Spotlight: Teure Gesundheit in Amerika
von Carsten Lexa
18.08.2003

Für viele Amerikaner ist die EU ein Schlaraffenland - zumindest, wenn es um den Einkauf von Medikamente geht. Die Preise für Medikamente liegen in der EU um ein Vielfaches unter den Preisen in den USA. Ein paar Beispiele:

  • Augmentin (GlaxoSmithKline / Antibiotikum): 55,50$ (USA) - 8,75 € (EU)
  • Cipro (Bayer / Breitbandantibiotikum): 87,99 $ (USA) - 40,75€ (EU)
  • Glucophage (Merck / Diabetesmittel): 124,65$ (USA) - 22€ (EU)
  • Prilosec (AstraZeneca / Magenmittel): 112$ (USA) - 49,25€ (EU)

Der Grund für die hohen Preise in den USA ist ein Gesetz, das den US-Großhändlern verbietet, günstige Präparate aus dem Ausland einzuführen, um sie auf dem amerikanischen Markt zu verkaufen. Anders als beispielsweise in Kanada können die Hersteller die Preise frei bestimmen.

Nun steht dieses Gesetz auf der Kippe. Im amerikanischen Kongress wurde ein Gesetzesvorschlag auf den Weg gebracht, der Privatpersonen, Apotheken und Großhändlern die uneingeschränkte Einfuhr von Medikamenten aus Kanada, den Mitgliedsstaaten der EU und anderen Ländern erlaubt. Nach einer hitzigen Debatte stimmten 243 Abgeordnete dafür und nur 186 dagegen. Nun muss das Gesetz noch durch den Senat. Der Ausgang der dortigen Abstimmung ist ungewiss.

Das wissen auch die Pharmakonzerne. Sie hoffen darauf, dass im Senat der Gesetzesvorschlag gekippt wird. Sollten die Preise sinken - so ihre Argumentation -, würden sich die gewaltigen Investitionen nicht mehr rechnen. Allein Pfizer, der weltgrößte Pharmakonzern, investierte im vergangenen Jahr 7 Milliarden Dollar in die Entwicklung neuer Präparate.

Es geht also um viel Geld. In den USA wurde 2002 mit verschreibungspflichtigen Medikamenten über 270 Milliarden Dollar umgesetzt. Deshalb fahren die Konzerne eine Kampagne, die auf Angst und Verunsicherung aufbaut: Wenn die Einfuhr von Medikamenten aus anderen Industriestaaten zugelassen würde, wäre die medizinische Versorgung in den USA gefährdet. Fälschungen würden den Markt überfluten, fehlerhafte Gebrauchsanweisungen den Patienten verwirren und ernsthafte gesundheitliche Schäden bis zum Tod herbeiführen.

Die Befürworter der Gesetzesänderung versuchen dieses in der Tat nicht so einfach von der Hand zu weisende Problem zu entkräften. So dürfen laut Gesetzesentwurf auch in Zukunft nur solche Medikamente eingeführt werden, die von der FDA, der amerikanischen Zulassungsbehörde, zugelassen sind und in Fabriken hergestellt wurden, die Amerikaner zuvor inspiziert haben. Außerdem werden heute schon eine Vielzahl von Präparaten im Ausland hergestellt, beispielsweise in China oder Indien.
Gegen Fälschungen bietet der Gesetzesentwurf ebenfalls Vorsorge: alle eingeführten Medikamente müssen mit eine speziellen Verpackung samt Echtheitszertifikat versehen sein.

Den großen Konzernen rennt die Zeit davon. Schon heute nutzen pfiffige Unternehmer die bestehende Gesetzeslage: sie bringen Rentner mit Bussen über die Grenze nach Kanada, wo diese sich billig mit Tabletten und Tinkturen eindecken. Und den Zögerern im amerikanischen Senat soll der Gesetzesentwurf auch schmackhaft gemacht werden: diesen bieten die Befürworter an, für das Medicare-Programm zu stimmen, einem Programm zur medizinischen Versorgung älterer Personen, welches Präsident Bush lieber heute als morgen in Kraft sehen möchte.

zurück zur Spotlight-Übersicht