"Vertrauen
ist der Anfang von allem". Wer kann sich an diesen Leitspruch
noch erinnern bzw. kann das dazugehörige Unternehmen beim Namen
nennen? Es war einmal eines der zehn größten Finanzinstitute
der Welt. Es immer noch die größte Bank Deutschlands.
Na? Richtig. Der oben genannte Slogan stammte von der Deutschen
Bank. Mittlerweile hat sich das Vertrauen vom Anfang nicht etwa
ausgezahlt. Nein, nachdem der griffige Werbespruch von den Unternehmenszahlen
und der jüngsten Entwicklung des Unternehmens quasi überholt
wurde, heißt es jetzt: "Die Zukunft kann kommen".
Egal, ob positiv oder negativ, sollte es weiter heißen.
Setzte
das Finanzinstitut unter seinem Chef Herrhausen Ende der achtziger
Jahre des vergangenen Jahrhunderts - obwohl es sich anders anhört,
solange ist das noch nicht her - zum globalen Sprung an die Spitze
an, zur weltweiten Top Ten der Branche zählte es bereits, gab
es unter dessen Nachfolger Kopper an, sich rührend um den Aufbau
Ost zu kümmern. Auf die "blühenden Landschaften",
die ein ihm sehr nahestehender Bundeskanzler versprochen hatte und
die mit Geld der Deutschen Bank in erster Linie finanziert werden
sollte, warten die meisten Bundesbürger in den neuen Ländern
noch heute. Auf Kopper folgte Breuer. Aber geändert hat sich
unterdessen nichts. Obwohl man dank der Rallye an den Aktien- und
Finanzmärkten zum Ende des zwanzigsten Jahrhunderts auch Wachstum
beim Umsatz und Gewinn propagieren konnte und im Geschäftsjahr
2000 dank eines Vorsteuergewinns von 6,869 Mrd. Euro ein Nettoergebnis
von mehr als 2 Mrd. Euro der Öffentlichkeit vermelden konnte,
blieb im allgemeinen alles beim alten. Das erkennt man jetzt. Während
die britisch-asiatische Großbank HSBC den zweitgrößten
amerikanischen Finanzdienstleister Household für schlappe 14
Mrd. US-Dollar kauft und damit auf eine Marktkapitalisierung von
etwas mehr als 100 Mrd. US-Dollar kommt, dümpelt der Aktienkurs
des deutschen Klassenprimus unterhalb der 50 Euro-Marke herum.
Nachfolger
Breuers wurde ein Schweizer. Josef Ackermann sein Name, angelsächsisch
seine Managementmethoden. Der Kurs der Aktien konnte zulegen, nachdem
im Frühjahr Ackermann an die Spitze der Deutschen Bank gerückt
war. Das Vertrauen, das am Anfang von allem steht - Sie verstehen?
-, scheint aber auch bei ihm nicht lange vorgehalten zu haben. Die
Stimmung hat sich gedreht. Und zwar gegen die Deutsche Bank. Schuld
ist, wie soll es anders sein, die schlechte weltkonjunkturelle Lage
und die damit einhergehenden schlechten Unternehmenszahlen. Im dritten
Quartal des laufenden Geschäftsjahres lag der Vorsteuergewinn
im negativen Bereich, sprich es war ein Vorsteuerverlust von 181
Mio. Euro.
Das wäre noch nicht so dramatisch bei einer Bank, die im Jahr
1999 über stille Reserven (Überschuss von Markt- zu Bilanzwerten
im Beteiligungsvermögen) von 16 Mrd. Euro verfügte. Allerdings
sank dieser Wert in den darauffolgenden Jahren kontinuierlich. Im
Jahr 2000 waren es noch 11,9 Mrd. Euro, 2001 schon nur noch 8,4
Mrd. Euro. Letzter Stand im September diesen Jahres: noch stolze
1,1 Mrd. Euro. Wie kommt es zu so einer Divergenz?
Bei
Waigel sprach man damals von der "kreativen Buchführung".
Belächelte man vor kurzem diesen Ausdruck noch, hat er seit
dem Fall Enron oder WorldCom einen negativen Anhauch bekommen. Und
genau diese "kreative Buchführung" befürchtet
man nun auch bei der Deutschen Bank entdeckt zu haben. Allerdings
heißt es hier "Schönrechnen" oder "Zahlenakrobatik".
Was alle bereits wissen, scheint dies zu bestätigen, denn die
Deutsche Bank verdient mit dem eigentlichen Bankgeschäft kaum
Geld. Lediglich das Jahr 2000 (siehe weiter oben) bildet da eine
Ausnahme. Rechnet man nämlich aus dem Ergebnis vor Steuern
den Verkauf des Tafelsilbers ab, sprich den Gewinn aus den Verkäufen
wichtiger Beteiligungen, kommt man in den vorangegangenen Jahren
so Ach und Krach grad in die schwarzen Zahlen. Im Jahr 1999 liegt
Ergebnis vor Steuern bei 2,351 Mrd. Euro, die Ertragssteuern bei
1,689 Mrd. Euro. Im Endeffekt beträgt das Nettoergebnis noch
62 Mio. Euro, denn die Gewinne aus dem Verkauf der Beteiligungen
betrugen 600 Mio. Euro. Im Jahr 2000 steigt das Nettoergebnis auf
über 2 Mrd. Euro. Im Jahr 2001 betrug das Ergebnis vor Steuern
1,596 Mrd. Euro; minus Ertragssteuern von 434 Mio. Euro und minus
den Veräußerungsgewinn der Beteiligungen von 1 Mrd. Euro
bleiben noch 162 Mio. als Nettoergebnis. Im bisherigen Rumpfjahr,
das bisher drei Quartale umfasst, liegt das Ergebnis vor Steuern
bei 3,312 Mrd. Euro, minus Ertragssteuern von 144 Mio. Euro. Dafür
verkaufte man soviel Beteiligungen, dass man auf einen Gewinn von
3,8 Mrd. Euro kam. Diesen ebenfalls noch abgezogen, errechnet sich
dadurch ein Verlust von 632 Mio. Euro in den ersten neun Monaten
von 2002. Wenn man jetzt, was man eigentlich nicht darf, diesen
Wert aufs Jahr hochrechnet, dann die stillen Reserven dagegenstellt,
muss man kein Rechenkünstler sein, um sagen bzw. schreiben
zu können, dass die Reserven in ein bis zwei Jahren spätestens
aufgebraucht sein werden. Natürlich muss das noch nichts heißen.
Verwundern könnte einen da schon eher, dass die Deutsche Bank
die einzige ist, die die Gehälter ihrer Investmentbanker um
ca. 10 Prozent erhöht hat, während der Umsatz dieser Sparte
um etwa den gleichen Prozentsatz gesunken ist. Der weltweite Branchenprimus,
die Citigroup (Marktwert lächerliche 180 Mrd. US-Dollar) machte
da das ganze Gegenteil. Sie senkte die Gehälter der Investmentbanker
und baute gleichzeitig die Umsätze dieser Sparte aus.
Ackermann,
der mit dem Credo in das Chef-Amt der Deutschen Bank gestartet war,
Kosten zu senken und den Aktienwert zu erhöhen, könnte
schneller Schiffbruch erleiden, als er gedacht hat. Schon vor einigen
Wochen musste man im Frankfurter Geschäftssitz Gerüchte
dementieren, dass die Citigroup eine Übernahme der Deutschbanker
plane. Auch ein Wechsel des Firmensitzes nach London wurde heftigst
dementiert. Zusätzlich dürfte dem Finanzinstitut die Aussage
des deutschen Finanzministers Eichel auf den Magen schlagen. Eichel
kündigte jüngst an, Gewinne aus dem Verkauf von Aktien,
Fondsanteilen und nicht selbst genutzten Immobilien ab März
kommenden Jahres pauschal mit 15 Prozent zu versteuern. Auf Gewinne
aus Anlagen, die vor diesem Zeitpunkt gekauft wurden, sollen immerhin
noch 1,5 Prozent Steuern gezahlt werden. Für die Deutsche Bank
und deren Anleger und Kunden bleibt zu hoffen, dass es auch bei
diesem Plan Eichels Schlupflöcher und Ausnahmegenehmigungen
geben wird. Ansonsten wird sich der negative Trend bei den Unternehmenszahlen
der Frankfurter Bank noch weiter verschärfen.
Ein
Blick gen Japan sollte genügen, um schnelle und heilsame Besserung
zu geloben. Dort gab es unlängst Gerüchte, dass die japanische
Regierung angeblich plane, einer der in Schieflage geratenen japanischen
Großbanken zu verstaatlichen. Noch ist die Schieflage, falls
es überhaupt eine werden sollte (immer positiv denken - das
Glas ist halbvoll), abwendbar. Ein kränkelndes Quasi-Staatsunternehmen
ist genug.
"Vertrauen
ist der Anfang von allem". Spätestens bei den nächsten
Quartals- und Jahreszahlen wird sich zeigen müssen, ob es der
neue Slogan mit dem alten aufnehmen kann.
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