Campis Corner: Ruhe vor dem Sturm
von Thomas Badtke

Moin,

die vergangene Woche gehörte eher zu den ruhigen, wenn man sich das Welt- und Wirtschaftsgeschehen betrachtet. Im Irak-Konflikt gibt es nicht neues außer, dass sich unsere CDU-Vorzeigefrau Angela Merkel in einem Interview der „Washington Post“ gegen den von der Bundesregierung bisher eingeschlagenen Weg der „Kriegsverweigerung“ wendete und sich auf die bisherigen guten Beziehungen ihrer Partei und der USA beruft und schon aus dieser Sachlage heraus Deutschland an der Seite der USA, sprich in der von Bush apostrophierten „Koalition der Willigen“ sieht. Empörung allenthalben. Trotzdem reist die CDU-Partei- und Fraktionsvorsitzende Merkel gen USA. Auf dem fünftägigen Trip wird sie unter anderem mit den kriegstreibenden „Falken“ Cheney und Rumsfeld sprechen. Schröder-Gegner unter sich. Das dieses Gebaren nicht ohne Kritik auskommen kann, zeigt die Reaktion der schleswig-holsteinischen Ministerpräsidentin und SPD-Genossin Heide Simonis. Sie wirft Merkel „Feigheit“ vor, da die Union ja offenbar für eine deutsche Beteiligung an einem Irak-Krieg sei, dies aber nicht offen zugebe. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Unterdessen feilt und schraubt man in der Regierung Bush an einer zweiten Resolution, die unweigerlich feststellen soll, dass der Irak die bisherige Resolution 1441 nicht erfüllt hat. Während Powell, seines Zeichens US-Außenminister von Bushs Gnaden, neuerdings immer wieder betont, dass die „Zeit für den Irak abläuft“, droht Bush der UNO indirekter und diffiziler. Die „neue“ noch nicht veröffentlichte Resolution, wahrscheinlich 1442, sei die „letzte Chance für die UNO, ihre Glaubwürdigkeit unter Beweis zu stellen“. Gut gebrüllt Löwe. Zum Kernpunkt der neu aufflammenden Diskussion sind irakische Raketen geworden. Die Iraker dürfen nur über Raketen verfügen, die eine Reichweite von 150km nicht übersteigen. Zudem dürfen sich diese nicht in der Nähe der kuwaitischen Grenze befinden. Der UN-Waffeninspekteur fand unlängst Raketen, die über die Möglichkeit verfügen, satte 190km zurückzulegen. Na wenn das mal nicht eine dieser aberwitzigen irakischen Massenvernichtungswaffen ist, die Bush ja auf Schritt und Tritt im Irak vermutet. Bis zum 1. März soll mit der Vernichtung dieser Raketen begonnen werden. Ebenso soll das Know-How und die Fabriken und Gerätschaften zur Herstellung der sogenannten „Al-Samoud 2“-Raketen der kontrollierten Zerstörung durch die UN-Waffeninspektoren anheim fallen. Beobachter und Experten rätseln nun, wie es weitergeht. Das Verhalten Husseins in diesem speziellen Fall könnte den Ausschlag über Krieg und Frieden geben, meinen sie.

Seien wir doch einmal ehrlich. Obwohl an den vergangenen Wochenenden weltweit mehr als 11 Millionen (!!!) Menschen gegen einen Krieg gegen den Irak protestiert haben, mehr als 500.000 in Berlin und nahezu 2 Millionen in London, dürfte doch wohl jedem klar sein, dass der Krieg unvermeidlich ist. Es tut zwar weh, so etwas schreiben zu müssen, aber am Ende wird es so sein. Mehr als 200.000 US-Soldaten sind bereits rund um den Golf stationiert. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein innenpolitisch angeschlagener US-Präsident Bush diese von ihm entsandten Truppen unverrichteter Dinge wieder abziehen lässt? Eine Konfetti-Parade in New York, wie damals bei seinem Vater, wäre dann wohl nur schwer vorzustellen. Erste Psychologen und Psychiater melden sich zu Wort, die meinen, dass George W. Bush es nur seinem überaus erfolgreichen Vater beweisen will. Dieser hatte zwar den Krieg am Golf 1991 als Sieger, aber die Präsidentschaftswahl kurz darauf als Verlierer verlassen. Zwei Ansatzpunkte für den Junior seinem „alten Herrn“ eins auszuwischen. Traurig nur, dass die normalen Menschen, egal ob im Irak, wo laut UNICEF-Berichten bisher 500.000 Kinder an den UN-Sanktionen gestorben sind, oder in Amerika, wo die Arbeitslosigkeit sich stetig auf die 6 Prozent-Marke zu bewegt und sich gleichzeitig immer mehr Menschen unterhalb der Armutsgrenze wiederfinden.

Auf die Argumentation des US-Präsidenten von wegen „Demokratisierung des Irak“, „Vernichtung von Massenvernichtungswaffen“ und der „Terrorbekämpfung“ bin ich ja bereits in der Serie des Investorweb „Der Irak-Konflikt“ eingegangen, trotzdem muss noch einmal erwähnt werden, dass Bush nicht vom Volk gewählt wurde, sondern vom Obersten Bundesgericht der Vereinigten Staaten zum Präsidenten erkoren wurde, dass die USA seit mehreren Jahren, ja Jahrzehnten den israelischen Terror gegen die palästinensische Bevölkerung mit jährlichen Milliarden-US-Dollar-Zahlungen unterstützt und das es die Amerikaner waren, die dem Irak zum Besitz von biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen verholfen haben, um ihn damals im Kampf gegen das iranische Mullah-Regime aufzurüsten. Neuerdings verfällt Bush mit seiner Argumentation pro Irakkrieg auch noch in „Bibel-Rhetorik“. Die USA als „gods own country“ erinnern schon stark an die früheren Kreuzzüge und an den deutschen Diktator Adolf Hitler. Damit nehmen sich nun zwei Staaten heraus, ihr Land als das „Land Gottes“ hinzustellen. Israel und Amerika. Das eine kann ohne das andere nicht existieren. Und umgekehrt.

Es könnte also eine der letzten Wochen gewesen sein, wo die Menschen noch einmal durchatmen konnten. Es gab auch wieder vereinzelt Demonstrationen für den Frieden. Aber die Gewissheit, dass sich die politische Obrigkeit von ihrem Volk abgekoppelt hat, nimmt immer klarere Züge an. Letztes und bestes Beispiel, neben Angela Merkel, ist der spanische Regierungschef Aznar, der sich gegen 91 Prozent seiner Bevölkerung stellt und neben dem Briten Tony Blair zum Chef-Vasallen der US-Amerikaner wird. Pro Bush = Pro War? Die nächsten Tage und Wochen werden es zeigen.

Ciao,
Euer Campi

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