Blickpunkt Unternehmen : Puma
von Thomas Badtke
19.07.2003

Da bald die Fußball-Bundesligastadien ihre Tore für die Fans wieder öffnen, einmal eine Frage vorweg: Wer war die Überraschungsmannschaft der vergangenen Saison? Nun in der 2. Bundesliga war es eindeutig Eintracht Frankfurt. Die launische Diva vom Main schaffte wie einst gegen Kaiserslautern am letzten Spieltag durch ein denkwürdiges Spiel Unfassbares. Verhinderte man gegen die Roten Teufel den Abstieg aus der 1. Bundesliga, stieg man nun durch ein 6:3 über Reutlingen wieder in die 1. Liga auf. Aber das nur am Rande. Die Mannschaft, die letztes Jahr in der 1. Liga alle überraschte, war der VfB Stuttgart. Mit jungen Talenten und einem erfahrenen Trainerfuchs, einstmals auch bei der Eintracht, gelang der Elf um Star Balakov und Stürmertalent Kuranyi die direkte Champ-League-Quali, also der 2. Rang in der Schlusstabelle der 1. Fußball-Bundesliga.

Ausrüster der Stuttgarter war und ist der Herzogenauracher Sportartikelhersteller Puma. Sportlifestylemarke Puma würde besser passen, und wird auch vom Vorstandsvorsitzenden Jochen Zeitz favorisiert. Ihm hat das Unternehmen, einst von Rudolf Dassler ins Leben gerufen, den jetzigen Höhenflug zu verdanken. Vor zehn Jahren war die sprungfreudige Raubkatze ein zahmer Stubentiger. Bei einem Umsatz von 210 Mill. Euro erwirtschaftete Puma 1993 einen Verlust von 35 Mill. Euro. Keine zehn Jahre später veröffentlichte Zeitz das beste Ergebnis seit Unternehmensgründung. Im Geschäftsjahr 2002 lag der Umsatz bei 910 Mill. Euro und der Gewinn explodierte geradezu auf 124 Mill. Euro. Aus dem trägen Sportartikelhersteller ist wieder ein konkurrenzfähiges Unternehmen geworden, dass im Sport- und Lifestylebereich zuletzt die Maßstäbe der Branche gesetzt hat. Zu nennen wären hier z. B. die ärmellosen Trikots der Kameruner Fußball-Nationalmannschaft um den deutschen Trainer Winnie "Löwe" Schäfer oder die Ausstattung der Tennisweltranglisten-Ersten Serena Williams. Begonnen hatte die Marketingoffensive mit Spitzensprintern wie Linford Christie und Merlene Ottey, die schon einmal mit Puma-Kette oder Puma-Kontaktlinsen der Konkurrenz die schnellen Fersen zeigten.

In den achtziger Jahren sah das jedoch anders aus. Lange Zeit bestach Puma, ebenso wie der ortsansässige Konkurrent Adidas-Salomon, durch technisches Know-How. Werbung, die über die Puma-Logos auf Trikots und Hosen der Spitzensportler hinausgegangen wäre, war verpönt. Und so kam es, wie es kommen musste: aus dem Nabel der Sportartikelwelt Herzogenaurach wurde ein Ort wie jeder andere. Die Trends kamen aus Amerika. Und hier vor allen Dingen von Nike samt seinem Zugpferd Michael Jordan. Aggressive Reklame und modischer Schnick-Schnack standen nun im Vordergrund. Die Aktienkurse der beiden deutschen Unternehmen gingen auf Tauchstation. Besonders schmerzlich war dies für Puma. Bereits drei Jahre nach dem Börsengang mussten die Erben Rudolf Dasslers ihre Mehrheit 1989 verkaufen. Schwedische Investmentfirmen griffen zu. Als Zeitz dann 1993 das Ruder übernahm, kam es zu drastischen Einschnitten. Dem Rotstift fiel nicht nur die letzte deutsche Produktionsstätte in Herzogenaurach zum Opfer, auch die Mitarbeiterzahl in Deutschland wurde nahezu halbiert. Weltweit schrumpfte die Zahl der Konzernmitarbeiter von 1.100 auf 700. Der Betriebsrat stand jedoch hinter den Umstrukturierungsmaßnahmen von Jochen Zeitz. Das Überleben von Puma zählte mehr als ein paar Arbeitsplätze. Zeitz räumte auch das Produktsortiment auf. Die Billigtreter flogen zusehends aus dem Sortiment.

Die Umstrukturierungen griffen, Puma ließ wie die Konkurrenz zunehmend in Asien fertigen. Der Turnaround ließ nicht auf sich warten. Um die Internationalisierung des Konzerns voranzutreiben, gründete man eine zweite Hauptdependance in Boston, USA; zusätzlich schuf man sich ein drittes Standbein in Hongkong. Durch die Auslagerung der Fertigung, der Lagerhaltung und der Distribution ist Puma im eigentlichen Sinne kein deutsches Unternehmen mehr. Es erscheint mehr und mehr "virtuell". Design, Entwicklung und Marketing stehen nun im Zentrum der Unternehmenspolitik. Bereits 1994 schaffte Puma wieder den Sprung in die schwarzen Zahlen. Dazu beigetragen hat auch Popstar Madonna, die zu dieser Zeit immer öfter Puma-Wildlederschuhe in der Öffentlichkeit trug. Markenname des Schuhs: "Suede". Eine Reminiszenz an die 70er Jahre. Mitte der 90er traten die amerikanischen Rapper eine "back-to-basic"-Welle los und Puma war mitsamt seinen Schuhen mittendrin. Puma setzte damals den Trend, dem heute die großen Firmen wie Nike, Adidas, Reebok und Fila hinterher hecheln.

So wundert es nicht, dass Puma im vergangenen Jahr zu den Top-Performern am deutschen Aktienmarkt zählten. Dreistellige Prozentzuwächse konnte kaum eine andere deutsche Aktie vorweisen. Puma schaffte den Sprung in die Trendboutiquen, konkurriert nun mit Marken wie Boss Sport oder Prada Sport, was auch an der Kooperation mit Modemachern wie Jil Sander oder dem Japaner Mihara liegen dürfte. Zudem rüstet Puma heute in überaus populären Sportarten wie der Formel 1 aus. Ein neuer Großaktionär sorgte nochmals für mehr Aufmerksamkeit. die US-Filmproduktionsfirma Monarchy/ Regency. Deren bekanntester Filmhit "Pretty Woman" wohl jedem bekannt sein dürfte. Seitdem tragen auch Filmstars wie Gwyneth Paltrow oder Brad Pitt in der Öffentlichkeit immer öfter Schuhe mit dem Puma-Logo. Als die Amerikaner unlängst Kasse machten und ihr Aktienpaket zum großen Teil auf den Markt warfen, schloss Zeitz noch einen fünfjährigen Kooperationsvertrag mit ihnen ab. Ebenso angelte er sich Fox Entertainment als Kooperationspartner im US-Fernsehbereich. Fox, zum Murdoch-Riesen News Corp. gehörend, ist vor allem für seine Trickfilmserie "The Simpsons" bekannt, die weltweite Nummer Eins in diesem Bereich - oft kopiert, doch nie erreicht. Der Boden für weitere Umsatz- und Gewinnsprünge des Pumas sind also bereitet. Wer 1993 für rund 8 Euro Aktien der Raubkatze kaufte, konnte sie in der letzten Zeit seinen Einsatz mehr als Verzehnfachen. Aber auch jetzt wird die Aktie noch immer zum Kauf empfohlen. Was zum Teil wohl auch an der Umsatzrendite von rund 13 Prozent liegen dürfte, die damit mehr als doppelt so hoch wie beim fränkischen Rivalen Adidas-Salomon ist. Einziges Puma-Problem: Wer heute mit der Mode geht, kann morgen schon wieder out sein……

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