Die Stiftung als Instrument zur mittelständischen Unternehmensnachfolge
von Johannes Schwake

Die Wahl der Rechtsform eines Unternehmens ist eine - wegen ihrer wirtschaftlichen und juristischen Folgen - zentrale Aufgabe, der sich ein Unternehmer nicht nur einmalig bei der Gründung, sondern auch bei der Fortführung seines Unternehmens zu widmen hat. Jährlich suchen rund 80.000 Unternehmer einen Nachfolger für ihren Betrieb mit knapp einer Million Arbeitnehmern. Jedes Jahr müssen etwa 6000 Familienunternehmen in Deutschland mangels Nachfolger schließen. Sind mehrere Erben vorhanden, droht eine Zersplitterung der Anteile, die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen, der Streit um Mitspracherechte in der Geschäftsführung und die Kündigungen von Beteiligungen, die dem Unternehmen Liquidität entziehen und sogar seine Zerschlagung zur Folge haben können. Derartige Fälle haben sich in der Vergangenheit immer wieder verwirklicht (Bahlsen, Grundig, Dornier).

Vor diesem Hintergrund kann sich der Einsatz einer Stiftung im Rahmen der Unternehmensnachfolge als vernünftige und lohnende Alternative erweisen. Wegen der steuerlichen Erleichterungen für Stiftungen und Stifter haben Stiftungen erheblich an Attraktivität gewonnen. Während im Jahr 2000 über 600 neue Stiftungen gegründet wurden, waren es im vergangenen Jahr nach Schätzungen bereits über 1000. 18 Milliarden Euro geben Stiftungen in Deutschland jährlich für kulturelle, wissenschaftliche und soziale Ziele aus. Die jüngst erfolgte Reform des zivilen Stiftungsrechts wird den Trend zum Stiften noch weiter verstärken.

Stiftungen können, als rechtsfähige juristische Personen, grundsätzlich in jeder Form am Wirtschaftsleben teilhaben, die auch anderen Personen offensteht. Die in der Praxis häufigste Erscheinungsform ist dabei die Beteiligung einer Stiftung an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft. Bekannte Beispiele für Stiftungen im Unternehmensbereich sind Bertelsmann, Krupp, Würth, SAP, Bosch oder Schwarz (Lidl). Dagegen kommt das Betreiben eines Unternehmens in der Rechtsform der Stiftung heute praktisch nicht mehr vor und ist aus Praktikabilitätsgründen auch nicht zu empfehlen. Zum ganz überwiegenden Teil bilden Stiftungsunternehmen eigenständige Kapitalgesellschaften (also eine GmbH oder AG), deren Anteile in der Regel mehrheitlich oder ausschließlich von einer Stiftung gehalten werden. Alternativ können durch die Konstruktion einer Stiftung & Co. KG die Vorteile einer GmbH & Co. KG - und damit einer typischen Rechtsform für den Mittelstand - im Rahmen einer Stiftung nutzbar gemacht werden.

Eine Stiftung bürgerlichen Rechts ist eine, mit einem bestimmten Vermögen ausgestattete, rechtsfähige und mitgliederlos organisierte Institution, die vom Stifter zu einem bestimmten Zweck geschaffen wurde und diesem dauerhaft gewidmet ist. Sie kann zu Lebzeiten des Stifters oder von Todes wegen, also durch Testament (oder Erbvertrag) errichtet werden. Die (grundsätzlich erbschaftssteuerpflichtige) Übertragung von Unternehmensanteilen auf eine zu gründende Stiftung bedeutet für den Unternehmer zunächst den unwiderbringlichen Verlust des Eigentums am Unternehmen; eine Möglichkeit, die übertragenen Unternehmensanteile später wieder in Familienhand "zurückzuholen", besteht nicht. Der Stiftungszweck wird vom Stifter vorgegeben und ist grundsätzlich unabänderbar. Die Stiftung wird also nicht, wie etwa die AG oder die GmbH, vom wandelbaren Willen ihrer Mitglieder getragen. Sie ist daher zur Sicherung der Unternehmenskontinuität geeigneter, dem Willen des Unternehmers dauerhaft Geltung zu verschaffen, als andere (an Mitglieder gebundene) Rechtsformen. Die Stiftung gehört sich selbst und hat dabei ausschließlich das ihr übertragene Vermögen gewinnbringend zu verwalten und den Stiftungszweck zu erfüllen. Der Stifter kann der Stiftung jeden Zweck geben, der "das Gemeinwohl nicht gefährdet", den also das Gesetz nicht verbietet. Der Stiftungszweck muss auf Dauer angelegt sein; für zeitlich kurzfristige Vorhaben steht die Stiftung nicht zur Verfügung. Nicht zulässig ist ebenso eine Stiftung, die ausschließlich die Begünstigung des Stifters verfolgt, eine Stiftung für den Stifter selbst scheidet aus. Die von der Stiftung verfolgten Ziele müssen aus Sicht des Stifters uneigennützigen Charakter haben. Der Stifter kann auch nicht den Erhalt und die Fortführung des Unternehmens als alleinigen Zweck der Stiftung vorgeben, denn der Stiftungszweck darf sich nicht im bloßen "Geldverdienen" erschöpfen. Möglich ist allerdings dieses Ziel als Nebenzweck vorzugeben.

Bei der Formulierung des Stiftungszwecks empfiehlt sich (insbesondere bei der Unternehmensstiftung) eine sprachlich flexible Ausgestaltung, um einerseits dem Stifterwillen dauerhaft Bestand zu verleihen, um andererseits aber auch den wechselnden Bedürfnissen, des Marktes, auf dem das Unternehmen tätig ist, Rechnung zu tragen. Treten im Nachhinein Ereignisse ein, die bei der Errichtung der Stiftung unvorhersehbar waren, ist eine spätere Anpassung der Stiftungssatzung an die veränderten Verhältnisse denkbar. Doch auch dann muss der Stifter keine Verfälschung seines Willens befürchten, da dies nur im Einklang mit seinem in der Satzung zum Ausdruck kommenden Willen möglich ist und durch die staatliche Stiftungsaufsicht genehmigt werden muss. Daneben kann der Stifter bestimmen, dass zu seinen Lebzeiten seine Zustimmung einzuholen ist. Eine darüber hinausgehende Kontrolle durch die Konstituierung eines Aufsichtsorgans ist in der Stiftungspraxis die Regel.

Da Stiftungen dauerhaft gebundene Vermögensmassen sind, muss ihr Kapital notwendigerweise erhalten bleiben. Die Ziele der Stiftung können nur dann auf Dauer betrieben werden, wenn das Vermögen der Stiftung, das die hierfür erforderlichen Erträge abwirft, erhalten bleibt. Dies hat für die Unternehmensbeteiligung, die den wesentlichen Teil des Vermögens ausmacht, zur Folge, dass diese nicht veräußert werden darf. Da das Unternehmen grundsätzlich nur "dem Werte nach" zu erhalten ist, nicht jedoch in seiner konkreten Zusammensetzung, empfiehlt sich zusätzlich die Festlegung der Unveräußerlichkeit der Unternehmensanteile in der Satzung.

Diese Werterhaltungspflicht stellt Stiftungen oftmals vor Probleme, da sie ihre Vermögenserträge zu diesem Zweck nicht beliebig lang ansammeln dürfen, sondern sie in naher Zukunft verbrauchen müssen. Die Stiftung befindet sich daher stets in einem Zwiespalt zwischen Vermögenserhalt und Ertragsverwendung. Hier muss eine individuelle Lösung gefunden werden. Gemeinnützige Stiftungen dürfen zum Ziel der Vermögenserhaltung höchstens 33 % ihrer Kapitalerträge wieder anlegen, also dem nicht zum Verbrauch bestimmten Stiftungsvermögen zuführen.

Das Unternehmen bleibt somit der Familie erhalten; nicht jedoch als veräußerliches Vermögen, sondern als dauerhafte Einkunftsquelle. Familienmitglieder können daher nicht durch den Verkauf ihrer Unternehmensanteile "Kasse machen". Durch die familieninterne Besetzung des Stiftungsvorstands kann der Stifter, bei entsprechender Stiftungskonstruktion (beispielsweise über eine Stiftung & Co. KG, bei der der Stiftung als persönlich haftendem Gesellschafter die Geschäftsführung der KG obliegt) den Familieneinfluss auf das Unternehmen sichern. Daneben kann der Stifter durch die Aufnahme entsprechender Verhaltensvorgaben und der identitätsprägenden Unternehmensgrundsätze in der Stiftungssatzung auch bei der Bestellung eines Familienexternen in den Stiftungsvorstand entscheidenden Einfluss auf die künftige Unternehmensführung nehmen. Die Stiftungskonstruktion bietet sich damit nicht nur dann an, wenn kein williger, kein geeigneter oder überhaupt kein Nachfolger vorhanden oder die Nachfolge noch unsicher ist, sondern auch wenn ein Nachfolger auf die künftige Führungsposition erst noch vorbereitet werden soll. Dem Unternehmer verbleibt so die Wahl zwischen einer familieninternen und einer familienexternen Unternehmensnachfolge, die auch dann noch problemlos zu ändern ist, wenn sich eine Nachfolgevariante als nicht tragfähig erweist. Die Stiftungskonstruktion wird folglich durch ein hohes Maß an Planbarkeit gekennzeichnet. Angesichts der Tatsache, dass etwa 10 % aller Insolvenzen europaweit auf eine fehlende oder unzureichende Nachfolgeplanung zurückzuführen sind, ist dies ein kaum zu unterschätzender Vorteil. Nahezu ideal gestaltet sich überdies die Haftungsverfassung, da grundsätzlich nur das Stiftungsvermögen, nicht jedoch einzelne Familienmitglieder persönlich haften.

Der Unternehmer möchte neben dem Aspekt der Unternehmenskontinuität in der Regel sichergestellt wissen, dass mit dem Fortbestand des Unternehmens zugleich die Versorgungsbedürfnisse seiner nahen Angehörigen gedeckt werden. Dazu kann er diese zu den Nutznießern der Stiftungserträge ("Destinatären) erklären. Man spricht dann von einer Faqmilienstiftung. Die Nachfolgeregelung über eine Stiftung zielt also nicht nur auf den Erhalt des im Unternehmen gebundenen Familienvermögens ab, sondern kann daneben über die Gewinne des Unternehmens die Versorgungsbedürfnisse der Familie befriedigen. Hier zeigt sich aber auch, dass die Stiftung keine Lösung für unrentable oder rote Zahlen schreibende Unternehmen ist.
Besonderheiten können sich dagegen hinsichtlich der Kapitalbeschaffung ergeben. Da die Stiftung eine mitgliederlose Vermögensmasse ist, kann sie sich nicht durch die Aufnahme neuer Gesellschafter neues Eigenkapital beschaffen. Der Stiftung stehen jedoch, wenn sie selbst das Unternehmen nicht betreibt, alle Finanzierungsmöglichkeiten des jeweiligen Unternehmensträger zur Verfügung. Daneben kann sie - allerdings in nur begrenztem Umfang- Rücklagen bilden oder Unternehmensteile ausgliedern.

Ein weiterer Vorteil, den eine Stiftungsnachfolgelösung mit sich bringt, ist der Erhalt von Liquidität im Familienunternehmen. Dieses wird vor der Zersplitterung in verschiedene Gesellschaftsanteile infolge des Todes des Unternehmensgründers bewahrt und Erbstreitigkeiten vermieden. Der Entzug von Liquidität durch die Kündigung einzelner Gesellschafter ist demnach nicht möglich. Dagegen bietet die alternativ denkbare Möglichkeit der Anordnung der Testamentsvollstreckung keinen vergleichbaren Schutz, da diese höchstens 30 Jahre andauert. Mit der Errichtung einer Stiftung werden jedoch Pflichtteilsansprüche nicht ausgeschlossen, sofern nicht 10 Jahre seit der Vermögensübertragung vergangen sind.

Der Stifter kann der Stiftung einen privatnützigen oder einen gemeinnützigen Stiftungszweck geben. Eine Stiftung ist also nicht per se gemeinnützig. Typischer Fall der privatnützigen Stiftung ist die Familienstiftung. Die gemeinnützige Stiftung fördert dagegen Interessen der Allgemeinheit auf verschiedenen Gebieten, wie etwa der Kultur, des Sports oder des Sozialen. Denkbar ist auch, beide Zielrichtungen miteinander zu verbinden. Nur der Stiftung, die gemeinnützige Ziele verfolgt, werden Steuerbefreiungen und -erleichterungen (insbesondere hinsichtlich der Erbschaftssteuer, Schenkungssteuer und der Körperschaftssteuer) gewährt. Eine Stiftung ist gemeinnützig, wenn sie ausschließlich und unmittelbar nur gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt. Eine optimale Ausschöpfung der steuerrechtlichen Vorteile kann sich auch durch die Gründung einer Doppelstiftung ergeben, bei der beide Stiftungsarten miteinander kombiniert werden. Auch eine unternehmensverbundene Familienstiftung kann gemeinnützig sein, sofern zur Versorgung der Familie nicht mehr als ein Drittel der Stiftungseinkünfte verwendet werden. Die Abgabe von zwei Dritteln des Stiftungsertrags an das Gemeinwohl können per saldo langfristig günstiger sein, als die Gesamtsteuerbelastung einer nicht gemeinnützigen Stiftung.

Steuerliche Vorteile allein können die Errichtung einer Stiftung jedoch selten rechtfertigen. Dahinter steht oftmals auch die besondere gesellschaftliche Verantwortung des stiftenden Unternehmers. Persönlichkeiten, die über Jahrzehnte ein gewinnorientiertes Unternehmen aufgebaut haben, sind dabei wie kein anderer dazu prädestiniert, auch ideell orientierte Projekte erfolgreich zu führen und gesellschaftliche Herausforderungen zu meistern.

Der Autor ist Doktorant der Rechtswissenschaften an der Universität Würzburg, am Lehrstuhl von Prof. Dr. Schwarz. Die Promotionsarbeit, aus deren Bearbeitung der obige Artikel als Teil eines Aufsatzes für eine juristische Fachzeitschrift hervorgegangen ist, beschäftigt sich mit den rechtlichen Konstruktionen von Stiftungen, besonders im Hinblick auf die Änderungen des Stiftungsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch.

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