Spotlight: Gesundheit kostet ab jetzt mehr
von Oliver Lexa
21.07.2003

Bei den Gesprächen über die neue Gesundheitsreform haben Regierung und Opposition einen gemeinsamen Weg gefunden.

Wenig überraschend ist es, dass der Zahnersatz aus der gesetzlichen Krankenversicherung ausgegliedert werden soll. Nun gut könnte man meinen. Wenn das alles ist, lassen wir uns das ja noch gefallen. Andererseits kommen Bedenken auf, wenn man sich überlegt, sollte man weiterhin so geschröpft werden, beißt man sich an den Zusatzbelastungen bald noch alle Zähne aus... und keiner wird überhaupt noch am Hungertuch nagen können, weil er sich die neuen Zähne nicht leisten kann...

Weiterhin befand man es für sinnvoll, eine Praxisgebühr von 10 Euro pro Arztbesuch und Quartal einzuführen. Das erscheint sinnvoll: die Menschen sitzen nun nicht mehr stundenlang in Wartezimmern herum, unterhalten sich und bleiben der Arbeit fern...... Wer weiterhin auf diesen Luxus nicht verzichten will, muß eben zahlen.

Es wurde aber sowohl von Seiten der Regierung als auch der Opposition versichert, dass die Zuzahlungen bei keinem Bundesbürger mehr als zwei Prozent des Einkommens betragen soll, bei chronisch Kranken sogar nicht mehr als ein Prozent...
Aber: Liebe Minister, Regierungschefs und wie alle anderen eurer Bande noch heißen... erst einmal sind zwei Prozent auf das Einkommen immer noch eine enorme Belastung, gerade für den Mittelstand, der jetzt schon unter der Zusatzbelastung stöhnt und zum anderen glaubt doch keiner, dass es nicht auch mehr als zwei Prozent werden können.

Aber gegen diese Bedenken hat man vorgesorgt. Zusätzliche Belastungen für die Patienten werden durch Beitragssenkungen ausgeglichen. Hierbei sieht man vor, dass die Beiträge bis 2006 von derzeit 14,4 Prozent auf 13 Prozent gesenkt werden. Dazu werden mindestens Einsparungen von 20 Milliarden Euro angestrebt. Der Zeitraum der Reform erstrecke sich bis 2007.
Sicherlich führt das zu einiger Unmutsäußerung. Sehen wir uns nur mal die Zahlen an. 14,4 - 13 = 1,4%... Durch die Reform kommen aber bis zu 2% des Einkommens als Zusatzbelastung dazu. Nun gut... Außerdem erstreckt sich die Reform bis 2006 hin. Irgendwie kann man hierbei zu dem Entschluß kommen, man legt wiedermal mehr drauf.

Die Einigung soll noch in dieser Woche den Gremien der Parteien und Fraktionen zur Entscheidung vorgelegt werden. Beide Seiten gingen von Zustimmung auch in dieser Runde aus. Für Dienstag ist ein abschließendes Treffen der Konsensrunde vorgesehen.

Bei Krankenhausbehandlungen sollen Patienten zehn Prozent, aber höchstens 300 Euro zuzahlen. Auch bei Medikamenten ist eine zehnprozentige Zuzahlung - diesmal höchstens zehn Euro - geplant. Klingt alles schön und gut, sieht man auch irgendwo ein, belastet den Steuerzahler aber wieder. Langsam regt sich der Verdacht, wieso man noch eine gesetzliche Krankenversicherung braucht, wenn die alltagsrelevanten Zahlungen sowieso nicht mehr unterstützt werden.

Rezeptfreie Arzneimittel sollen gar nicht mehr von der Kasse bezahlt werden. Die ursprünglich geplante Positivliste, mit der Medikamente als Kassenleistung ausgeschlossen werden sollten, soll nun doch fallen gelassen werden. Da hat der Steuerzahler also den Salat. Nun gibt es gar nichts mehr. Es ist zwar nicht wünschenswert und ehrlich gesagt auch ziemlich gemein, aber hoffentlich sind unsere Minister oft ein wenig kränklich, damit sie spüren, was es bedeutet, alles aus der eigenen Tasche zu bezahlen.

Die mögliche Gesamtbelastung der Patienten wurde in verhandlungsnahen Kreisen auf 400 bis 600 Euro im Jahr geschätzt. Von ursprünglich geplanten Strukturreformen, die auch Fachärzte, Apotheker und Pharmabranche belasten würden, war nicht mehr die Rede.
Wenn ein Minister von einer geschätzten Belastung von 400 bis 600 Euro ausgeht, so weiß der deutsche Michel, dass ihn mindestens einmal 600 Euro erwarten. 600 Euro mehr im Jahr? Anstatt mit den gesamten Ministerstab Konsensgespräche zu führen hätte man lieber Schulabgänger ohne Ausbildungsplatz, Auszubildende, Studenten, Handwerker von Kleinbetrieben, den gesamten Mittelstand und einige Arbeitslose einladen sollen und diese mal fragen, wie glücklich sie sind, dass eine jährliche Belastung von 600 Euro ansteht.

Die Ärztekammer hat sich derweil positiv über die Gesundheitsreform geäußert. Sie begrüße die Entwicklungen, mache aber gleichzeitig darauf aufmerksam, das durch die Beitragssenkung auf 13 Prozent, dem Bundesbürger erklärt werden muß, was er sich privat absichern kann.
Ebenfalls wurde ein eigenständiger Kompromissvorschlag unterbreitet. Demnach soll der Zahnersatz künftig nur teilweise aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung ausgegliedert werden. So könnten die Versicherten ab 50 sowie Rentner auch weiterhin den Zahnersatz erstattet bekommen, während sich die Jüngeren zusätzlich privat versorgen müssten. Äußerungen aus Regierung und Opposition wurden für bzw. gegen diesen Vorschlag noch nicht laut. Das Argument, dass Rentner und Ältere bei der Reform der Sozialsysteme bereits mehrfach zur Kasse gebeten worden läßt man aber nicht zählen.

So kann man jedem Bürger nur wünschen: Bleiben Sie gesund!

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