Moin,
es
ist fünf vor zwölf. Das Ultimatum, das die Anglo-Amerikaner
mit Hilfe der UN an den Irak gestellt haben, läuft ab. Fieberhaft
wird weltweit abgewogen. Hat der Irak die UN-Resolution 1441 zur
vollsten Zufriedenheit, vor allem der amerikanischen Neokolonialisten,
erfüllt oder findet man doch noch eine Kleinigkeit, die für
einen UN-abgesicherten Krieg gegen den Irak spräche? Wir werden
es sehen. Wir sitzen live dabei, sozusagen in der ersten Reihe.
Das Vorgeplänkel hat bereits begonnen. Die Pflicht wurde absolviert,
jetzt folgt die Kür. Die Gemüter kochen hoch. Noch einmal
bestärken die Protagonisten der Deutschen Bundesregierung ihr
klares Nein zu einem Krieg. Sowohl der Bundeskanzler,
als auch der Außenminister stehen in dieser Frage eng zusammen.
Und das Volk steht hinter ihnen. Umfragen belegen dies. Im ZDFtext
stimmen 77 Prozent gegen einen Krieg, sogar 59 Prozent sprechen
sich bei einem UN-Mandat gegen den Krieg aus. Sage und schreibe
75 Prozent der Bevölkerung aus den neuen Bundesländern
sind gegen einen Krieg gegen den Irak.
So
weit, so gut. Der Kanzler müsste also hochzufrieden sein. Ebenso
wie seine Wähler. Denkste. Bei den anstehenden Landtagswahlen
in Hessen und Niedersachsen weist die SPD laut Umfragen der Mannheimer
Forschungsgruppe Wahlen desaströse Werte auf. Sowohl in Hessen
(von 39,4 Prozent auf 32 Prozent) als auch in Niedersachsen (von
47,9 Prozent auf 37 Prozent) büßte die SPD enorm ein.
Hessens amtierender Ministerpräsident und nach Möllemanns
Abgang Deutschlands Vorzeigepopulist Koch kann sogar von einer Alleinregierung
träumen. Und sein SPD-Pendant, wenn es darum geht einen zukünftigen
Bundeskanzlerkandidat zu stellen, Sigmar Gabriel, wird gegen einen
0815-Weichspüler-Politiker verlieren, mit Namen Wulff. Wie
passt das zusammen? Die Bundestagswahl hatte Gerd doch im Endeffekt
nur gewonnen, weil er ein klares Nein zum Irak-Krieg
hatte verlautbaren lassen. Und daran hält er heute noch fest.
Egal wie hart die Schelte auch ist, die er dafür von allen
Seiten einstecken muss. Die deutsch-amerikanische Freundschaft sei
daran sogar zerbrochen. Unwiederbringlich, meinen CDU/CSU-Altvordere.
Bis zur nächsten Wahl. Aber die Frage muss gestellt werden:
Ist es nicht besser, gegen einen Krieg zu stimmen, in dem es nur
um Öl und Neokolonialismus geht? Das meint zumindest ein Großteil
der deutschen Bevölkerung. Und nicht nur hier im Lande stehen
die Zeichen auf Sturm, wenn es um ein pro-war geht.
Auch in der Heimstatt des Ölclans Bush sieht man es mittlerweile
genauso. Na gut, ähnlich. Aber auch dort ist die politische
Situation verschroben. Während der amerikanische Präsident
George W. Bush über eine positive Popularität und Zustimmungswerte
weit über 50 Prozent verfügt, er sogar quasi eine republikanische
Alleinregierung sein Eigen nennen kann und seine Partei
den Ring der letzten Senatswahlen als einstimmiger Sieger nach Punkten
verlassen hat, ist das Bild in Deutschland umgekehrt. Negative Stimmung
allenthalben.
Also,
was nun? Der UN-Sicherheitsrat und der Chefwaffeninspekteur Blix
werden bald die Ergebnisse ihrer ersten Durchsuchung des Irak veröffentlichen.
Aber schon im Vorfeld war zu vernehmen, dass man mit dem Irak und
seinem Führer nicht einverstanden sei. Er habe nicht so gearbeitet,
wie man das erwartet habe. Im Klartext: Hussein hat die Karten über
seine angeblichen Massenvernichtungswaffen nicht vollständig
auf den anglo-amerikanischen Tisch gelegt. Der Irakkrieg ist also
beschlossene Sache. Es geht nunmehr nur noch um das wann und Wie.
Das Warum ist zwar nicht geklärt, aber die Bevölkerung
in der westlichen Welt wurde in den letzten Wochen und Monaten medientechnisch
bombardiert und auf Linie gebracht. Es wurde einmal groß demonstriert,
in vielen Städten der Welt. Mehr hat man zumindest nicht im
Fernsehen gesehen.
Was
mag danach kommen? Nach dem Irak-Krieg?! Auf der Achse-des-Bösen
befinden sich dann ja noch Iran und Nordkorea. Letztere verfügen
über Atomwaffen, wenn auch nur über zwei Stück. Allerhöchstens.
Und eben den lieben Führer Kim Yong-Il. Der Iran
nennt dafür Erdöl, Erdgas und weitere Bodenschätze
sein Eigen. Das macht die Sache für George W. Bush natürlich
um vieles einfacher. Wären da nicht die US-Präsidentschaftswahlen
2004. Aber statt dem Iran könnte man ja auch mal zur Abwechslung
einen Wirtschaftskrieg führen. Am besten gegen die Abtrünnigen
Franzosen und Deutschen, gegen das alte Europa, wie
der amerikanische Philosoph, Schöngeist und Verteidigungsminister
Rumsfeld, erst kürzlich ausführte. Bei der WTO hat man
ja bereits eine Klage gegen die EU eingereicht. Weil die einfach
so mir nichts, dir nichts, die genmanipulierten Lebensmittel, neudeutsch
Gentech-Food, der amerikanischen Agrarwirtschaft nicht
einführen lassen wollen. Nein, die wollen doch tatsächlich
schärfere Bestimmungen zur Kennzeichnung der Produkte haben.
Ja ist das denn zu glauben? Was erlaube sich Struuunz...oder so
ähnlich. An das Stahl-Tohuwabohu des letzten Jahres können
sich die meisten sicher auch noch erinnern.
Zum
Glück haben wir ja die Amerikaner. Meinen sie zumindest. Die
halten sich ja strikt an Verträge. Siehe Kyoto, ABM-Vertrag,
Weltgerichtshof etc. pp. Jüngst konnte man sogar lesen, dass
wir doch eigentlich dankbar sein sollten, weil die Amerikaner das
deutsche Volk vom Nazi-Terror befreit hat. Da müsse man doch
ein wenig Dankbarkeit verlangen dürfen. Wahrscheinlich sollen
wir uns von den Briten eine Scheibe abschneiden, die zu allem Ja
und Amen sagen. Aber auch da weicht die Bevölkerungsmeinung
von der herrschenden Meinung des Herrn Blair ab. Zwei Drittel der
britischen Bevölkerung sind gegen einen Krieg gegen den Irak.
Andererseits waren mehrere Tausend Schaulustige im Hafen zu Portsmouth,
als das größte britische Kriegsschiff gen Persischen
Golf aufgebrochen ist. Macht das Inselleben etwa schizophren? Oder
sind wir Deutschen einfach nur undankbar, weil wir zur Abwechslung
mal sagen, was uns stinkt? Auch wenn es nur aus parteipolitischem
Kalkül zu kommen scheint, das Nein der Bundesregierung
zu einem Irak-Krieg.
Harren
wir also erst einmal weiter der Dinge, die da kommen mögen.
Und zwar schon bald. Sie wissen ja, es ist fünf vor Zwölf.
Der Sicherheitsrat muss eine Lösung finden, sonst klirren die
Säbel der irakischen Armee gegen amerikanischen Panzerstahl,
überspitzt ausgedrückt. Es könnten auch irakische
Elitesoldaten mit Chemiewaffen sein, die gegen die Amerikaner kämpfen
werden. Das meint zumindest die im Ausland auf ihre Gunst der Stunde
wartende irakische Opposition. Angeblich hat sie von hochrangigen
Militärs der Irakis diese Informationen gesteckt bekommen und
sie brav an die britische BBC weitergeleitet. Vor dem 5. Februar
wird wohl nichts passieren. An diesem Tag wird der UN-Chefinspekteur
Blix nach Berlin kommen um mit Bundeskanzler Schröder und Außenminister
Fischer Gespräche über mögliche weitere Entwicklungen
in der Irak-Frage zu führen. Bis dahin muss die Bundeswehr
nur die 95 Kasernen und Einrichtungen der Amerikaner in Deutschland
bewachen. Vorgesehen dafür sind immerhin 2600 Soldaten. Streifengänge
und Einlasskontrollen stehen ganz oben auf der Arbeitsliste. Man
könnte das natürlich noch ausbauen. Mit mehr als vier
Millionen Arbeitlosen könnten wir entweder einen riesigen Wachschutz
aufbauen, unsere Patriot-Abwehrraketen haben wir ja
auch schon verborgt, oder wir bauen gleich eine riesige
Armee auf und mischen selber mit im weltpolitischen Schachspiel
um das Öl. Früher als Great Game bekannt.
Das hätte mehrere positive Aspekte. Es gäbe keine Arbeitslosigkeit,
Kanzler Schröder und seine Landesfürsten könnten
Alleinregierungen notfalls mit Waffengewalt durchdrücken und
die Welt fürchtet uns wieder. So wie heute die Amerikaner.
Und statt des Unwort des Jahres Ich-AG wäre es
dann Anti-Deutschlandismus. Wäre das was? Aber
entscheiden sie sich schnell. Es ist wie gesagt: fünf vor zwölf.
Ciao,
Euer Campi
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