Campi´s Corner: Medienkritik
von Thomas Badtke

Moin,

wer einmal Engdahl gelesen hat, der kennt den Ausdruck von den "immer kritischen Medien". Das die heutige Medienlandschaft sich immer mehr daran macht, den Zynismus in diesem Ausspruch zu bestätigen, spricht nicht unbedingt für sie. Geschweige denn für uns, die informationshungrigen Konsumenten. Wenn man heute den Fernseher einschaltet und von Talkshow zu Talkshow zappt, zwischen diversesten Gerichtsshows bis zu einer unter "medizinischen Gesichtspunkten" geführten Quasi-Aufklärungsshow von und mit Frau Dr. Breitenbach wählen kann, muss man sich doch die Frage stellen, ob Engdahl seiner Zeit nicht weit voraus und dazu noch ein Sarkast war.

Aber auch die Medien hat die Rezession in ihrem sich immer enger schließendem Würgegriff. Egal, ob man nun die bankrotte Kirch Holding nimmt, oder die kaum weniger gesunde SZ-Gruppe. Nicht einmal vor der investigativen Spitze der überregionalen Tageszeitungen macht der Abschwung halt, denn selbst die FAZ muss erneut Verluste melden. Der Renommierverlag, der zu Beginn der neunziger Jahre des letzten Jahrtausends, also schon vor geraumer Zeit, in die roten Zahlen gerutscht war (natürlich wegen Ost-Investitionen), meldete für das Jahr 2001 einen um 11% gesunkenen Umsatz von 723 Mio. Euro und einen Verlust von immerhin 28,7 Mio. Euro.

Klar, die Zahlen des FAZ-Verlages sind nur sehr bedingt vergleichbar mit denen des ehemaligen europäischen Medienimperiums des Münchners Leo Kirch. Hier wurden zeitweise dreistellige Millionenbeträge pro Monat verbrannt, Trotzdem sollte dem Leser bzw. Zuschauer die Misere in der Medienbranche nicht kalt lassen. Schlechte Zahlen eingebettet in ein katastrophales Marktumfeld führen meist zu drastischen gesellschaftlichen Veränderungen. Dem Latenight-Talker Schmidt vom "powered by emotion" Sender Sat1 entging nicht, dass die ehemals zu Kirch Media gehörende Pro Sieben Sat1 Media-Gruppe nunmehr zum Bauer-Verlag gehört. Der einstige deutsche Fußballgott Netzer holte sich aus einer sicheren Abwehr heraus mit einem französischen Ex-adidas-Angreifer den Zuschlag für die ebenfalls ehemals zur Kirch Media gehörende Kirch Sport-Gruppe. Im Klartext bedeutet dies: die Übertragungsrechte der Fußball-WM 2006 in Deutschland und die Übertragungsrechte sind gesichert. Das meldeten zumindest die Medien. Übrig blieb bis jetzt aus der Kirch Media-Tochter einzig und allein die Filmrechte-Sparte. Das Lager umfasst etwa 12.000 Spielfilme und 40.000 Serienstunden.

Man sieht, es ist Bewegung in die deutsche Medienlandschaft gekommen seit Kirch seinen Lebenstraum ad acta legen musste, weil eine gezogene Put-Option des Axel Springer Verlages (kurz: ASV, bitte nicht mit ArmeeSportVerein verwechseln) von dem Münchner Löwen nicht mehr so ohne weiteres bezahlt werden konnte. Mehr als 700 Mio. Euro sind ja auch kein Pappenstiel. Da auch die deutsche Vorzeigebank mit selbigen Namen dem in die Jahre gekommenen Herrn Kirch, dessen Hausbank sie u.a. auch war, mehr Knüppel in den Weg warf, statt diesen für ihn frei zu räumen, war die größte deutsche Firmenpleite in der Nachkriegsgeschichte perfekt. Tausende von Arbeitslosen strömten zu den zuständigen Ämtern und halfen damit nicht unbedingt bei der Erreichung des Kanzlerziels die Quote der Arbeitslosen zu senken. Medien machen Politik.

Die deutsche Medienlandschaft sollte neu geordnet werden. Ein einheimischer Big Player wurde dafür von den Banken geopfert oder besser gesagt ans Messer der ausländischen Investmentbanken geliefert. Bei denen zählt seit jeher nur der knallharte Profit. Einzelschicksale, selbst wenn es deren Tausender sind, zählen für sie nicht. Einzig das angloamerikanisch und neoliberal hochgelobte Shareholder Value ist entscheidend.

Die Ruhe in der einheimischen Medienszene begann sich drastisch schnell in eine noch nie da gewesene Umbruchsstimmung umzuschlagen. Aber trotzdem hatte die Deutschland AG die Zügel noch nicht vollends aus der Hand gegeben. Als der Name des australischen Medienzar Rupert Murdoch in den Gazetten auftauchte, konnte man den Aufschrei nicht überhören. Ebensowenig konnte man sich einen italienischen Ministerpräsidenten Berlusconi als Statthalter von mehreren deutschen TV-Anstalten oder gar Europs Boulevard-Blatt Nummer Eins "Bild" vorstellen. Auch wenn er in Italien, einer echten Hochburg der Demokratie, vergleichbar beispielsweise mit den Vereinigten Staaten, über eine Omnipräsenz in den Medien verfügt. Die Gerüchteküche begann nicht zu brodeln, sie kochte über. Von Mafiaverbindungen war da die Rede. Ja bis hin zum Führer der geheimen "Freimaurer-Loge" P2 (propaganda due) wurde er gemacht.

Kirch Pay TV, eine andere Tochter der Kirch Holding fand ebenso wenig einen Käufer wie die Kirch Media. Nachdem letztere jetzt quasi abgewickelt ist und erstere mit dem ehemaligen Pro7-Chef Kofler an der Spitze des Top-Verlustbringers Premiere gefährlich nahe an der schwarzen Null ist, sollte doch nun eigentlich wieder Ruhe einkehren in Deutschlands Medienzunft. Aber die Verlage scheinen sich dagegen zu sträuben. Es vergeht kaum eine Woche, in der die westfälische WAZ-Gruppe nicht mit einem anderen notleidenden Verlag in Verbindung gebracht wird. Vom Kauf des Kirch´schen Springer-Anteiles, an dem die WAZ bereits mehrere Male Interesse zeigte, war die Rede. Am notleidenden SZ-Verlag, dem Jahreszeitenverlag ("Für Sie") oder gar am SPD-Verlagsimperium DDVG war man "ganz nah" dran. Zumindest beim letzten Vertreter hätte man dank des "1/4-Geschäftsführers" Bodo Hombach zuschlagen können oder müssen. Es kam wie es kommen musste: Nichts passierte. Alles bleibt wie gehabt. Sieht man einmal von der Erhöhung des Kaufpreises für das wöchentlich erscheinende Augsteinsche Ur-Magazin "Der Spiegel" auf drei Euro ab.

Rupert Murdoch kümmert sich immer noch um die britische, australische und amerikanische Boulevardpresse, seine Fernsehkette Fox und seine Filmstudios. Das Aufatmen ist weithin hörbar. Berlusconi samt Fininvest, ob nun ohne oder mit Verbindungen in die Unterwelt, kann diese, soweit vorhanden, auch weiterhin zum Großteil nur in Italien ausspielen. Und die Banken aus dem angelsächsischen Raum bleibt die Tür in die deutsche Medienlandschaft weiterhin verschlossen. Alles bleibt wie gehabt. Wenn da der Spielverderber, die allgemeine schlechte weltwirtschaftliche Lage nicht wäre. Sollte der schon seit geraumer Zeit von den Medien herbeigesehnte Aufschwung nämlich nicht kommen oder sich erst viel später auf den Weg machen, käme das dicke Ende, realistisch betrachtet, erst noch. Die FAZ hat noch Geld um die nächsten zwei Jahre überbrücken zu können. Veränderungen müssen aber auch hier vorgenommen werden. Für den SZ-Verlag käme der Schlussgong allerdings bedeutend früher, wenn man sich nicht Gedanken über das bisherige Geschäftsmodell macht. So gesehen könnte es wirklich bald rappeln. Denn die Chance einen Fuß in die Tür mit der Aufschrift "Deutschlands Medienbranche" zu bekommen, und damit den Zutritt zur politischen Macht zu bekommen, war noch nie so groß, wie heute. Denn auch die bis dato als "Beschützer" zur Seite stehende deutsche Hochfinanz kränkelt gar arg und hat mit hausgemachten Sorgen zu kämpfen. Insofern ist vieles möglich. Der Leser oder Zuschauer erfährt es als Letzter, oder aber aus erster Hand mit Kommentar versehen, wie letztens bei Harald Schmidt geschehen. Vollendete Tatsachen lassen sich halt besser verkraften und verarbeiten sich leichter. Und wen interessiert es schon wirklich, wer in Zukunft die Fäden der medialen deutschen Zukunft in den Händen hält. Die Meldungen, wann wer was kauft, bekommt man überall, aber das Hintergrundwissen oder besser gesagt das Warum muss man sich noch selbst erarbeiten. "Immer kritische Medien" gibt es nicht oder kaum. Vielleicht ist das ein oder andere Wochenmagazin oder -zeitschrift da eine löbliche Ausnahme. Vielleicht sind die zwei bis drei wöchentlichen "kritisch-investigativen" Reportagen im Fernsehen ausreichend. Das bleibt jedem selbst überlassen. Zum kritischen Studium für alle Wirtschaftsinteressierten sei daher auf Engdahl verwiesen. Manche Dinge erkennt man sofort, manche erschließen sich einem erst beim zweiten Hinsehen. Fast wie bei den Medien......

Ciao, Euer Campi

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