Campis Corner: "Bad Bank"
von Thomas Badtke

Moin,

jüngst machte die Bezeichnung „bad bank“ die Runde durch den deutschen Blätterwald. Erstmals am 15. Februar in der „FAZ am Sonntag“ gesichtet, konnte man sie dann auch im „Focus Money“ und in der Wochenzeitung „Die Zeit“ lesen. Ursprünglich stammen dürfte sie aus dem anglo-amerikanischen Bereich. Jüngst in Umlauf gebracht wurde sie jedoch vom Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Josef Ackermann und dem Chef der Dresdner Bank, Bernd Fahrholz. Sie ahnen vielleicht schon, was man unter einer „bad bank“ verstehen könnte. Bei einem relativ geheimen Treffen der deutschen Finanzelite mit den führenden politischen Vertretern unseres Landes im Bundeskanzleramt (sozusagen ein Bilderbergsches Verschwörungstreffen im kleinen Rahmen), bat der Deutsche Bank-Vorstandssprecher den deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder darum, doch eine Auffanggesellschaft der Banken für notleidende Darlehen zu unterstützen und diese doch auch noch teilweise mit einer Staatshaftung auszustatten.

„Faule Kredite“ sollen also in einer vom Staat gedeckten Auffanggesellschaft eingebracht werden. Der Staat soll haften, für die schlechte Unternehmensleistung der deutschen Banken in den vergangenen Jahren. Na, nun aber mal hallo. Da ist überall die Rede von Globalisierung und Deregulierung in der Wirtschaft und dann so etwas. Quasi „back to the roots“. Aber im Eiltempo. Sollte die „bad bank“ zustande kommen, wäre dies ein einmaliger Vorgang in der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Das die Situation ernst zu sein scheint, erkennt man an der Teilnehmerliste des Treffens im Kanzleramt. Neben bereits erwähntem Kanzler Schröder, waren auch der Arbeits- und Wirtschaftsminister Clement und Finanzminister Eichel von Seiten der Politik dabei. Die Banken wurden von Ackermann (DB), Fahrholz (Dresdner Bank), Rampl (HVB), Brixner (DZ Bank) und Sengera (WestLB) vertreten. Auch Spitzenvertreter der Versicherungsbranche nahmen teil. Offizieller Titel des Treffens: „Die tatsächliche Lage von Banken und Versicherungen“.

Nachdem die Deutsche Bank hier an anderer Stelle hier in „Campi´s Corner“ bereits hinterleuchtet wurde, geriet unlängst die „Bank der Regionen“ ins Kielwasser der schlechten Nachrichten. Die bayrische Hypo-Vereinsbank, HVB, zahlt zum ersten Mal in ihrer Unternehmensgeschichte keine Dividende. Nun ja, das muss noch nichts bedeuten. Aber eine aufgestockte Risikovorsorge auf 3,8 Mrd. Euro und ein Rating von „A-„ bei „Standard & Poor´s“ sollten zu Denken geben. Die Aussage von Dieter Rampl, HVB-Vorstandssprecher, der das Jahr 2002 als das „schwierigste und schlechteste Geschäftsjahr in der Geschichte der Bank“ bezeichnete, verstärken den negativen Beigeschmack eines Verlustes im vierten Geschäftsquartal vor Steuern in Höhe von 1,1 Mrd. Euro. Auf das Gesamtjahr gesehen, lag der Verlust bei 858 Mio. Euro nach Steuern. Die Kernkapitalquote lässt sich mit dem Fettgehalt und dem damit einhergehenden Geschmack von Diätjoghurts vergleichen: 5,6 Prozent. Der Aktienkurs ging, wie nicht anders zu erwarten, auf Tauchstation. Nicht einmal zum Luft holen kam er im letzten Jahr. Von 42 Euro im März 2002 fiel er in den einstelligen Euro-Bereich. In den vergangenen fünf Jahren büßte die zweitgrößte Bank in Deutschland nahezu 90 Prozent ihrer Marktkapitalisierung ein. Mit knapp unter 6 Mrd. Euro liegt dieser bei einem Zwölftel des Marktwertes der britischen Bank HSBC. Und das, obwohl die HVB mit 440 Mrd. Euro Europas größter Kreditgeber ist. Allerdings war man auch an allen großen Pleiten in Deutschland im vergangenen Jahr beteiligt. Kirch, Fairchild Dornier, Babcock-Borsig und Holzmann. Diese Liste liest sich wie ein „Who´s who“ der größten Bankrotte Deutschlands. Das Hauptstandbein der Deutschland AG, die Banken, entpuppt sich als Hinkefuß. Noch ein Faktotum: Selbst die Marktkapitalisierungen aller deutschen Banken liegen zusammen genommen noch hinter HSBC und Royal Bank of Scotland zurück. Börsentechnisch betrachtet ein Armutszeugnis.

Wie konnte es soweit kommen?

Ende der Neunziger Jahre unternahmen die deutschen Großbanken erhebliche Anstrengungen, um im zur damaligen Zeit boomenden und margenstarken Investmentbanking-Bereich zur Konkurrenz der Londoner und New Yorker Banken aufzuschließen. Doch das weltweite Geschäft mit Börsengängen und Übernahmen ist dank der globalen Implosion der Aktienmarktblase nahezu zum Stillstand gekommen. Die Pleitewelle unter den Firmen tut ihr übriges. Zwar sind alle Banken weltweit davon betroffen, die deutschen Banken jedoch härter. Dank der Verknüpfung mit den Unternehmen durch die Kreditbeziehungen schlägt die Pleitewelle nun doppelt hart zurück. Im angelsächsischen Wirtschaftsraum finanzieren sich die Unternehmen zumeist über die Börse. Hier ist über Jahrzehnte eine Art „Hausbank-Beziehung“ zwischen Banken und Unternehmen entstanden. Die Verflechtung der Banken untereinander und mit den deutschen Großunternehmen tut ihr übriges. Neben dem „Hausbanken-Prinzip“ ist aber speziell den anglo-amerikanischen Banken, die hohe staatliche, halbstaatliche und genossenschaftliche Komponente des deutschen Bankensystems ein Dorn im Auge. Lediglich 34 Prozent des deutschen Kreditvolumens wird von den privaten Kreditbanken getragen. Berücksichtigt man nun nur die Großbanken liegt diese Quote sogar bei noch geringeren 24 Prozent. Die Landesbanken übernehmen 25 Prozent, die Sparkassen 13 Prozent, die Genossenschaftsbanken- und Zentralen 10 Prozent, die Bausparkassen 14 Prozent und die Staatsbanken à la KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) 4 Prozent.

Fakt ist auch, dass die Anglo-Amerikaner im deutschen Bankensektor noch keinen Fuß in die Tür bekommen haben, wenn man von der Citibank einmal absieht. Erst zum Ende des vergangenen Jahres startete eine Gerüchtewelle, die die deutsche Bankenszene mit voller Wucht treffen sollte. Lanciert wurde sie in erster Linie von amerikanischen Investmentbanken. Ein Beispiel stellt die „unbeabsichtigt“ in die Medien gelangte E-Mail eines Merrill Lynch-Händlers dar. Darin war die Rede von einer „Derivatkatastrophe“ bei der Commerzbank. Das Gerücht habe, laut einem Bundesbanker, „jedweder Grundlage entbehrt“ und nur „versucht die Bank zu „diskreditieren“. Betrachtet man sich nun die Marktkapitalisierungen der deutschen Großbanken, die sich zumeist alle auf Niveaus von vor mehreren Jahren bewegen, sieht man, welchen Zweck diese Aktion(en) hatten. Die deutschen Banken sind billig wie selten zu haben. Eine Übernahmewelle könnte bevor stehen. Vielleicht soll die jüngste Aktion, die Schaffung einer „bad bank“ diesen Trend noch beschleunigen, könnten sich die deutschen Großbanken doch so ihrer Leichen im Keller entledigen und würden damit noch interessanter für ausländische Banken. DB-Vorstandsprecher Ackermann hat sich bei seinem Amtsantritt eine Aktienkurserhöhung auf die Fahnen geschrieben. Einfachster und schnellster Weg: eine feindliche Übernahme.

Nach Ackermann sollen zuerst die Kreditportefeuilles von Dresdner Bank, Commerzbank und HVB in die „bad bank“ ausgegliedert werden. Die Deutsche Bank wolle sich dagegen nicht beteiligen. „Wir wollen uns nicht mit diesem Virus infizieren“, so Ackermann. Die jüngsten DB-Daten scheinen dies jedoch zu wiederlegen. Denn auch bei der Deutschen Bank wurde das Betriebsergebnis nur dank des Verscherbelns von Tafelsilber aufpoliert. Allerdings ist davon nun nicht mehr all zu viel übrig. Einzig unverkäuflich erscheint die DaimlerChrysler-Beteiligung.
Einen Schritt weiter ist bereits Bernd Fahrholz mit „seiner“ Dresdner Bank. Sie gründete die „Institutional Restructuring Unit“ (IRU), in der die ausfallgefährdeten und strategisch unwichtigen Darlehen (in Höhe von immerhin 17 Mrd. Euro) ausgelagert werden sollen. Insgesamt sollen in die IRU bis zu 30 Mrd. Euro an Darlehen und Beteiligungen eingebracht werden können.

Jetzt bleibt abzuwarten, in welche Richtung sich die Idee der Schaffung einer „bad bank“ weiter entwickeln wird. Aber sollte die „schlechte Bank“ entstehen und es zudem noch zu einem Bankenzusammenbruch kommen, nehme ich erste Wetten an, dass „bad bank“ zum „Unwort des Jahres 2003“ gekürt wird.

Ciao,
Euer Campi

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