Gerüchte & Vergleiche
von Thomas Badtke

In der letzten Zeit kursieren immer mehr Wörter und Sätze in den Kommunikationsmedien, die vor zwei bis drei Jahren noch undenkbar waren. Von "Rezession", "wirtschaftlicher Schieflage" oder "Bankrott" kann man jeden Tag in der Presse lesen. "Insolvenz" oder "Enron" könnte zum Unwort des Jahres gewählt werden. Und während die Japaner seit 1989 mit ihrer "hausgemachten" Asienkrise kämpfen und man sich damals (wie auch noch heute) hierzulande über die Wiedervereinigung des Deutschen Volkes freute, wird in der heutigen Zeit immer mehr ein Vergleich der beiden Länder publiziert und damit salonfähig gemacht. Während Japan schon seit Jahren als Schlusslicht beim Wirtschaftswachstum auftritt und sozusagen schon Routine darin besitzt, die Zinsen zu senken, Banken zu retten und Versicherungen zu schützen (IDEALFALL!!!), muss sich Deutschland wohl oder übel, auch langsam mit dem Gedanken anfreunden, vor erheblichen Problemen in der gesamten Finanzbranche zu stehen.

Viele erinnern sich noch an den Börsenüberflieger ConSors, der jetzt allerdings mit französischer Rückendeckung auf Kundenjagd geht. Viel dramatischer, so war es auch letztens in der "ZEIT" zu lesen, steht es allerdings um die deutschen Großbanken und die Versicherer. Ganz vorn dabei: die Commerzbank. Von Liquiditätsproblemen war hier mehrfach die Rede und was schlecht recherchierte Gerüchte anrichten können, weiß der Anleger spätestens seit dem "Börse-Online-mäßigem" Absturz der MLP-Aktien. Bei der Commerzbank drückte der bisher noch nicht eingereichte Insolvenzantrag den Aktienkurs so tief, dass der Börsenwert des Unternehmens gar unter den Buchwert gesunken ist. Wer denkt, dies sei ein Einzelfall, der irrt. Dank der HypoVereinsbank befindet sich die Commerzbank in guter Gesellschaft und nur eine Bürgschaft über 21 Milliarden Euro konnte die damalige Nummer 10 unter Deutschlands Großbanken, die Berliner Bankgesellschaft, vor dem Bankrott retten. Wenn das so weiter geht, bekommt der Staat richtige Probleme. Da ungeschriebene deutsche Wirtschaftsgesetze quasi vom Staat verlangen, "große" Unternehmen bei Schieflagen zu unterstützen bzw. zu retten (siehe etwa Holzmann) wobei die Definition von "groß" jedes Mal neu formuliert wird, könnte der neue, alte Kanzler Schröder bei einem Banken- und Versicherungscrash in Zahlungsnöte geraten. Um dann immer noch das bereits zum zweiten Mal angekündigte Wahlziel der Reduzierung der Arbeitslosenzahl zu erreichen, müsste er bzw. der Staat als solcher sich derart hoch verschulden, dass man in ähnliche Bedrängnis kommen könnte, wie Argentinien. Rein hypothetisch natürlich nur. Der Vergleich der Schuldenzahlen der beiden Länder (Argentinien ca. 189 Mrd. US-Dollar vs. Deutschland ca. 10 Billionen US-Dollar) hinkt. Zum Glück. Zumindest wird dies überall behauptet. Das beruhigt. Ein wenig. Vielleicht....

Aber zurück zu den Banken und Versicherungen. Probleme könnte es wirklich geben. Während die amerikanischen und asiatischen Banken ihre Krise bereits hinter sich haben, sei dabei einmal an die Deutsche Bank unter Alfred H. erinnert. Der wollte sich die Krise in der amerikanischen Bankenszene Ende der Achtziger Jahre zunutze machen und den Börsenwert des deutschen Klassenprimus vervielfachen. Hätte er auch geschafft, wenn nicht verschiedene Geheimdienste, so wurde und wird gemunkelt, dem einen Strich durch die Rechung gemacht bzw. eine Lichtschranke samt angeschlossener Bombe in den Weg gestellt hätten. So blieb die Deutsche Bank zwar deutscher Klassenprimus, aber "global" gesehen, in der heutigen Zeit der Wiederauferstehung des Neoliberalismus in seiner Reinkultur ein sehr wichtiges Schlagwort, gilt die Deutsche Bank ganz in "PISA-Studien-Manier" als sitzengeblieben.

Bei den Versicherern sieht es "börsenwertmäßig" zwar besser, aber insgesamt betrachtet noch bedrohlicher aus. Während der Klassenbeste (Allianz Leben) Verluste bei seinen Aktienanlagen schreibt (wer tut dies heutzutage nicht) und die stillen Reserven bei 3200 Dax-Punkten aufgebraucht sind (letzte Gerüchte sehen den Dax unterhalb dieser magischen Grenze), drängt sich die Frage auf, wie es soweit kommen konnte. Normalerweise ist es doch so, dass bei fallenden Anleihezinsen, die Aktien steigen müssen. So steht es zumindest in jedem wirtschaftswissenschaftlichen Lehrbuch. Über einen längeren Zeitraum zumindest muss das so sein. Basta. Warum dies allerdings derzeit nicht so ist und die Versicherer bei versprochenen Renditen von mehr als 6 Prozent und Anleihezinsen von lediglich 4,3 Prozent den grünen Zweig auf dem sie noch sitzen, selbst absägen, weiß keiner. Vielleicht sind das ja auch alles nur Gerüchte...oder die Vergleiche hinken.

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