Effektiver Kapitaleinsatz
von Jan Blaess

Kapitalverwendung ist sicher keine ganz so einfache Angelegenheit und schon gar nicht in Zeiten wie diesen. Die Zinsen sind niedrig, die Steuer ist hoch, der Aktienmarkt in einer tiefen Baisse und selbst Vermögensverwalter sprechen davon, man solle den Aktienanteil auf max. 30% beschränken oder ganz auf Aktien verzichten. In solchen Augenblicken versuche ich mal ganz losgelöst vom hektischen Treiben der Börse mit einfachem gesunden Menschenverstand die Situation zu analysieren um eine Strategie zu entwickeln, die eine optimale Verzinsung des eingesetzten Kapitals bei möglichst geringem Risiko gewährleistet.

"Wenn man sich sowohl über die Ertragskraft des Zinseszinses als auch über die Schwierigkeit im Klaren ist, diese richtig einzusetzen, hat man im Grunde viele Zusammenhänge begriffen."
(Charlie Munger, Forbes, 22. Januar 1996)

Blenden wir doch unser Bestreben durch Kursgewinne reich zu werden für kurze Zeit aus und überlegen, wie wir unser Kapital zur Zeit am effektivsten einsetzen können unter der Vorraussetzung, das wir bereit sind, dieses bei einer möglichst hohen Sicherheit für 10 Jahre zu investieren. Am Geldmarkt sind derzeit zwischen 3% - 5% je nach Risikograd (bei dem man noch gut schlafen kann) zu erzielen. Hierzu zähle ich Anleihen guter bis bester Bonität, Geldmarktfonds, Cashkonten oder Ähnliches. Mit Immobilien ist derzeit dagegen kein Blumentopf zu gewinnen (Rendite liegt bei ca. 4% im Bundesdurchschnitt), es sei denn man braucht hohe Verlustzuweisungen um die Steuerlast zu senken. Aber das lassen wir hier mal außen vor. Ich habe also die Möglichkeit mein Kapital im Augenblick zu 3% - 5% Rendite vor Steuern zu investieren. Jetzt hat aber die allgemeine wirtschaftliche Situation für hoch interessanten Alternativen am Aktienmarkt gesorgt, die sehr sicher sind und eine wesentlich höhere Verzinsung versprechen.

Die Gewinne die ein Unternehmen erwirtschaftet gehören den Aktionären. Sie ähneln den Kupons von Anleihen mit dem Unterschied das es hier keinen festen Rückzahltermin gibt. Das bedeutet die Gewinne des Unternehmens werden zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt ausgeschüttet. Aber einen Teil gibt es trotzdem schon vorab in Form der uns allen bekannten Dividende.

Was wäre, wenn es ein Unternehmen gäbe, dass eine solche Marktstellung besitzt die uns erlaubt anzunehmen, dass es dieses nicht nur in 10 Jahren noch gibt, sondern dieses auch wesentlich höhere Gewinne erzielen wird als heute. Wenn die Bilanzstruktur insbesondere der Liquiditätskennzahlen und Mittelzuflüsse dieses auch noch unterstreichen. Nun, ich würde meinen, mein Geld wäre dort sicher, wenn ich mich zu einem vernünftigen Preis dort einkaufen könnte.

Doch mit dem Finden eines solchen Unternehmens (und das ist wirklich nicht leicht, denn es gibt nicht sehr viele, die diese Kriterien erfüllen) ist es nicht getan. Es drängt sich die Frage auf, zu welchem Preis man sich dort engagieren sollte. Was ist also der Preis pro Aktie, den ich vernünftigerweise höchstens zu zahlen bereit sein darf?

Zuerst sollte die Gewinnrendite (Gewinn zum Aktienkurs) betrachtet werden. Diese sollte über der marktüblichen Verzinsung von Bundesanleihen (Referenz für Sicherheit) liegen. Am Beispiel von Zapf Creation wären das ca. 10% (Gewinn für 2002 pro Aktie 2,20-2,30€ Kurs ca. 23,00€) oder bei Bijou Brigitte ca. 13% (Gewinn für 2002 pro Aktie 5,00€ Kurs ca. 38,00€).
Daneben ist die Dividendenrendite (Dividende zum Aktienkurs) wichtig. Diese sollte bestenfalls über der Verzinsung von Bundesanleihen liegen, auf jeden Fall aber möglichst hoch. Um bei Zapf Creation und Bijou Brigitte zu bleiben: Zapf Creation hat eine Dividendenrendite von 3%, Bijou Brigitte eine von 6%. Das Tolle daran ist, das die Gewinne dieser Unternehmen jährlich mit zweistelligen Raten wachsen und die Dividenden ebenso. Das kann keine Anleihe leisten.

Kurzfristig wird die Börse von zeitweisem Wahnsinn regiert. Es hat sich aber gezeigt, dass das Kapital sich immer die effektivste Verzinsung bei größtmöglicher Sicherheit sucht. Das kann manchmal einige Zeit dauern, doch letztlich wird es immer so eintreten. Seit der Weltwirtschaftskrise in den 30iger Jahren gab es im Grunde in jedem Jahrzehnt eine größere Baisse. Es gab sogar eine Zeit nach dem zweiten Weltkrieg, in der wurden an der Wall Street Unternehmen unter ihrem Liquidationswert gehandelt. Und immer wenn ein Unternehmen Insolvenz anmeldete gab es einen Kurssprung nach oben. Man sprach davon, dass die Wall Street tot mehr wert war als lebend. Und auch das hat sich im Laufe der Zeit wieder eingerenkt. Dieser Zustand hat nur einige Jahre angehalten und das Kapital erkannte die überdurchschnittlichen Möglichkeiten der Verzinsung, die in hochrentablen Unternehmen schlummerte. Wer immer in diesen Zeiten in erstklassige Unternehmen investierte und den Mut hatte über Jahre diese zu halten wurde mit hervorragenden Renditen belohnt. Jetzt schließt sich der Kreis. Natürlich ist die Performance das Messinstument bei der Kapitalanlage. Doch wer Ergebnisse auf die Anzeigetafel zaubern will, muss zuerst das Spiel verstehen und spielen lernen. Und Unternehmen die kontinuierlich steigende Gewinne und ein fähiges Management vorweisen können werden immer zu den Gewinnern in ferner Zukunft gehören. Das einzige was dieses Szenario außer Kraft setzen könnte, wären sehr schnelle und kurzfristige Zinserhöhungen auf 6-8% und daran glaube ich ehrlich gesagt nicht.