Moin,
Sie
als Leser werden sich jetzt sicherlich fragen: Warum noch so eine
Kolumne zum Thema bad bank? Ich könnte es Ihnen
sofort verraten, aber dann bräuchten Sie nicht mehr weiter
zu lesen. Was sich als ziemlich kontraproduktiv heraus stellen würde.
Also werde ich versuchen, es Ihnen mit den nun folgenden Zeilen
klar zu machen.
Zur
Marktsituation von vor zwei Wochen hat sich ja bekanntlich nicht
viel geändert. Außer, dass der DAX ein Sieben-Jahres-Tief
erreicht hat, der Nikkei so tief wie seit 13 Jahren nicht mehr steht
und das Ende der weltweiten Börsenbaisse nicht in Sicht ist.
Drei Jahre Baisse haben wir, die Anleger, jetzt hinter uns. Ich
wage mal die Behauptung und schließe damit von mir auf andere,
dass nur Wenige sich in dieser Zeit den Wonnen von Aktiengewinnen
frönen konnten. In der FAZ war kürzlich zu
lesen, dass die Anleihe mittlerweile die Aktie als liebstes
Kind der Anleger abgelöst hat. Trotzdem erkennt man aus
Gesprächen, dass viele nur darauf warten, sich wieder im Markt
zu engagieren. Die Zeit zum Heulen und Grämen sei vorbei, möchte
man meinen. Aber ist dem wirklich so? Sicherlich, die Kursrückschläge
locken die Anleger geradezu. Aber auch die Loreley lockte...die
Schifffahrer auf den Felsen. Meiner Meinung nach ist noch immer
Vorsicht geboten. Auch wenn einstige Highflyer nunmehr als konservative
Schnäppchen gelten. Allen voran die Versicherer und Bankentitel.
Wer will da nicht dankend zugreifen? Eine Statistik beweist den
Schnäppchencharakter mancher Titel. Seit dem 7.3. 2000, also
etwas mehr als drei Jahre, verloren die Allianz-Aktien mehr als
83 Prozent, die HVB-Titel 85,5 Prozent und die Anteilsscheine der
Commerzbank sogar mehr als 86 Prozent. Getoppt werden diese Werte
nur von der Deutschen Telekom, unlängst mit DEM deutschen Rekordverlust
überhaupt, ihre Aktien büßten satte 90 Prozent ihres
Wertes von vor drei Jahren ein und trugen damit zum Pessimismus
der Kleinanleger nicht unwesentlich bei, und von den Titeln von
MLP. Ihr Kursverlust: 94,1 Prozent. Wer bei den Topps eingestiegen
ist, kann ja jetzt mal rechnen, wieviel Prozent Kurszuwachs nötig
sind, um wieder die Einstiegskurse zu erhalten. Ich rate jedoch
keinem, dies zu tun. Schon gar nicht bei der derzeitigen negativen
allgemeinen Stimmung. Damit würden sie nur dem Berufszweig
der Psychiater helfen.
Eine
weitere Statistik belegt das Nichtvorhandensein der deutschen Kreditinstitute
im Spitzenbereich der Bankenszene in Europa. Nach Marktkapitalisierung
führt hier unangefochten HSBC mit 93 Mrd. Euro vor der Royal
Bank of Scotland (59,8 Mrd. Euro) und der Schweizer UBS (43,6 Mrd.
Euro). Erst auf Platz 11 erscheint die erste Deutsche
Bank. Ihre Marktkapitalisierung beträgt nur noch 21,6 Mrd.
Euro. Wieso und weshalb steht, wenn Sie so wollen, in Bad
Bank I. Die Auslagerung fauler Kredite stand im Mittelpunkt
eines Treffens der Bankenspitze(n) mit den deutschen Spitzenpolitikern
der Regierung (keine Häme bitte). Neben dem DB-Chef Ackermann
soll für dieses Treffen auch Roland Berger verantwortlich zeichnen.
Dieser spricht sich bereits seit mehreren Jahren für eine Abschaffung
des deutschen Drei-Säulen-Bankensystems aus. Dieses
System aus Sparkassen, Privat- und Genossenschaftsbanken passt seiner
Meinung nach nicht mehr in unsere Zeit. Das die Stimmung
nicht nur in Deutschland mies ist, konnte man an den Unternehmenszahlen
anderer Banken in Europa sehen. Während die deutschen Kreditinstitute
für das Schönen ihrer Bilanzen Tafelsilber in Milliardenhöhe
verkauften, wies z. B. die zweitgrößte schweizerische
Bank Credit Suisse Group einen Jahresverlust von 3,3 Mrd. Sfr aus,
der höchste Verlust einer europäischen Bank bis heute.
Zudem senkte man die Dividende. Allerdings ist dies der erste Fall
seit Gründung der Bank im Jahr 1856! Auch die Swiss Re, nach
der Münchener Rück der zweitgrößte Rückversicherer
der Welt, will die Dividende senken. Erstmals seit 1906. Damals
hatte ein Erdbeben San Francisco erschüttert. Dieses Mal war
ein Verlust von 3,4 Mrd. SFr für das Absenken der Dividende
verantwortlich. Der zweitgrößte britische Hypothekenkreditgeber
Abbey National schockte die Anleger und Händler am selben Tag
ebenfalls mit einer Dividendenkürzung. Die letzte gab es zuvor
1849! Als wäre das noch nicht genug, am 27. Februar gab Zurich
Financial Service einen Jahresverlust von 3,4 Mrd. US-Dollar bekannt.
Das
schlechte Wirtschaftsjahr 2002 traf also nicht nur die deutschen
Banken. Ihnen wird allerdings von hoher Stelle nachgesagt, dass
sie die Investmentbank-Entwicklung verschlafen hätten und somit
als Später Folger" keine Chance in diesem Gebiet
mehr gehabt hätten. Es bleibt also abzuwarten, wie die Banken
aus der allgemeinen Finanzkrise wieder heraus kommen. Allerdings
hängt dies auch von der Entwicklung der Versicherungsbranche
ab und von einem eventuellen Irakkrieg. Sollten die Amerikaner mit
einer Allianz der Willigen gegen Saddam losschlagen,
könnte dies zu neuen Terrorattacken führen, was wiederum
die Versicherungskonzerne hart treffen könnte und da die meisten
Banken noch immer mit Versicherungsunternehmen zum Teil über
Kreuz verbunden sind, könnte die weltweite Finanzkrise durchaus
zu einem Problemfall ungewohnten Ausmaßes werden. Parallelen
zu Japan werden überdeutlich. Die erst vor kurzem neu
gebildete Mizuho-Bankholding stülpte jetzt eine weitere Holding
über die bisherige, um nicht verstaatlicht zu werden.
Ich
habe in der letzten Zeit viele warnende Worte vernommen, die den
derzeitig vorherrschenden Pessimismus zu negativ sehen. Aber ich
denke, auch das ist eine Folge der dreijährigen Aktienbaisse
und der allgemeinen menschlichen Psychologie. Wenn man im Kreditgewerbe
tätig ist, sollte man Negativ-Publicity dringendst vermeiden.
Das Thema bad bank hat daher genau das Gegenteil ausgelöst.
Die Öffentlichkeit diskutiert noch mehr als vorher über
die Banken und die anhaltende Börsen- und Finanzkrise. Ackermann
und Co. handelten also eher kontraproduktiv zum allgemeinen Bankenethos
des Stillschweigens. Das Warum? ist noch blanke Spekulation.
Aber ich wage einmal eine Prognose, die ich bereits in bad
bank 1 kurz angerissen habe: billige Übernahmen der deutschen
Großbanken durch angelsächsische Institute. Das deutsche
Drei-Säulen-Bankenystem stünde damit vor dem
Aus. Die Folgen daraus sind nicht abzusehen. Nur Roland Berger hätte
seine persönliche Genugtuung, bad bank sei Dank.
Ciao,
Euer Campi
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