Kennzahlen zur Analyse von Unternehmen
von Oliver Lexa
30.06.2003

"Fundamentalanalyse". Dieses Wort klingt so großartig, so gewaltig, dass viele Kleinaktionäre staunend vor ihrem Wertpapierberater stehen, wenn dieser die neusten Ergebnisse und Kennzahlen zu einem Unternehmen vorlegt, aus denen dann - zumindest nach seinen Worten - offensichtlich wird, daß man Papiere dieses Unternehmens kaufen müsse. Damit Sie, liebe Leser, nicht nur staunend nur zuhören, sondern mitreden können, wollen wir uns an dieser Stelle einmal mit den wichtigsten Kennzahlen der Fundamentalanalyse beschäftigen.

Jeder Anleger, der mit dem Gedanken spielt, eine neue Aktie zu erwerben, sollte vorher anhand einiger Kennziffern das Potential dieser Aktie abschätzen. Was am Anfang vielleicht verwirrend klingt, ist im Grunde ganz einfach. Stellen Sie sich vor, sie kaufen ein Auto. Da wird ihnen auch so manches Detail wichtig sein, bevor sie eine große Summe Geld dafür ausgeben. Die einen wollen einen niedrigen Verbrauch, dafür aber eine Klimaanlage. Den anderen ist der Verbrauch egal, sie wollen Pferdestärken, Sportsitze und Lederbezüge. Wieso macht man sich solche Mühe, ein Auto auszusuchen; bei Aktien dagegen glauben die meisten Kleinanleger den Worten ihrer Bankberater oder den (meist sinnlosen) Kommentaren ihrer Bekannten, die selbst keine Ahnung haben. Die Antwort ist einfach: Für jedes Auto gibt es einen sogenannten Kundenkatalog, f ür Aktien findet man so etwas Praktisches nicht. Hier muß man sich selber die Mühe machen und das Papier analysieren, was aufwendig ist und Zeit kostet.

Beschäftigen wir uns zunächst einmal mit den sogenannten "börsentechnische Kennzahlen". Hierzu gehört:

  • die Aktienanzahl
    Diese Kennzahl stellt die gesamte Anzahl an Aktien eines Unternehmens dar. Dazu gehören die ausgegebenen, am Markt erhältlichen Aktien (sog. Streubesitz oder Free Float) und Aktien, die im Unternehmen verbleiben oder im Altaktionärsbesitz sind.
  • der Gewinn je Aktie (Ergebnis je Aktie)
    Diese Kennzahl gibt an, welcher Teil des gesamten Unternehmensgewinns auf eine Aktie entfällt, was zur Beurteilung der Ertragskraft dient. Der Gewinn je Aktie dient auch zur Berechnung des KGV.
  • das Kurs-Gewinn-Verhältnis oder kurz: KGV
    Dies bezeichnet das Verhältnis zwischen Aktienkurs und erzielten Unternehmensgewinn je Aktie. Das KGV ist ein Maßstab für die Beurteilung der Ertragskraft einer Aktiengesellschaft. Bei niedrigem KGV gelten Aktien als günstig und bei hohem als teuer. Ein niedriges KGV kann jedoch auch durch schlechte Ertragslage oder schlechtes Management entstehen, ein hohes KGV durch eine Überbewertung einer Aktie.
  • das Kurs-Cash-Flow-Verhältnis oder kurz: KCV
    Verhältnis des Aktienkurses zum Cash Flow. Das KCV dient zur Liquiditätsbestimmung eines Unternehmens.
  • die Mitarbeiteranzahl
    Hierbei handelt es sich eigentlich um keine börsentechnische Kennzahl. In Bezug zu anderen Kennzahlen (z.B. Marktkapitalisierung) ergeben sich aber oft interessante Informationen.
  • die Marktkapitalisierung
    Entspricht der Anzahl der Aktien x Kurs der Aktie = Marktkapitalisierung. Dies wird auch als der aktuelle Börsenwert eines Unternehmens bezeichnet. Über die Marktkapitalisierung lassen sich u.a. Größenvergleiche zwischen Unternehmen anstellen. Eine hohe Marktkapitalisierung bei kleinen Unternehmen kann jedoch auch auf eine Überbewertung deuten.


Darüber hinaus lohnt sich auch ein Blick auf die Umsatzrendite, denn diese beschreibt den Gewinn eines Unternehmens bezogen auf den Umsatz. Die Umsatzrendite ist ein Maßstab dafür, wie profitabel ein Unternehmen ist. Je höher die Umsatzrendite in Prozent, umso profitabler das Unternehmen.

Nun wenden wir uns noch den sogenannten "betriebswirtschaftliche Kennzahlen" zu. Hier wäre vor allem zu denken an:

  • das Anlagevermögen
    Hier werden alle Gegenständeaufgezählt, die dazu bestimmt sind, dauerhaft dem Geschäftsbetrieb des Unternehmens zu dienen (z.B. Maschinen, Beteiligungen, Gebäude etc.).
  • der Break Even Point
    (englischer Ausdruck für "Gewinnschwelle"). Ab dem Break Even Point wird ein Gewinn erzielt.
  • der Cash Flow
    (Englisch für "Liquiditätszufluss"). Der Cash Flow dient zur Beurteilung der Finanzlage eines Unternehmens und wird aus der Gewinn- und Verlustrechnung gewonnen. Je höher der Cash Flow, um so besser ist die Finanzlage des Unternehmens.
  • das Einkommen vor Steuern (EBT)
    (in Englisch: Earnings Before Taxes). Diese Ertragskennzahl wird ermittelt aus dem Jahresüberschuss vor Steuern. Aussagekräftiger sind die Kennzahlen EBIT und EBITDA.
  • das Einkommen vor Zinsen und Steuern - EBIT
    (in Englisch: Earnings Before Interest and Taxes). Das EBIT ist eine absolute Ertragskennzahl eines Unternehmens und wird ermittelt aus dem Jahresüberschuss vor Steuern, Zinsergebnis und vor außerordentlichem Ergebnis. Das EBIT ermöglicht eine vergleichbarere Aussage über die eigentliche operative Ertragskraft eines Unternehmens.
  • das Einkommen vor Zinsen, Steuern und Abschreibung - EBITDA
    (in Englisch: Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization). Das EBITDA ist eine absolute Ertragskennzahl eines Unternehmens und setzt sich zusammen aus dem Jahresüberschuß vor Steuern, dem Zinsergebnis und den Abschreibungen des Unternehmens. Das EBITDA ist eine international weitverbreitete und aussagekräftige Kennzahl zur Beruteilung der operativen Ertragskraft eines Unternehmens.
  • das Eigenkapital
    Das Eigenkapital ist das bilanziell ausgewiesene Grundkapital einer Aktiengesellschaft.
  • die Eigenkapitalquote:
    Die Eigenkapitalquote errechnet sich nach der folgenden Formel:
    Eigenkapital / (Eigenkapital + Fremdkapital) = Eigenkapitalquote Dies entspricht dem Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital.
  • der Jahresüberschuss
    Der Gewinn eines Unternehmens nach dem Handelsrecht. Der Jahresüberschuss einer Aktiengesellschaft kann im Unternehmen verbleiben (Gewinnrücklagen) oder als Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Über die Verwendung des Jahresüberschusses entscheidet die Hauptversammlung.
  • der Operativer Gewinn
    Der Gewinn den ein Unternehmen mit seinen eigentlichen Geschäftsfeldern verdient (z.B. Opel mit Autos). Gewinne durch Devisen- oder Immobiliengeschäfte gehören bei einem Kfz-Hersteller z.B. nicht dazu.
  • das Umlaufvermögen
    Alle Vermögensgegenstände, die nicht dazu gedacht sind, dauerhaft dem Geschäftsbetrieb des Unternehmens zu dienen. (z.B Vermögenswerte, Liquiditätsbestände). Ddauerhafte Vermögensgegenstände finden sie in der Kennzahl Anlagevermögen.
  • der Umsatz
    Dieser Punkt faßt alle Erlöse, die im Geschäftsjahr erwirtschaftet wurden, zusammen.

Zwar wissen Sie jetzt noch nicht, wie Sie die gewonnen Kennzahlen interpretieren können (dies erfahren sie an anderer Stelle auf den Seiten des Investorweb - z.B. im Bereich "Investmentguide"). Aber zumindest sind Ihnen diese Begriffe jetzt nicht mehr fremd und Sie können diese entsprechend zuordnen. Und wenn sie jetzt noch nicht wissen, wie und wo sie nachschauen müssen, um die Informationen zur Berechnung der Kennzahlen zu erlangen, kann ich Sie beruhigen. Für die meisten Kennzahlen finden Sie beispielsweise im Aktienteil Ihrer Tageszeitung die nötigen Informationen; auf der Homepage des betreffenden Unternehmens unter der Stichwort "Investor Relations" sollten sie ebenfalls die Informationen erhalten, die sie suchen.

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