Selten
waren sich Analysten so uneins wie momentan, was die Bewertung von
Aktien aus dem Hightech-Bereich angeht. Während die eine Gruppe
Aktien aus diesem Bereich noch immer für überbewertet
hält, sieht die andere Besserung für die Realwirtschaft
am Horizont und rät zum Einstieg in diese Papiere.
Die
Argumente sind in beiden Fällen altbekannt:
Die Vertreter der Überbewertung weisen auf die geschrumpften
(oder - in vielen Fällen - sogar in den Verlust gedrehten)
Gewinne der Unternehmen hin und hegen eine gewisse Hoffnungslosigkeit
dahingehend, was die Verbesserung der Situation betrifft. Die Vertreter
der anderen Gruppe führen gerade die zwischenzeitlichen Konsolidierungsbemühungen
der Unternehmen hinsichtlich Kapazitätsauslastung, Mitarbeiter
und Kostenstrukturen an.
In
der Tat scheint gerade dieser Prozeß der Kostenoptimierung
den Boden für einen neuen Konjunkturaufschwung zu bereiten.
Vergessen wir nicht: In der Rezession werden (notwendige oder auch
nur lediglich hilfreiche) Investitionen zurückgestellt und
bilden in der Zukunft ein latent vorhandenes Auftragsvolumen.
Besonders
deutlich tritt dies im Bereich der Produktion von Mobilfunktelefonen
hervor. NOKIA ist umstritten wie selten zuvor. Die Negativ-Argumente
beruhen auf der Marktsättigung (besonders in Europa). Dies
kann man schwerlich bestreiten. Allerdings mündet jeder Innovationszyklus
in einen sog. "geregelten Bedarf". Dies stellt das Niveau
für Ersatzbeschaffungen und Neubedarf der nachfolgenden Generationen
dar. Und eines dürfte auch klar geworden sein: Handys halten
nicht ewig. Im Gegenteil. Anfällig sind die Akkus, die Displays
und nicht zuletzt die (gerade für SMS) viel benutzte Tastatur.
In der obigen Argumentation ist außerdem weder der Neubedarf
in China und USA berücksichtigt, noch der sichtbare Trend zum
40-prozentigen Weltmarktanteil NOKIA´s.
Eines
der wichtigsten Argumente für einen neuen Aufschwung ist allerdings
der Basiseffekt. In Kürze werden die Daten des Vorjahres für
Vergleiche herangezogen, welches für die Unternehmen sehr schwer
war und schlechte Ergebnisse brachte. In diesem Moment wird die
Basis günstig (also die Ergebnisse der Quartale im letzten
Jahr) und die Kurse erscheinen nicht "zu teuer", wie von
den Pessimisten immer wieder dargestellt. Im Gegenteil. Plötzlich
sind diese Aktien niedrig bewertet.
Man
kann es auch anders ausdrücken: Nicht jede Überbewertung
ist eine Spekulationsblase. Ein Unternehmen, das wie INFINEON ins
Minus gerutscht ist, kann keine vernünftige Bewertung auf der
Basis des Gewinns haben, welchen Gewinns auch? Zyklische Phasen
produzieren also - ebenso wie Hysterien - Bewertungsblasen. Die
Beurteilung, ob das zyklische Tal überwunden wird, ist also
wichtig. Wenn das betrachtete Unternehmen einen negativen Cash-Flow
generiert und ausblutet, so ist zweifellos äußerste Vorsicht
angebracht. Wenn es diese Phase zur Regenerierung und Sanierung
benutzt, wo wird es gestärkt in den nächsten Aufschwung
gehen.
Und
was sich in all den Jahren noch immer bewahrheitet hat: die Börse
läuft anders als erwartet. Und erst recht anders, als die Volkswirte
es "errechnen". Die Börse reagiert nicht logisch
sondern psychologisch. Liquidität und Erwartung sind nach wie
vor das Brot der Börse - Bewertungen stellen nur Ausgangs-
bzw. Bezugspunkte dar.
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