Die
Versicherungsbranche wandert im Moment über holprigen Boden.
Die Riester-Rente brachte nicht das erhoffte Geld in die Kassen.
Von über 30 Millionen staatlich Rentenförderberechtigten
haben bisher erst ungefähr 2,5 Millionen die Möglichkeiten
der Rieser-Rente durch den Abschluß entsprechender Verträge
genutzt. Viele wollen diese nun auch wieder rückgängig
machen. Eine schwierige Situation, sollte die private Altersvorsorge
doch in Zeiten der fallenden Aktienkurse und niedrigen Zinsen der
große Renner sein. Wieso sieht es aber in der Branche so schlecht
aus?
Die
schlechte Börsensituation hat die stillen Reserven (Differenz
zwischen dem in der Bilanz ausgewiesenen Buchwert von Kapitalanlagen
und deren tatsächlichen Wert) der Versicherungsunternehmer
seit Januar 2000 um circa 35 Milliarden Euro schrumpfen lassen.
Natürlich sind die stillen Reserven für schlechte Zeiten
gedacht. Aber man sollte sie nicht unter eine bestimmte Grenze sinken
lassen. Fast alle Lebensversicherer schütteten aber im letzten
Jahr mehr an ihre Kunden aus, als sie erwirtschafteten. Wegen der
Angst, Kunden zu verlieren, wurden die Überschüsse nicht
abgesenkt. Und woher kam dieses Geld? Aus den stillen Reserven.
Dies führte dazu, daß 19 deutsche Versicherungsgesellschaften
ein negatives Anlageergebnis vorweisen, neun weitere (meist kleine)
Versicherer gar keine stillen Reserven mehr haben. Wie kam es dazu?
Erstmal
spielt hier natürlich die aktuelle Börsenlage eine Rolle.
Doch dies ist keine Entschuldigung für die häufig falsch
kalkulierte Anlagepolitik der Versicherer während dem Börsenboom
der Neunziger. Viele Versicherer haben zu dieser Zeit den Aktienanteil
ihrer Kapitalanlagen von 8% auf bis zu 20% erhöht.
Aber
es leuchtet ein Zeichen am Himmel. Und dieses Zeichen lautet §
341 b HGB (Handelsgesetzbuch). Dieser Paragraph sieht vor, daß
Versicherer Kursverluste nicht mehr sofort abschreiben müssen.
Versicherer können also ihre Verluste am Aktienmarkt als kurzfristig
erklären und auf folgende Bilanzen hinausschieben. Dies bringt
natürlich nur etwas, wenn sich die Lage an der Börse erholt.
Danach sieht es aber nicht aus und schon werden die ersten Stimmen
laut, die behaupten, Deutschland könnte Japan folgen. Dort
mußten Ende letzten und Anfang diesen Jahres mehrere traditionsreiche
Lebensversicherer den Bankrott erklären. Dies würde vor
allen die kleinen Versicherer treffen. Die großen, finanzstarken
Versicherer werden in ihrer Position dadurch nur gestärkt.
Schon
seit Mitte 1999 warnte das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen
(BAV) vor einer Beschönigung der Situation. Der Gesamtverband
der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) blieb gelassen. Dort
meinte man, das bei weiterhin schlechter Kapitalmarktsituation,
eine Absenkung der Überschussbeteiligung um einen Prozentpunkt
bevorstehe. Alles in allem wäre man optimistisch, das die Möglichkeit
einer Nettoverzinsung von 5% bestehe.
Was aber passiert, wenn ein Unternehmen tatsächlich nicht mehr
in der Lage ist zu zahlen? So ist dies z.B. in Detmold kürzlich
passiert. Die Familienfürsorge konnte ihren Verpflichtungen
nicht mehr nachgehen. Der Versicherer wurde unter Zwangsverwaltung
der Aufsicht gestellt um zu gewährleisten, das den Versicherungsnehmern
kein Schaden entsteht.
Die
Bundesanstalt für Finanzaufsicht verfügt über verschiedene
Möglichkeiten um einen drohenden Konkurs zu verhindern. Zusammen
mit dem GDV wurde ein Finanzpool geschaffen, um bedrohte Unternehmen
zu helfen. Man darf nicht vergessen, das ein Konkurs einen nachhaltigen
Imageschaden für die Versicherungsbranche bedeuten würde,
der das Vertrauen der Bürger (und somit auch zukünftiger
Kunden) belasten würde. Aber dies sei nach der GDV nicht zu
befürchten. So sollen von den Kapitalanlagen über 80%
(das wären circa 540 Milliarden Euro) in festverzinslichen
Wertpapieren und Immobilien angelegt worden sein. Nur circa 15%
in Aktien. So würden auch niedrigere Kurse nicht schwer zu
Buche schlagen. Außerdem wäre immer noch der Finanzpool
da, um die angeschlagenen Unternehmen zu stützen.
Die
Verbraucherzentrale schlug trotzdem Alarm. Viele Verbraucher fühlen
sich betrogen von den Versicherungen, da sie die hohen Auszahlungsprognosen
von Beispielkalkulationen als verbindliche Zusage werteten.
Wie
sieht aber ein Ausweg aus?
Es könnte helfen, wenn Versicherer nicht mehr mit unhaltbaren
Aussagen werben. Die würde aber auch bedeuten, daß die
Versicherten sich nicht von den Medien so leicht verunsichern lassen
sollten. Die Versicherten müssen begreifen, daß die
Zeit der 8 - 10% vorbei sind. Sie sollten sich lieber vor Augen
halten, dass es nur einen Anspruch auf einen Garantiezins von 3,25%
gibt. Solange man dies bedenkt, kann man auch nicht von Negativentwicklungen
enttäuscht werden.
Waren
für viele Verbraucher Aktien bisher eher eine nette Freizeitbeschäftigung
und Lebensversicherungen eher konservative Langzeit-Sparbücher,
kam nun die Belehrung. Viele Amateurspekulanten belächelten
die Lebensversicherungen aufgrund der geringen Rendite. Doch dann
der Schock. Die Aktien der Dt. Telekom, die Volksaktie Nummer 1,
brach ein. Schon feierten sich die konservativen Sparer als Gewinner
über die neumodische Aktienanlage, da wurden sie auch vom Absinken
der Überschüsse überrascht.
Es wäre also zu raten, das Verbraucher beim Neuabschluss einer
Lebensversicherung nicht nur auf die Überschussbeteiligung
schauen, sondern auch auf die stillen Reserven, die Anlageergebnisse
und auf die Verwaltungskosten des Versicherers achten.
Aber
trotz der schwierigen Zeiten erleben viele Versicherer Beitragszuwächse.
So ließen sich z.B. die Hamburg-Mannheimer, der Direktversicherer
Europa und die Provinzial Düsseldorf durch geschickte Anlagepolitik
nicht zu sehr von den schlechten Aktienmärkten überraschen.
Sie erwirtschafteten sogar noch gute Ergebnisse. Auch sind viele
Lebensversicherer mit hohen, stillen Reserven gesegnet. Hier stehen
vor allem die Branchengiganten Allianz, Asstel und Hamburg-Mannheimer
an erster Stelle. Ebenso die Victoria, die deutsche Ärzte Versicherung,
die Alten Leipziger und der Volkswohl Bund.
Die Allianz Leben hat hat dreimal mehr Rentenversicherungen verkauft
als im Vorjahr. Die Axa Leben will eine Volumenbeitragserhöhung
aus Neugeschäften bei Rentenpolicen um 22% erreicht haben.
Dies
zeigt, dass Anleger in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Schutz
und Sicherheit suchen - und finden dies in Form von kapitalbindenden
Lebenspolicen.
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