Da
bald die Fußball-Bundesligastadien ihre Tore für die
Fans wieder öffnen, einmal eine Frage vorweg: Wer war die Überraschungsmannschaft
der vergangenen Saison? Nun in der 2. Bundesliga war es eindeutig
Eintracht Frankfurt. Die launische Diva vom Main schaffte wie einst
gegen Kaiserslautern am letzten Spieltag durch ein denkwürdiges
Spiel Unfassbares. Verhinderte man gegen die Roten Teufel den Abstieg
aus der 1. Bundesliga, stieg man nun durch ein 6:3 über Reutlingen
wieder in die 1. Liga auf. Aber das nur am Rande. Die Mannschaft,
die letztes Jahr in der 1. Liga alle überraschte, war der VfB
Stuttgart. Mit jungen Talenten und einem erfahrenen Trainerfuchs,
einstmals auch bei der Eintracht, gelang der Elf um Star Balakov
und Stürmertalent Kuranyi die direkte Champ-League-Quali, also
der 2. Rang in der Schlusstabelle der 1. Fußball-Bundesliga.
Ausrüster
der Stuttgarter war und ist der Herzogenauracher Sportartikelhersteller
Puma. Sportlifestylemarke Puma würde besser passen, und wird
auch vom Vorstandsvorsitzenden Jochen Zeitz favorisiert. Ihm hat
das Unternehmen, einst von Rudolf Dassler ins Leben gerufen, den
jetzigen Höhenflug zu verdanken. Vor zehn Jahren war die sprungfreudige
Raubkatze ein zahmer Stubentiger. Bei einem Umsatz von 210 Mill.
Euro erwirtschaftete Puma 1993 einen Verlust von 35 Mill. Euro.
Keine zehn Jahre später veröffentlichte Zeitz das beste
Ergebnis seit Unternehmensgründung. Im Geschäftsjahr 2002
lag der Umsatz bei 910 Mill. Euro und der Gewinn explodierte geradezu
auf 124 Mill. Euro. Aus dem trägen Sportartikelhersteller ist
wieder ein konkurrenzfähiges Unternehmen geworden, dass im
Sport- und Lifestylebereich zuletzt die Maßstäbe der
Branche gesetzt hat. Zu nennen wären hier z. B. die ärmellosen
Trikots der Kameruner Fußball-Nationalmannschaft um den deutschen
Trainer Winnie "Löwe" Schäfer oder die Ausstattung
der Tennisweltranglisten-Ersten Serena Williams. Begonnen hatte
die Marketingoffensive mit Spitzensprintern wie Linford Christie
und Merlene Ottey, die schon einmal mit Puma-Kette oder Puma-Kontaktlinsen
der Konkurrenz die schnellen Fersen zeigten.
In
den achtziger Jahren sah das jedoch anders aus. Lange Zeit bestach
Puma, ebenso wie der ortsansässige Konkurrent Adidas-Salomon,
durch technisches Know-How. Werbung, die über die Puma-Logos
auf Trikots und Hosen der Spitzensportler hinausgegangen wäre,
war verpönt. Und so kam es, wie es kommen musste: aus dem Nabel
der Sportartikelwelt Herzogenaurach wurde ein Ort wie jeder andere.
Die Trends kamen aus Amerika. Und hier vor allen Dingen von Nike
samt seinem Zugpferd Michael Jordan. Aggressive Reklame und modischer
Schnick-Schnack standen nun im Vordergrund. Die Aktienkurse der
beiden deutschen Unternehmen gingen auf Tauchstation. Besonders
schmerzlich war dies für Puma. Bereits drei Jahre nach dem
Börsengang mussten die Erben Rudolf Dasslers ihre Mehrheit
1989 verkaufen. Schwedische Investmentfirmen griffen zu. Als Zeitz
dann 1993 das Ruder übernahm, kam es zu drastischen Einschnitten.
Dem Rotstift fiel nicht nur die letzte deutsche Produktionsstätte
in Herzogenaurach zum Opfer, auch die Mitarbeiterzahl in Deutschland
wurde nahezu halbiert. Weltweit schrumpfte die Zahl der Konzernmitarbeiter
von 1.100 auf 700. Der Betriebsrat stand jedoch hinter den Umstrukturierungsmaßnahmen
von Jochen Zeitz. Das Überleben von Puma zählte mehr als
ein paar Arbeitsplätze. Zeitz räumte auch das Produktsortiment
auf. Die Billigtreter flogen zusehends aus dem Sortiment.
Die
Umstrukturierungen griffen, Puma ließ wie die Konkurrenz zunehmend
in Asien fertigen. Der Turnaround ließ nicht auf sich warten.
Um die Internationalisierung des Konzerns voranzutreiben, gründete
man eine zweite Hauptdependance in Boston, USA; zusätzlich
schuf man sich ein drittes Standbein in Hongkong. Durch die Auslagerung
der Fertigung, der Lagerhaltung und der Distribution ist Puma im
eigentlichen Sinne kein deutsches Unternehmen mehr. Es erscheint
mehr und mehr "virtuell". Design, Entwicklung und Marketing
stehen nun im Zentrum der Unternehmenspolitik. Bereits 1994 schaffte
Puma wieder den Sprung in die schwarzen Zahlen. Dazu beigetragen
hat auch Popstar Madonna, die zu dieser Zeit immer öfter Puma-Wildlederschuhe
in der Öffentlichkeit trug. Markenname des Schuhs: "Suede".
Eine Reminiszenz an die 70er Jahre. Mitte der 90er traten die amerikanischen
Rapper eine "back-to-basic"-Welle los und Puma war mitsamt
seinen Schuhen mittendrin. Puma setzte damals den Trend, dem heute
die großen Firmen wie Nike, Adidas, Reebok und Fila hinterher
hecheln.
So
wundert es nicht, dass Puma im vergangenen Jahr zu den Top-Performern
am deutschen Aktienmarkt zählten. Dreistellige Prozentzuwächse
konnte kaum eine andere deutsche Aktie vorweisen. Puma schaffte
den Sprung in die Trendboutiquen, konkurriert nun mit Marken wie
Boss Sport oder Prada Sport, was auch an der Kooperation mit Modemachern
wie Jil Sander oder dem Japaner Mihara liegen dürfte. Zudem
rüstet Puma heute in überaus populären Sportarten
wie der Formel 1 aus. Ein neuer Großaktionär sorgte nochmals
für mehr Aufmerksamkeit. die US-Filmproduktionsfirma Monarchy/
Regency. Deren bekanntester Filmhit "Pretty Woman" wohl
jedem bekannt sein dürfte. Seitdem tragen auch Filmstars wie
Gwyneth Paltrow oder Brad Pitt in der Öffentlichkeit immer
öfter Schuhe mit dem Puma-Logo. Als die Amerikaner unlängst
Kasse machten und ihr Aktienpaket zum großen Teil auf den
Markt warfen, schloss Zeitz noch einen fünfjährigen Kooperationsvertrag
mit ihnen ab. Ebenso angelte er sich Fox Entertainment als Kooperationspartner
im US-Fernsehbereich. Fox, zum Murdoch-Riesen News Corp. gehörend,
ist vor allem für seine Trickfilmserie "The Simpsons"
bekannt, die weltweite Nummer Eins in diesem Bereich - oft kopiert,
doch nie erreicht. Der Boden für weitere Umsatz- und Gewinnsprünge
des Pumas sind also bereitet. Wer 1993 für rund 8 Euro Aktien
der Raubkatze kaufte, konnte sie in der letzten Zeit seinen Einsatz
mehr als Verzehnfachen. Aber auch jetzt wird die Aktie noch immer
zum Kauf empfohlen. Was zum Teil wohl auch an der Umsatzrendite
von rund 13 Prozent liegen dürfte, die damit mehr als doppelt
so hoch wie beim fränkischen Rivalen Adidas-Salomon ist. Einziges
Puma-Problem: Wer heute mit der Mode geht, kann morgen schon wieder
out sein
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