Moin,
jüngst
machte die Bezeichnung bad bank die Runde durch den
deutschen Blätterwald. Erstmals am 15. Februar in der FAZ
am Sonntag gesichtet, konnte man sie dann auch im Focus
Money und in der Wochenzeitung Die Zeit lesen.
Ursprünglich stammen dürfte sie aus dem anglo-amerikanischen
Bereich. Jüngst in Umlauf gebracht wurde sie jedoch vom Vorstandssprecher
der Deutschen Bank, Josef Ackermann und dem Chef der Dresdner Bank,
Bernd Fahrholz. Sie ahnen vielleicht schon, was man unter einer
bad bank verstehen könnte. Bei einem relativ geheimen
Treffen der deutschen Finanzelite mit den führenden politischen
Vertretern unseres Landes im Bundeskanzleramt (sozusagen ein Bilderbergsches
Verschwörungstreffen im kleinen Rahmen), bat der Deutsche Bank-Vorstandssprecher
den deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder darum, doch eine
Auffanggesellschaft der Banken für notleidende Darlehen zu
unterstützen und diese doch auch noch teilweise mit einer Staatshaftung
auszustatten.
Faule
Kredite sollen also in einer vom Staat gedeckten Auffanggesellschaft
eingebracht werden. Der Staat soll haften, für die schlechte
Unternehmensleistung der deutschen Banken in den vergangenen Jahren.
Na, nun aber mal hallo. Da ist überall die Rede von Globalisierung
und Deregulierung in der Wirtschaft und dann so etwas. Quasi back
to the roots. Aber im Eiltempo. Sollte die bad bank
zustande kommen, wäre dies ein einmaliger Vorgang in der deutschen
Wirtschaftsgeschichte. Das die Situation ernst zu sein scheint,
erkennt man an der Teilnehmerliste des Treffens im Kanzleramt. Neben
bereits erwähntem Kanzler Schröder, waren auch der Arbeits-
und Wirtschaftsminister Clement und Finanzminister Eichel von Seiten
der Politik dabei. Die Banken wurden von Ackermann (DB), Fahrholz
(Dresdner Bank), Rampl (HVB), Brixner (DZ Bank) und Sengera (WestLB)
vertreten. Auch Spitzenvertreter der Versicherungsbranche nahmen
teil. Offizieller Titel des Treffens: Die tatsächliche
Lage von Banken und Versicherungen.
Nachdem
die Deutsche Bank hier an anderer Stelle hier in Campi´s
Corner bereits hinterleuchtet wurde, geriet unlängst
die Bank der Regionen ins Kielwasser der schlechten
Nachrichten. Die bayrische Hypo-Vereinsbank, HVB, zahlt zum ersten
Mal in ihrer Unternehmensgeschichte keine Dividende. Nun ja, das
muss noch nichts bedeuten. Aber eine aufgestockte Risikovorsorge
auf 3,8 Mrd. Euro und ein Rating von A- bei Standard
& Poor´s sollten zu Denken geben. Die Aussage von
Dieter Rampl, HVB-Vorstandssprecher, der das Jahr 2002 als das schwierigste
und schlechteste Geschäftsjahr in der Geschichte der Bank
bezeichnete, verstärken den negativen Beigeschmack eines Verlustes
im vierten Geschäftsquartal vor Steuern in Höhe von 1,1
Mrd. Euro. Auf das Gesamtjahr gesehen, lag der Verlust bei 858 Mio.
Euro nach Steuern. Die Kernkapitalquote lässt sich mit dem
Fettgehalt und dem damit einhergehenden Geschmack von Diätjoghurts
vergleichen: 5,6 Prozent. Der Aktienkurs ging, wie nicht anders
zu erwarten, auf Tauchstation. Nicht einmal zum Luft holen kam er
im letzten Jahr. Von 42 Euro im März 2002 fiel er in den einstelligen
Euro-Bereich. In den vergangenen fünf Jahren büßte
die zweitgrößte Bank in Deutschland nahezu 90 Prozent
ihrer Marktkapitalisierung ein. Mit knapp unter 6 Mrd. Euro liegt
dieser bei einem Zwölftel des Marktwertes der britischen Bank
HSBC. Und das, obwohl die HVB mit 440 Mrd. Euro Europas größter
Kreditgeber ist. Allerdings war man auch an allen großen Pleiten
in Deutschland im vergangenen Jahr beteiligt. Kirch, Fairchild Dornier,
Babcock-Borsig und Holzmann. Diese Liste liest sich wie ein Who´s
who der größten Bankrotte Deutschlands. Das Hauptstandbein
der Deutschland AG, die Banken, entpuppt sich als Hinkefuß.
Noch ein Faktotum: Selbst die Marktkapitalisierungen aller deutschen
Banken liegen zusammen genommen noch hinter HSBC und Royal Bank
of Scotland zurück. Börsentechnisch betrachtet ein Armutszeugnis.
Wie
konnte es soweit kommen?
Ende
der Neunziger Jahre unternahmen die deutschen Großbanken erhebliche
Anstrengungen, um im zur damaligen Zeit boomenden und margenstarken
Investmentbanking-Bereich zur Konkurrenz der Londoner und New Yorker
Banken aufzuschließen. Doch das weltweite Geschäft mit
Börsengängen und Übernahmen ist dank der globalen
Implosion der Aktienmarktblase nahezu zum Stillstand gekommen. Die
Pleitewelle unter den Firmen tut ihr übriges. Zwar sind alle
Banken weltweit davon betroffen, die deutschen Banken jedoch härter.
Dank der Verknüpfung mit den Unternehmen durch die Kreditbeziehungen
schlägt die Pleitewelle nun doppelt hart zurück. Im angelsächsischen
Wirtschaftsraum finanzieren sich die Unternehmen zumeist über
die Börse. Hier ist über Jahrzehnte eine Art Hausbank-Beziehung
zwischen Banken und Unternehmen entstanden. Die Verflechtung der
Banken untereinander und mit den deutschen Großunternehmen
tut ihr übriges. Neben dem Hausbanken-Prinzip ist
aber speziell den anglo-amerikanischen Banken, die hohe staatliche,
halbstaatliche und genossenschaftliche Komponente des deutschen
Bankensystems ein Dorn im Auge. Lediglich 34 Prozent des deutschen
Kreditvolumens wird von den privaten Kreditbanken getragen. Berücksichtigt
man nun nur die Großbanken liegt diese Quote sogar bei noch
geringeren 24 Prozent. Die Landesbanken übernehmen 25 Prozent,
die Sparkassen 13 Prozent, die Genossenschaftsbanken- und Zentralen
10 Prozent, die Bausparkassen 14 Prozent und die Staatsbanken à
la KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) 4 Prozent.
Fakt
ist auch, dass die Anglo-Amerikaner im deutschen Bankensektor noch
keinen Fuß in die Tür bekommen haben, wenn man von der
Citibank einmal absieht. Erst zum Ende des vergangenen Jahres startete
eine Gerüchtewelle, die die deutsche Bankenszene mit voller
Wucht treffen sollte. Lanciert wurde sie in erster Linie von amerikanischen
Investmentbanken. Ein Beispiel stellt die unbeabsichtigt
in die Medien gelangte E-Mail eines Merrill Lynch-Händlers
dar. Darin war die Rede von einer Derivatkatastrophe
bei der Commerzbank. Das Gerücht habe, laut einem Bundesbanker,
jedweder Grundlage entbehrt und nur versucht die
Bank zu diskreditieren. Betrachtet man sich nun die
Marktkapitalisierungen der deutschen Großbanken, die sich
zumeist alle auf Niveaus von vor mehreren Jahren bewegen, sieht
man, welchen Zweck diese Aktion(en) hatten. Die deutschen Banken
sind billig wie selten zu haben. Eine Übernahmewelle könnte
bevor stehen. Vielleicht soll die jüngste Aktion, die Schaffung
einer bad bank diesen Trend noch beschleunigen, könnten
sich die deutschen Großbanken doch so ihrer Leichen im Keller
entledigen und würden damit noch interessanter für ausländische
Banken. DB-Vorstandsprecher Ackermann hat sich bei seinem Amtsantritt
eine Aktienkurserhöhung auf die Fahnen geschrieben. Einfachster
und schnellster Weg: eine feindliche Übernahme.
Nach
Ackermann sollen zuerst die Kreditportefeuilles von Dresdner Bank,
Commerzbank und HVB in die bad bank ausgegliedert werden.
Die Deutsche Bank wolle sich dagegen nicht beteiligen. Wir
wollen uns nicht mit diesem Virus infizieren, so Ackermann.
Die jüngsten DB-Daten scheinen dies jedoch zu wiederlegen.
Denn auch bei der Deutschen Bank wurde das Betriebsergebnis nur
dank des Verscherbelns von Tafelsilber aufpoliert. Allerdings ist
davon nun nicht mehr all zu viel übrig. Einzig unverkäuflich
erscheint die DaimlerChrysler-Beteiligung.
Einen Schritt weiter ist bereits Bernd Fahrholz mit seiner
Dresdner Bank. Sie gründete die Institutional Restructuring
Unit (IRU), in der die ausfallgefährdeten und strategisch
unwichtigen Darlehen (in Höhe von immerhin 17 Mrd. Euro) ausgelagert
werden sollen. Insgesamt sollen in die IRU bis zu 30 Mrd. Euro an
Darlehen und Beteiligungen eingebracht werden können.
Jetzt
bleibt abzuwarten, in welche Richtung sich die Idee der Schaffung
einer bad bank weiter entwickeln wird. Aber sollte die
schlechte Bank entstehen und es zudem noch zu einem
Bankenzusammenbruch kommen, nehme ich erste Wetten an, dass bad
bank zum Unwort des Jahres 2003 gekürt wird.
Ciao,
Euer Campi
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