Was
haben Bayern München, die "Bild"-Zeitung und Microsoft
gemeinsam? Sie polarisieren die Massen. Kaum einer würde freiwillig
zugeben "Bild" zu lesen bzw. sich als Fußballanalphabet,
weil Bayern-Fan, zu outen. Bei Microsoft wird es da schwieriger.
Normalerweise kann man nicht ohne Bill Gates und seine Produkte.
Egal ob an der Arbeit oder zu Hause in der Freizeit - Bill Gates
hat - sobald man seinen Computer anschaltet - seine Hände im
Spiel. Nur wenige, in etwa vergleichbar mit dem gallischen Dorf
Kleinbonum (heutzutage nennt man sie aber nicht Gallier sondern
Linux-User), wiederstehen dem Windows-Drang.
Da
verwundert es nicht, dass die Quartalszahlen des Redmonder Software-Riesen
wieder einmal grüne Vorzeichen aufgewiesen haben. Der Umsatz
konnte auf mehr als acht Mrd. US-Dollar gesteigert werden. Der Nettogewinn
kletterte auf fast zwei Mrd. US-Dollar. Alles wäre so schön,
wenn die Analysten der diversen Investmenthäuser von Bill Gates
und seinem Alter Ego Steve Ballmer nicht mehr erwartet hätten.
So lag der Gewinn zwar bei 18 US-Cent je Aktie, die Experten hatten
jedoch mit 24 US-Cent je Anteilsschein gerechnet. Nun gut, was soll
die Haarspalterei. Weltweit gibt es kaum ein anderes Unternehmen,
das eine ähnliche "Lizenz-zum-Geld-drucken" vorweisen
kann. Da wundert es auch nicht, dass Bill Gates immer im Rennen
um den Posten "Reichster Mann der Welt" ganz vorne mit
dabei ist. Eigentlich hat er mit Warren Buffet auch nur einen einzigen,
ernst zunehmenden Konkurrenten. Aber das nur am Rande.
Normalerweise
sollte man sich als Aktionär von Microsoft also freuen. Und
das alle drei Monate bei der Verkündung der Quartalszahlen.
Denkste. Denn Microsoft hat bis zum Januar diesen Jahres nie eine
Dividende an seine Aktionäre ausgezahlt, obwohl die Dividendenzahlungen
quasi als das "Täglich-Brot der Aktionäre" gelten.
Mittlerweile sitzt das Unternehmen auf Barmitteln von 46 Mrd. US-Dollar.
In Zahlen: 46.000.000.000 US-Dollar!!! Allein die Zinsen sorgen
dafür, dass einem die Tränen in die Augen steigen. Angenommen
man verzinst es mit sagen wir mit lächerlichen 2,5 Prozent
pro Jahr, dann kommen per anno 1,15 Mrd. US-Dollar hinzu. Was macht
man mit so einem Batzen Geld? Man könnte es spenden! Aber dadurch
wird es ja auch nicht weniger, weil Spenden bei der Steuer anrechenbar
sind. Bill Gates spendete in den vergangenen vier Jahren zum Beispiel
5,5 Mrd. US-Dollar. Zweifelsohne eine enorme Geldsumme, die selbst
die Leistungen von UNICEF in den Schatten stellen sollen. Aber rechnet
man einmal die jährliche Spendensumme aus, liegt diese ungefähr
bei ca. 1,35 Mrd. US-Dollar. Und schon relativiert sich einiges.
Es ist immer noch eine enorme Summe des ach so schnöden Mammon,
aber verglichen mit den anfallenden Jahreszinsen oder auch dem Quartalsgewinn,
erscheint sie doch geradezu pervers gering. Das Verhältnis
scheint nicht zu stimmen. Ärgerlich über die Spenden dürften
trotzdem nur die Aktionäre sein, die auf ihre Dividende bisher
immer verzichten mussten.
Das
soll nun anders werden. Bereits im Januar diesen Jahres schüttete
Microsoft erstmals eine Dividende aus. Diese lag bei acht US-Cent
je Aktie. Hört sich lächerlich an, oder? Hauptprofiteur
war Bill Gates, der noch immer über 1,2 Mrd. Aktien seines
Unternehmens hält. Microsoft ist ja nicht fürs Kleckern
bekannt, sondern eher fürs Klotzen. Deshalb wird derzeit eine
einmalige Sonderausschüttung im Unternehmen diskutiert, die
sich in etwa auf eine Höhe von zehn Mrd. US-Dollar belaufen
soll. Das entspricht einem US-Dollar je Aktie. Wer hier wieder das
meiste Geld erhält, braucht nicht mehr erwähnt zu werden.
Die normalen "Brot-und-Butter-Aktionäre" dürfte
es indes freuen, schließlich dümpelt der Aktienkurs des
ehemaligen Börsen-Highflyer schon seit mehr als einem Jahr
in einer Seitwärtsrange, die eine Spanne von rund zehn US-Dollar
(Kurse von ca. 20 bis knapp 30 US-Dollar) aufweist. Die einmalige
Ausschüttung, eventuell sogar mit einem Aktienrückkaufprogramm
verbunden, oder wie man bei Microsoft sagt: "bundled",
soll allem Anschein nach die alten Aktionäre bei der Stange
halten.
Der
Umsatz im laufenden Geschäftsjahr soll um fünf Prozent
auf mehr als 34 Mrd. US-Dollar anwachsen. Es erscheint also alles
im grünen Bereich zu sein. Aber die Börse will mehr. Verständlich,
schließlich hat sie in den vergangenen Jahren meist auch mehr
bekommen. Analystenerwartungen wurden getoppt, Unternehmensziele
und -kennzahlen mehrmals im Jahr nach oben geschraubt. In den 90er
wuchs Microsoft beim Umsatz jährlich um 30 Prozent, beim Gewinn
sogar um 37 Prozent per anno. Aber diese Zeiten scheinen vorbei.
Die beiden Cash Cows des Unternehmens, das Betriebssystem "Windows"
und das sogenannte "Office"-Paket haben den Grad der Marktsättigung
erreicht. Es wird nicht mehr jede Erweiterungsstufe vom Computerbesitzer
mitgenommen. Viele Nutzer arbeiten immer noch mit Windows 98 oder
2000, statt auf das neuere XP umzusteigen. Ähnlich ist das
Vorgehen bei den Office-Systemen. Da helfen auch die Computerneuverkäufe
nicht. Dieser Markt befindet sich seit nunmehr zwei Jahren in einem
schwierigen, konsolidierenden Marktumfeld. Microsoft wächst
nicht mehr, es stagniert. Allerdings auf hohem Niveau. Im vergangenen
Geschäftsjahr setzte beispielsweise der Bereich Betriebssysteme
7,8 Mrd. US-Dollar um. Dabei erreichte er ein operatives Ergebnis
von fast 6,4 Mrd. US-Dollar. Ähnliche Zahlen bei den Office-Systemen.
Hier kam man auf 7,2 Mrd. US-Dollar Umsatz und ein operatives Ergebnis
von 5,7 Mrd. US-Dollar. Auch der Server-Geschäftsbereich (Server,
Schulungen, Consulting) wirft noch enorme Gewinne ab. Das operative
Ergebnis betrug hier 1,4 Mrd. US-Dollar bei einem Umsatz von 4,7
Mrd. US-Dollar.
Wachsen
einzelne Geschäftsbereiche nicht mehr, muss man sich neue Geschäftsbereiche
suchen bzw. neue Märkte erobern. Deswegen engagieren sich Bill
Gates und Steven Ballmer seit ein paar Jahren auch in den Bereichen
Videospielekonsolen (x-Box), Internet (MSN), Unternehmenssoftware
und Mini-Computer (u.a. Windows CE). Bisher allerdings nur mit mäßigen
bis gar keinem Erfolg. Der Quasi-Betriebssystem- und Office-Monopolist
bekommt sowohl bei den Spielekonsolen, als auch bei der Unternehmenssoftware
und im Pocket-PC-Bereich keinen Fuß in die Tür. Zwar
lag der Umsatz, den Microsoft mit der x-Box und dazugehöriger
Software erzielte im vergangenen Geschäftsjahr bereits bei
2,2 Mrd. US-Dollar, der Gewinn lässt allerdings noch auf sich
warten, rund 700 Mio. US-Dollar Verlust verzeichnete dieser Geschäftsbereich.
Hat man hier, auch aufgrund der Oligopol-Marktstruktur wenigstens
eine gewisse Marktgröße (Microsoft gilt als Nummer Zwei
am Markt, aber mit deutlichem Rückstand zum Marktführer
Sony - vgl. Kolumne: Kampf der Konsolen), fehlt diese nahezu gänzlich
beim Unternehmenssoftware-Bereich. Hier setzt Microsoft lächerliche
400 Mio. US-Dollar um. Sehen lassen kann sich dagegen der Verlust:
mehr als 220 Mio. US-Dollar. Noch gravierender sieht es beim Pocket-PC-Bereich
aus. Hier übersteigt der Verlust (113 Mio. US-Dollar) sogar
den Umsatz (90 Mio. US-Dollar). So etwas kennt man eigentlich nur
bei ehemaligen Neuen Markt-Highflyern, wie z. B. Intershop. Auch
der Internet-Bereich fährt relativ hohe Verluste von mehr als
340 Mill. US-Dollar ein. Der Umsatz ist dagegen mit 1,7 Mrd. US-Dollar
recht ansprechend. Besonders im Browser-Bereich fehlt hier die nötige
Konkurrenz.
Zudem
wird Microsoft auch mehr und mehr in seinen Stammmärkten angegriffen.
Auf dem Servermarkt beispielsweise, der weltweite Umsatz mit Server-Rechnern
wird auf etwa 50 Mrd. US-Dollar geschätzt, kratzt Linux deutlich
an der Vormachtstellung der Redmonder. Zwar verfügt Microsoft
noch immer über einen Marktanteil von mehr als 60 Prozent,
doch Linux konnte seine Marktstellung hier in den vergangenen Jahren
sukzessive ausbauen. Lag der Marktanteil 2001 noch bei neun Prozent,
stieg er im vergangenen Jahr bereits auf 14 Prozent. Experten erwarten
für 2003 einen Anstieg auf 25 Prozent.
Insofern
erwächst Microsoft endlich einmal ein namhafter Konkurrent.
Auch können die Redmonder hier nicht mit ihrem normalen Geschäftsgebaren
punkten. Im Betriebssystem- oder Internet-Bereich wurden Unternehmen,
die eine Konkurrenz darstellen, kurzerhand aufgekauft und einverleibt.
Bei den mehreren hundert Softwarefirmen, die das zudem kostenlose
"open-source"-Produkt Linux weiterentwickeln und vertreiben,
dürften selbst die Milliarden und Abermilliarden US-Dollar
des Bill Gates nicht ausreichen. Noch muss sich Otto-Normal-User
zwar mit Word und Windows herumschlagen, aber wer weiß, vielleicht
erwächst auch hier bald ernstzunehmende Konkurrenz. Uns Usern
wäre es zu wünschen. Und bis dahin, kann Bill Gates sein
in Microsoft-Aktien gehortetes Vermögen ja komplett UNICEF
übereignen. Da würde ich mich glatt bereit erklären,
auf Windows XP und Office 2000 aufzurüsten......
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