Moin,
wer
den Mediencontent einmal näher unter die Lupe nimmt, bemerkt
schnell, dass die DAF nicht mehr so ist wie früher, sagen die
Medien und die konservativ eingestellten Politiker in unserem sozialdemokratisch
regiertem Lande. Ich als Ossi, wusste lange nicht, was mit DAF gemeint
ist. Ich hatte mal einen Lkw gesehen mit dieser Bezeichnung. Ansonsten
gehörte ich eher zu den Vertretern der DSF. Nein, DER DSF stimmt
schon, da hier nicht DAS Deutsche SportFernsehen gemeint ist, sondern
die Deutsch-Sowjetische-Freundschaft. In Zeiten von Filmen wie Goodbye
Lenin sollte DSF zum Standardvokabular gehören. Die DAF
ist sozusagen das Gegenstück oder Pendant des vormals kapitalistischen
Klassenfeindes dazu, die Deutsch-Amerikanische Freundschaft. Es
gibt übrigens auch eine Band mit selbem Namen. Aber das nur
am Rande.
Die
DAF jedenfalls ist in den Schlagzeilen und das nun schon seit geraumer
Zeit, genauer gesagt seit letztem September. Damals stellte sich
unser Kanzler mutig gegen den texanischen Cowboy und den bayerischen
Ministerpräsidenten und ersann für seinen Wahlkampf die
gewinnträchtige Position des No War - um jeden
Preis. Die Menschen bzw. die Wähler fanden es damals wie heute
gut, die Ablehnungsraten eines Irakkrieges liegen weit jeder Wahlbeteiligung
der letzten Jahrzehnte. Nur jeder zehnte Deutsche lässt sich
in etwa vor den Kriegskarren spannen und selbst da scheinen noch
welche dabei zu sein, die sich ihrer Sache, dank der ausgeklügelten
Fragetechniken der Forschungsgruppen und Umfrageinstitute, nicht
sicher sind. Das Kontra gegen einen, laut Peter Scholl-Latour nicht
mehr zu verhindernden Krieg ertönt laut und in Dolby
Digital Surround Sound. Vor allen Dingen in den südländischen
Gebieten Europas. Spanier und Italiener gingen zu Millionen gegen
einen Krieg demonstrieren und indirekt sprachen sie damit auch ihr
Unbill gegenüber ihren Regierungsvertretern aus. Sowohl Berlusconi,
selbst auf dem Weg den demokratischen Rechtsstaat ad acta zu legen,
als auch Aznar gehören, neben Tony Blair versteht sich, zu
den größten Bush-Kriegs-Befürwortern auf diesem
Planeten. Bei Blair scheint diese Freundschaft sogar
so weit zu gehen, dass er seine Haltung Pro Bush mit
seiner politischen Laufbahn bezahlen könnte.
Aber
aus dem europäischen Intermezzo zurück zu uns Deutschen.
Gebrandmarkt mit dem Verursachen zweier Weltkriege, der Auslöschung
Millionen von Menschen und geschlagen mit einer unbändigen
und nicht enden wollenden Dankbarkeit gegenüber unseren Rettern,
den Amerikanern (bei den Ossis waren die Erlöser
die Russen- für Heilsbringer halten sich beide). Doch halt,
sie kennen bestimmt das gallische Dorf, dass der römischen
Macht tapfer die Stirn bietet? Ein gewisser Herr Schröder bietet
den USA und ihrer Haltung zu eine Irakkrieg plötzlich Paroli.
Na, wer hat ihm denn diesen Fauxpas erlaubt? Ich will das Strunz-Zitat
von Bayern Münchens ehemaligem italienischen Trainer nicht
weiter strapazieren, aber die Höhe ist das schon, oder nicht?
Dieser Meinung sind zumindest die Schwarzen in unserem
vereinten Lande. Bevor es zu Missverständnissen kommt: ich
meine die Politiker der CDU/CSU. Über Deutschlands Vorzeige-Frisur
mit Namen Merkel habe ich mich ja bereits geäußert, aber
es verwundert schon, dass gerade sie die jahrzehntelange DAF wieder
ins rechte Licht rücken will. Sie kommt doch aus Mecklenburg-Vorpommern.
Und DAF wurde da jahrzehntelang nicht praktiziert.
Mehr
Sorgen bereitet der deutsche Weg allerdings unserer
Wirtschaft. Das scheint ein Grund für das Paradoxon zu sein,
dass die SPD jede Wahl nach den Bundestagswahlen mit dramatischen
Einbußen verliert. Auf den zweiten Blick ist es jedoch gar
nicht so paradox. Die mündigen deutschen Bürger scheinen
halt zwischen innenpolitischen und außenpolitischen Fragestellungen
unterscheiden zu können. Und bei weit mehr als vier Millionen
Arbeitslosen gehört schon eine Menge Chuzpe dazu, einen Herrn
Koch mit schwarzem Koffer zu wählen und gleichzeitig den Kriegsgegnern
der Regierung das Wasser abzugraben. Früher nannte man so etwas
Dolchstoßlegende. Obwohl man immer wieder hört,
dass auch die CDU/CSU-ler gegen einen Krieg sind. Die DAF scheint
ihnen aber wichtiger zu sein, als Tausende Menschenleben.
Doch
zurück zur Wirtschaft. Ist etwas dran an den Aussagen, dass
die deutsche Wirtschaft für die Haltung ihres Bundeskanzlers
büßen muss? Der Vorstandschef des Pharma-Konzerns Altana,
N. Schweickart ist zumindest dieser Meinung. Seiner Ansicht nach,
zeigen die jüngsten Umfragen zu diesem Thema ein völlig
verzerrtes Bild. Die Deutsch-Amerikanische Handelskammer hatte
erst vor kurzem mitgeteilt, dass nicht einmal jedes hundertste
deutsche Tochterunternehmen in den USA messbare, reale Umsatzeinbußen
auf Grund der politischen Spannungen verzeichnen müsse.
Schweickart führt dagegen eine zeitlich verzögerte
Reaktion der US-Wirtschaft zu Felde. Also doch Gefahr
im Verzug? Eine Befragung der Top-Entscheider im Elite-Panel der
Finanzzeitschrift Capital belegt, dass mehr als die
Hälfte der vom Institut Demoskopie Allensbach interviewten
Manager, Politiker und Behördenleiter glauben, dass sich die
unterschiedlichen Positionen zum Irak-Krieg negativ auf die
Wirtschaftsbeziehungen auswirken. Einziges Handicap dieser
Umfrage: das Allensbacher Institut sah auch bei den Wahlumfragen
im letzten Jahr die CDU immer ein paar Pünktchen vor der SPD,
ganz im Gegensatz zu den anderen Umfrageinstituten. Einen CDU und
Amerika-freundlichen Kurs könnte man also unterstellen. Fakt
und keine Vermutung ist hingegen, dass die Amerikaner die größten
Importeure deutscher Waren sind, nach den Franzosen. Sollte es hier
also bröckeln, könnte das ziemlich negative Auswirkungen
auf die eh schon darnieder liegende deutsche Konjunktur haben. Würde
der US-Absatz um ein Zehntel sinken, würde das die deutsche
wirtschaft 0,3 Punkte Wirtschaftswachstum kosten. Bei vorausgesagten
0,5 bis ein Prozent keine zu vernachlässigende Größe.
Allerdings lag der US-Export im letzten statistisch erfassten Monat,
November 2002, noch satte 9,5 Prozent über dem Vorjahresniveau.
Auch
ein Wegfall der amerikanischen Investitionen in Deutschland birgt
Gefahren. Mit 90 Mrd. Euro ist Amerika der Top-Auslandsinvestor
hier im Lande. 1.800 amerikanische Tochterunternehmen beschäftigen
hierzulande 800.000 Menschen. Zudem haben US-Investoren in deutschen
Aktiengesellschaften 25 Mrd. US-Dollar gebunkert. Nahezu 5 Prozent
der Marktkapitalisierung stellt dieser Wert dar. Erschwerend kommt
die Abwertung des US-Dollar gegenüber dem Euro hinzu, die negative
Auswirkungen auf den Export hat. Besonders Deutschlands bisheriger
Wirtschaftsmotor, die Automobilindustrie läuft nicht mehr auf
allen Töpfen. Erst meldete VW einen Absatzrückgang von
17 Prozent im Januar, dann legte Porsche nach und verkündete
für den Februar einen Absatzeinbruch von 37 Prozent gegenüber
dem Vorjahresmonat. Negativwerbung im wahrsten Sinne des Wortes
macht Volkswagen in Amerika mit dem Slogan A german engineered
car. Made in Germaby scheint derzeit nicht nur für Qualität
zu stehen sondern auch für Anti-Amerikanismus. Auch wenn das
weit übertrieben ist, die Medien stellen es so hin.
Der
deutsche Rüstungsriese Krauss-Maffei-Wegmann kam nicht zum
Zug, als die Amerikaner unlängst die Entwicklung eines neuer
Panzer ausgeschrieben hatten. Letzten Endes erhielten amerikanische
Unternehmen den Zuschlag. Was allerdings nicht verwundern dürfte.
Problematischer erscheint da die Tatsache, dass das baldige EU-Neumitglied
Polen seine Rüstung nicht bei den Europäern, allen voran
Frankreich einkaufen, sondern old Europe links liegen
lässt und in Amerika auf Shopping-Tour gehen will. Gleichzeitig
würde man sogar die mehr als 50.000 in Deutschland stationierten
US-Soldaten mit Kusshand aufnehmen, falls sich die Amerikaner zum
Abzug bzw. Umzug ihrer Truppen aufraffen könnten.
Das
die beiden US-Rankingagenturen Standard&Poor´s und Moody´s,
beides die unangefochtenen Führer ihrer Branche, immer mehr
deutsche Unternehmen für Herabstufungen aufs Korn nehmen, könnte
Zufall sein. Bei ThyssenKrupp sieht man das jedoch etwas anders.
Auch ein Gerücht, das im vergangenen November aufgekommen war
und durchaus in die Merrill Lynch-Geschichte der Kolumne von voriger
Woche passt, zeigt dass erste Nerven blank liegen. In dem Gerücht
hieß es, die Ratingagenturen würden das Rating für
das Land Deutschland herabsetzen. Im Finanzministerium kam dieser
verspätete Aprilscherz nicht sonderlich gut an. Libyen, Kuba
und Deutschland zusammen in einem Satz zu nennen, brachte auch nur
rumsfeld und Co. zum Lachen, aber wie obige Beispiele zu verstehen
geben, könnte aus dem Spaß schnell bitterer
Ernst werden. Bleibt eigentlich nur die Frage offen: Was tun? Kuschen
und buckeln á la Merkel oder standhaft bleiben á la
Schröder? Hüh oder Hott? Deutscher Weg oder vereint mit
den Eurasiern Russland und China? Oder doch die DFF (Deutsch-Französische
Freundschaft) ausbauen?
Das Verhältnis von Bush und Schröder war noch nie berauschend
und viele meinen, es wird auch nie so werden. Es wäre ja auch
seltsam, wenn ein Förderer der Kultur wie Schröder sich
mit einem reichen (dank Papa) Kuhjungen verstehen würde.
Aber genug provoziert.
Zum
Glück stehen in Amerika bereits im nächsten Jahr Wahlen
an. Da könnten die Amerikaner ihren Fehler von 2000 wieder
gut machen. Wenn sie denn wollen. Ich, als ehemaliger DSF-ler, sehe
im Abklingen der DAF kein großen Problem. Vielleicht erhält
Deutschland sogar die Souveränität und den Status in der
Welt zurück, die Frankreich seit de Gaulle vorweisen kann.
Immer ein bisschen Kontra zu Amerika, immer einen etwas eigeneren
Weg als die anderen und trotzdem keine Konsequenzen fürchtend.
Vive la France! Für alle, die die DAF höher einschätzen,
und sich die Zeit bis zur eventuellen Aussöhnung im nächsten
Jahr nach den US-Präsidentschaftswahlen etwas vertreiben wollen,
sei der bereits angesprochene Film Goodbye Lenin ans
Herz gelegt.
Seid
bereit...
Ciao,
Euer Campi
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