gelungen.
"Vorsicht",
möchte man da sagen. Erstens ist eine Steuersenkung fast nur
der nächstlogische Schritt (schließlich bricht der Bundesbürger
unter der Abgabenlast sowieso schon zusammen) und zweitens rieten
Wirtschaftsexperten schon vor Monaten zu dieser Maßnahme.
Also Herr "Chefkanzler", das Ei des Kolumbus wurde immer
noch von selbigen und nicht von Ihnen entdeckt.
Was
trübt aber diese erfreuliche Mitteilung?
Da wäre zum einen, das diese Nachricht von dem mittlerweile
extrem unglaubwürdigen Finanzminister erteilt wurde. Herr Eichel
(wir erinnern uns, das war doch der, der an einem zweiprozentigem
Wirtschaftswachstum festhielt, obwohl die aktuellsten Zahlen schon
ein halbprozentiges Wachstum bezifferten) hatte sich doch noch vor
einigen Tagen ausdrücklich gegen eine vorzeitige Steuersenkung
ausgesprochen. Was ist also los mit unserem Finanzminister? Legt
er die Tarotkarten? Liest er im Kaffeesatz? Oder würfelt er
einfach seine Entscheidungen aus?
Jedenfalls meint man manchmal das Gefühl zu haben, als wären
die Bundesfinanzen eine große Lotterie und Herr Eichel zieht
wahl- und planlos Entscheidungen aus dem Hut (was für eine
Karriere als Zauberer sprechen würde).
Was
ist aber nun dran, an der Steuersenkung, sofern sie kommen sollte?
Einig ist man sich, dass eine Steuersenkung nur durch Einsparungen
in anderen Bereichen möglich ist.Dafür sind drei Schritte
vorgesehen.
- In
dem ersten Schritt legt Herr Eichel dafür eine Liste vor,
die unter anderem die Streichung von Steuervergünstigungen
vorsieht. Aber auch Renten- und Gesundheitsministerin Schmidt
muß mithelfen und ein vernünfiges Konzept zur Aufpolierung
des Sozialetats (immerhin 40% der Bundesausgaben) vorlegen. Sollte
dies nicht geschehen (schließlich muß Eichel bis 25.
Juni den Entwurf des Haushaltes 2004 vorlegen, in dem er ein Finanzloch
von 15 Milliarden Euro stopfen darf) würde Eichel sein Veto
einlegen, welches nur durch die Hilfe des Kanzlers umgestimmt
werden kann. Minister Eichel droht aber mit Rücktritt, wenn
man ihm in dieser Weise das Vertrauen aberkennt (also keine Sorge.
Wer in der SPD mit Rücktritt droht, wird immer gestärkt,
vgl. Kanzler Schröder und Agenda 2010).
- In
dem zweiten Schritt übernimmt der Finanzminister einen Plan
der Ministerpräsidenten Koch (CDU-Hessen) und Steinbrück
(SPD-NRW), welche zusammen eine Arbeitsgruppe gebildet haben.
Diese erstellten eine Liste, um alle Finanzhilfen und Steuervergünstigungen
in den nächsten zehn Jahren um 10 Prozent im Durchschnitt
zu senken. Herr Eichel wird diese Liste übernehmen, aber
noch weiter einschneiden. Die wichtigsten Wegfälle werden
wohl die Punkte der steuerfreien Sonntags- und Nachtzuschläge
sein, die Entfernungspauschal bei Fahrten zum Arbeitsplatz, die
Finanzhilfe für Kohle und Windenergie, die Landwirtschaftssubventionen
und eine Streichung der Eigenheimzulage sein.
- In
dem dritten Schritt will Minister Eichel diese Streichliste zusammen
mit dem Vorschlag zur Vorziehung der dritten Steuerreformstufe
auf 2004 (statt 2005) in einem Gesetz einbringen.
Genialer
Schachzug, denn nun stehen plötzlich Union und FDP unter Druck.
Sie können nur dann für vorzeitige Entlastungsschritte
votieren, wenn sie auch eine Kürzung bei der Eigenheimzulage
oder Pendlerpauschale zustimmen. Erschwerend kommt auf Herrn Eichel
zu, dass er im Herbst in Brüssel den EU-Währungshütern
erklären und dann noch überzeugen muß, dass die
Haushaltslöcher trotz der Steuersenkung im Mittel nicht größer
werden. Eichel kann sich dabei auf ein starkes Argument verlassen:
Die vorgezogene Reform belastet die Haushalte nur ein Jahr.
Aus
den Lagern der Wirtschaftsexperten erklingen derweil skeptische
Töne. Der Grundgedanke ist richtig und logisch, aber die Steuerreform
sei schon finanziert worden. Eine Subventionskürzung sei ebenfalls
der richtige Weg, aber nur wenn man diese über zusätzliche
Tarifsenkungen an die Bürger weitergibt, meinen Experten. Die
Union erhebt ebenfalls Einsprüche. Man sei unter keinen Umständen
bereit, eine Vorfinanzierung der Steuerentlastung mit höheren
Schulden zu bezahlen, da schon jetzt 80 Prozent der Bundesländer
Probleme hätte einen verfassungsgemäßen Haushalt
vorzulegen. Ebenfalls Probleme könnten aus Brüssel kommen,
da dort schon seit einiger Zeit ein weiterer blauer Brief liegt.
Aber
trotz allem Mosern und Meckern bleibt eine freudige Erkenntnis:
Danke Herr Koch, Danke Herr Steinbrück. Sie zeigen uns, dass
man nicht unbedingt gleicher Ansichten sein muß, um vernünftig
und wirkungsvoll zusammenzuarbeiten und Ergebnisse vorlegen zu können.
Daran sollten sich alle ein Beispiel nehmen.
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