Moin,
falls
Sie noch stehen, setzen Sie sich bitte hin! Ihr Herz und Ihr Hausarzt
werden es Ihnen danken.
Gestern las ich folgende Meldung: Goldpreis auf neuem Rekordhoch:
Feinunze kostet jetzt 835 US-Dollar.Na, es war doch besser,
dass Sie sich gesetzt haben, oder? Die Meldung stammt nicht von
gestern, aber so oder ähnlich könnte sie am 18. Januar
1980 gelautet haben, als das Goldfixing in London den bis heute
geltenden Höchststand von 835 US-Dollar je Feinunze erreichte.
Von diesem Gesichtspunkt gesehen, befindet sich der Preis heute
regelrecht im Keller. Lediglich knapp 390 US-Dollar muss man heute
für die Feinunze auf den Tisch legen. Peanuts. Auch der Anstieg
um knapp 140 US-Dollar auf das heutige Niveau innerhalb von achtzehn
Monaten ist im Vergleich zum Anstieg des Goldpreises im Zeitraum
von 1970 (35 US-Dollar) auf das Niveau der Anfangsachtziger, mit
einem Wort: lächerlich.
Doch
schon tauchen die ersten warnenden Stimmen aus Expertenkreisen auf,
die da meinen, dass der Goldpreis genauso schnell fallen kann, wie
er jüngst gestiegen ist. Wobei schnell hier relativ ist. Doch
die derzeitig vorherrschende labile, spekulative Panikstimmung ist
manchem Händler völlig unbekannt. Langgediente Makler
an der Tokioter Warenterminbörse TOCOM berichteten unlängst,
dass sie so etwas noch nie erlebt hätten. Gemeint war der globale
Ansturm auf Gold Anfang diesen Monats. Angefacht von den nicht überschaubaren
Konsequenzen eines eventuellen Irak-Krieges und das damit einhergehende
Abrutschen in eine Weltwirtschaftskrise, die die größte
seit mehreren Generationen werden könnte, brach der Umsatz
an der TOCOM sämtliche bis dahin geltende historische Rekorde.
Am Montag, den 3. Februar meldete man einen Rekord von 693.000 gehandelten
Kontrakten, einen Tag später lag die Höchststand bereits
bei 737.000 Kontrakten und am Tag der Rede des US-Außenministers
Powell vor dem UN-Sicherheitsausschuss (5. Februar) setzte die TOCOM
sagenhafte 1,04 Millionen Kontrakte um. Der Großteil davon
hatte das Edelmetall Gold zum Inhalt. Knapp ein Jahr zuvor, am 7.
Februar, markierte der Handel mit Goldkontrakten einen bisherigen
Rekord von 341 Tonnen. Die Angst einer bevorstehenden Kernschmelze
des japanischen Banken- und Finanzsektors trieb die gehandelte Goldmenge
in die Höhe. Doch auch dieser Rekord wurde jetzt ad acta gelegt.
Und das mit Leichtigkeit. Der 3. Februar verzeichnete noch Kontrakte
mit 254 Tonnen als Inhalt. Bereits einen Tag danach kletterte der
Wert auf 294 Tonnen. Richtig ab ging die gehandelte Gold-Menge dann
am Powell-Tag: 525 Tonnen. Händler sprachen vom
schieren Wahnsinn und beispiellosen, noch nie
dagewesenen Vorgängen.
Aber nicht nur in Japan steht Gold hoch im Kurs. In Indien, dem
weltweit größtem Käufer von physischem Gold, fand
ein regelrechter Kaufrausch statt, der letzten Endes dazu führte,
dass der Goldpreis gemessen in Rupien auf dem höchstem Stand
aller Zeiten war.
An
der New Yorker Warenterminbörse dasselbe Bild. An nur zwei
aufeinanderfolgenden Tagen stieg der Preis je Feinunze um 16 US-Dollar
und lag nur noch knapp unter der 390 US-Dollar-Marke. Im frühmorgendlichen
asiatischen Handel wurde diese Marke dann tags drauf übertroffen.
Damit befindet sich der Goldpreis auf dem höchstem Niveau seit
September 1996. Nebenbei erklomm der Platinpreis mit 704 US-Dollar
am 4. Februar einen Wert, den er zuvor das letzte Mal vor 23 Jahren
erreichte.
Die
alles entscheidende Frage ist nun: Was tun? Noch einsteigen oder
doch lieber Finger weg bevor man sie sich verbrennt?
Von
der charttechnischen Seite aus betrachtet, befindet sich Gold seit
1988 in einem immer noch intakten Abwärtstrend, der nur durch
einen kurzen Anstieg 1993 unterbrochen wurde. Ein leichter Seitwärtstrend
bildete sich, der aber letzen Endes doch nicht hielt. Der Goldpreis
sank auf das Niveau um 250 US-Dollar je Feinunze. Auch hier wurde
der Versuch gestartet, aus diesem Trend auszubrechen. Doch auch
beim heutigen Niveau ist noch nicht eindeutig festzustellen, wohin
die Reise geht. Erst bei Werten von mehr als 400 US-Dollar, die
auch über einen längeren Zeitraum anfallen müssten,
könnte von einem Bruch des Abwärtstrendkanals gesprochen
werden. Aber auch dann sollte man einen Stoppkurs im Bereich von
350 US-Dollar setzen. Analysten und Börsenkenner rechnen in
diesem Jahr mit dem Bruch der 400er Marke. Langfristig betrachtet
wäre dann der Weg gen 500 US-Dollar je Feinunze frei. Allerdings
sollte man bedenken, dass die derzeitigen Kurse mehr oder weniger
nur durch zwei Dinge getragen werden. Zum einen von der Angst eines
Irak-Krieges und zum anderen von der derzeitigen Abwertung des US-Dollar.
Letzteres ist das Produkt einer Erhöhung der Geldmenge der
Weltreservewährung Nummer Eins durch die amerikanische Notenbank
und der damit einhergehenden niedrigsten kurzfristigen Zinsrate
seit 40 Jahren. Vergleicht man den US-Dollar jetzt nicht mit dem
Euro oder dem Yen, sondern mit dem Goldpreis, passiert folgendes:
Während man für 100 US-Dollar Papiergeld im Frühjahr
2001 noch rund 12 Gramm Gold kaufen konnte, reicht dieselbe Geldmenge
heute nur noch zum Kauf von ca. 8 Gramm Gold. 50 Prozent Abwertung
immerhin.
Folgt
man zudem der bisherigen Vergangenheit, in der sich zeigte, dass
der Goldpreis stieg, wenn ein Problem anstand, aber sofort wieder
fiel, wenn das Problem gelöst war, könnte der Höchststand
bereits erreicht worden sein, als Powell seine Rede vor dem UN-Sicherheitsausschuss
gehalten hat. Rhona O´Donnell vom World Gold Council in London
sieht einen Goldpreis im Bereich von 330 bis 345 US-Dollar, wenn
der Irak-Krieg kurz ist oder gar nicht zustande kommt. Zudem sollte
mittelfristig der Goldverbrauch, dank der weltwirtschaftlich konjunkturellen
Schwäche, zurückgehen. Charttechnisch sollte erst einmal
eine Erholung nach unten anstehen, wenn die 400er Marke nicht nachhaltig
geknackt wird. Auch Johann Saiger rechnet kurzfristig mit diesem
Szenario. Er st Herausgeber des Goldbrief und Goldminenspiegel.
In den kommenden zehn Jahren allerdings, rechnet er mit einem Goldpreis
von 3.000 bis 5.000 US-Dollar je Feinunze. Auf lange Sicht lohnt
sich also ein Einstieg. Aber das ist ja fast überall der Fall.
Aufpassen
muss man, nach Saigers Meinung nur, wenn man auf Goldminenaktien
setzt. Diese reagieren mit einem großen Hebel auf die Ausschläge
beim Goldpreis. Den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, sei hier dringend
erforderlich. Positiv dagegen ist zu bemerken, dass manche
Goldminenbetreiber ihr Gold derzeit vom Markt zurückhalten,
weil sie mit noch höheren Preisen rechnen.
Wer
in Gold investieren will, allen Unkenrufen, Expertenmeinungen und
Analystenaussagen zum Trotz, der sollte sich die Süddeutsche
Zeitung vom Sonnabend/Sonntag 18./19. Januar 2003 besorgen.
Hier werden Fonds, Zertifikate und Aktien zum Thema Gold näher
beleuchtet. Interessant erscheinen mir die beiden Fonds AIG Equity
Fund Gold (WKN:972376) und Mercury Selected Trust World Gold &
Mining Fund (WKN:974119). Beide investieren hauptsächlich in
Aktien und erhielten fünf Sterne im Rating von Morningstar.
Zudem erreichten sie knapp 100 Prozent Performance in 12 Monaten.
Bei den Zertifikaten erscheint das ABN Amro am interessantesten.
Die WKN ist 687480. Als Basis dient der Amex Gold Bugs. Es verfügt
über eine open-end-Laufzeit und erreichte seit
der Auflegung im Juli 2001 immerhin rund 90 Prozent Zuwachs. Bei
den Goldminenaktien sticht die Harmony Gold Mining heraus (WKN:864439).
Das südafrikanische Unternehmen verzeichnete eine Aktienperformance
von 96 Prozent (12 Monate), 303 Prozent (36 Monate) und 628 Prozent
(60 Monate). Der Goldpreis lag als Vergleichsgrundlage der SZ
damals bei 357 US-Dollar.
Es
könnte uns also im wahrsten Sinne des Wortes ein goldenes
Zeitalter bevorstehen...Aber immer dran denken: Es ist nicht
alles Gold was glänzt.
Ciao,
Euer Campi
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