Campis Corner: Bad Bank II
von Thomas Badtke

Moin,

Sie als Leser werden sich jetzt sicherlich fragen: Warum noch so eine Kolumne zum Thema „bad bank“? Ich könnte es Ihnen sofort verraten, aber dann bräuchten Sie nicht mehr weiter zu lesen. Was sich als ziemlich kontraproduktiv heraus stellen würde. Also werde ich versuchen, es Ihnen mit den nun folgenden Zeilen klar zu machen.

Zur Marktsituation von vor zwei Wochen hat sich ja bekanntlich nicht viel geändert. Außer, dass der DAX ein Sieben-Jahres-Tief erreicht hat, der Nikkei so tief wie seit 13 Jahren nicht mehr steht und das Ende der weltweiten Börsenbaisse nicht in Sicht ist. Drei Jahre Baisse haben wir, die Anleger, jetzt hinter uns. Ich wage mal die Behauptung und schließe damit von mir auf andere, dass nur Wenige sich in dieser Zeit den Wonnen von Aktiengewinnen frönen konnten. In der „FAZ“ war kürzlich zu lesen, dass die Anleihe mittlerweile die Aktie als „liebstes Kind“ der Anleger abgelöst hat. Trotzdem erkennt man aus Gesprächen, dass viele nur darauf warten, sich wieder im Markt zu engagieren. Die Zeit zum Heulen und Grämen sei vorbei, möchte man meinen. Aber ist dem wirklich so? Sicherlich, die Kursrückschläge locken die Anleger geradezu. Aber auch die Loreley lockte...die Schifffahrer auf den Felsen. Meiner Meinung nach ist noch immer Vorsicht geboten. Auch wenn einstige Highflyer nunmehr als konservative Schnäppchen gelten. Allen voran die Versicherer und Bankentitel. Wer will da nicht dankend zugreifen? Eine Statistik beweist den Schnäppchencharakter mancher Titel. Seit dem 7.3. 2000, also etwas mehr als drei Jahre, verloren die Allianz-Aktien mehr als 83 Prozent, die HVB-Titel 85,5 Prozent und die Anteilsscheine der Commerzbank sogar mehr als 86 Prozent. Getoppt werden diese Werte nur von der Deutschen Telekom, unlängst mit DEM deutschen Rekordverlust überhaupt, ihre Aktien büßten satte 90 Prozent ihres Wertes von vor drei Jahren ein und trugen damit zum Pessimismus der Kleinanleger nicht unwesentlich bei, und von den Titeln von MLP. Ihr Kursverlust: 94,1 Prozent. Wer bei den Topps eingestiegen ist, kann ja jetzt mal rechnen, wieviel Prozent Kurszuwachs nötig sind, um wieder die Einstiegskurse zu erhalten. Ich rate jedoch keinem, dies zu tun. Schon gar nicht bei der derzeitigen negativen allgemeinen Stimmung. Damit würden sie nur dem Berufszweig der Psychiater helfen.

Eine weitere Statistik belegt das Nichtvorhandensein der deutschen Kreditinstitute im Spitzenbereich der Bankenszene in Europa. Nach Marktkapitalisierung führt hier unangefochten HSBC mit 93 Mrd. Euro vor der Royal Bank of Scotland (59,8 Mrd. Euro) und der Schweizer UBS (43,6 Mrd. Euro). Erst auf Platz 11 erscheint die erste „Deutsche“ Bank. Ihre Marktkapitalisierung beträgt nur noch 21,6 Mrd. Euro. Wieso und weshalb steht, wenn Sie so wollen, in „Bad Bank I“. Die Auslagerung fauler Kredite stand im Mittelpunkt eines Treffens der Bankenspitze(n) mit den deutschen Spitzenpolitikern der Regierung (keine Häme bitte). Neben dem DB-Chef Ackermann soll für dieses Treffen auch Roland Berger verantwortlich zeichnen. Dieser spricht sich bereits seit mehreren Jahren für eine Abschaffung des deutschen „Drei-Säulen-Bankensystems“ aus. Dieses System aus Sparkassen, Privat- und Genossenschaftsbanken passt seiner Meinung nach „nicht mehr in unsere Zeit“. Das die Stimmung nicht nur in Deutschland mies ist, konnte man an den Unternehmenszahlen anderer Banken in Europa sehen. Während die deutschen Kreditinstitute für das Schönen ihrer Bilanzen Tafelsilber in Milliardenhöhe verkauften, wies z. B. die zweitgrößte schweizerische Bank Credit Suisse Group einen Jahresverlust von 3,3 Mrd. Sfr aus, der höchste Verlust einer europäischen Bank bis heute. Zudem senkte man die Dividende. Allerdings ist dies der erste Fall seit Gründung der Bank im Jahr 1856! Auch die Swiss Re, nach der Münchener Rück der zweitgrößte Rückversicherer der Welt, will die Dividende senken. Erstmals seit 1906. Damals hatte ein Erdbeben San Francisco erschüttert. Dieses Mal war ein Verlust von 3,4 Mrd. SFr für das Absenken der Dividende verantwortlich. Der zweitgrößte britische Hypothekenkreditgeber Abbey National schockte die Anleger und Händler am selben Tag ebenfalls mit einer Dividendenkürzung. Die letzte gab es zuvor 1849! Als wäre das noch nicht genug, am 27. Februar gab Zurich Financial Service einen Jahresverlust von 3,4 Mrd. US-Dollar bekannt.

Das schlechte Wirtschaftsjahr 2002 traf also nicht nur die deutschen Banken. Ihnen wird allerdings von hoher Stelle nachgesagt, dass sie die Investmentbank-Entwicklung verschlafen hätten und somit als „Später Folger" keine Chance in diesem Gebiet mehr gehabt hätten. Es bleibt also abzuwarten, wie die Banken aus der allgemeinen Finanzkrise wieder heraus kommen. Allerdings hängt dies auch von der Entwicklung der Versicherungsbranche ab und von einem eventuellen Irakkrieg. Sollten die Amerikaner mit einer „Allianz der Willigen“ gegen Saddam losschlagen, könnte dies zu neuen Terrorattacken führen, was wiederum die Versicherungskonzerne hart treffen könnte und da die meisten Banken noch immer mit Versicherungsunternehmen zum Teil über Kreuz verbunden sind, könnte die weltweite Finanzkrise durchaus zu einem Problemfall ungewohnten Ausmaßes werden. Parallelen zu Japan werden überdeutlich. Die erst vor kurzem „neu“ gebildete Mizuho-Bankholding stülpte jetzt eine weitere Holding über die bisherige, um nicht verstaatlicht zu werden.

Ich habe in der letzten Zeit viele warnende Worte vernommen, die den derzeitig vorherrschenden Pessimismus zu negativ sehen. Aber ich denke, auch das ist eine Folge der dreijährigen Aktienbaisse und der allgemeinen menschlichen Psychologie. Wenn man im Kreditgewerbe tätig ist, sollte man Negativ-Publicity dringendst vermeiden. Das Thema „bad bank“ hat daher genau das Gegenteil ausgelöst. Die Öffentlichkeit diskutiert noch mehr als vorher über die Banken und die anhaltende Börsen- und Finanzkrise. Ackermann und Co. handelten also eher kontraproduktiv zum allgemeinen Bankenethos des Stillschweigens. Das „Warum?“ ist noch blanke Spekulation. Aber ich wage einmal eine Prognose, die ich bereits in „bad bank 1“ kurz angerissen habe: billige Übernahmen der deutschen Großbanken durch angelsächsische Institute. Das deutsche „Drei-Säulen-Bankenystem“ stünde damit vor dem Aus. Die Folgen daraus sind nicht abzusehen. Nur Roland Berger hätte seine persönliche Genugtuung, „bad bank“ sei Dank.

Ciao,
Euer Campi

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