| Moin, der 
              Krieg im Irak ist, wie es scheint, zu Ende. An der Börse sollten 
              also die Aktien zulegen, die Gold- und Ölpreise fallen. So 
              wurde es von den Strategen zumindest vorhergesagt. Als Anleger hätte 
              man meinen müssen, wenn es zum Krieg kommt, dann sollten doch 
              Rüstungsaktien definitiv davon profitieren. Wenn man dann sein 
              Gewissen mal außen vor lässt, aus dem Elend anderer Gewinn 
              schlagen zu wollen, wäre es das logischste gewesen, Rüstungsaktien 
              ins Depot zu nehmen. Amerika bietet ja eine Menge davon. Da 
              wäre etwa das eher als Passagierflugzeughersteller bekannte 
              Unternehmen Boeing. Der drittgrößte Rüstungskonzern 
              der USA stellt aber neben den bekannten "Jumbos" auch 
              Apache-Hubschrauber und Kampfflugzeuge vom Typ "Hornet" 
              her. Ähnlich ist es bei General Dynamics. Eher für seine 
              "Gulfstream"-Privatjets bekannt, verdingt sich das Unternehmen 
              auch als Kriegsschiff- und Panzerproduzent. Bekannter sind da schon 
              Lockheed Martin und Northrop Grumman. Letztere bauen den Tarnkappenbomber 
              "B-2". Lockheed Martin ist u.a. im "Oscar"-prämierten 
              Film "Bowling for Columbine" verewigt. Richtig bekannt 
              ist man aber als Hersteller des Kampfjets "F-16". Raytheon, 
              die Nummer vier der Branche in den Staaten, bastelt derzeit am sogenannten 
              "Joint Strike Fighter", für den man den höchstdatierten 
              Rüstungsauftrag der Welt von der US-Regierung erhalten hat. 
              Zudem ist Raytheon der Produzent der "Tomahawk"-Marschflugkörper. 
              Der Stückpreis dieser Raketen liegt bei 500.000 bis 700.000 
              US-Dollar. Mit etwas technologischem Schnick-Schnack kann so eine 
              "Tomahawk" schon mal locker eine Million US-Dollar kosten. 
              Bei mehr als 3.000 Stück, die in den ersten beiden Kriegswochen 
              abgefeuert wurden, kommt da ein schönes Sümmchen für 
              den Rüstungsriesen zusammen. Die 
              Kurse hätten also abgehen müssen wie die sprichwörtliche 
              Rakete selbst, aber nix da. Nur kurz zogen die Titel an den Börsen 
              an. Zum Jahreswechsel etwa konnten alle Rüstungsaktien kurz 
              zulegen. Die Kurgewinne bewegten sich dabei zwischen 10 (Northrop 
              Grumman), 15 (Raytheon) und 20 Prozent (Lockheed Martin). Das Kursfeuerwerk 
              dauerte allerdings nicht lange. Wahrscheinlich hatte man die Nachbrenner 
              vergessen. Nimmt man die Kurse des letzten halben Jahres, dann brachten 
              Engagements in diese drei Titel Kursverluste in Höhe von mehr 
              als 10 (Raytheon), 27 (Lockheed Martin) und 33 Prozent (Northrop 
              Grumman). Cash burner statt Nachbrenner.  Nach 
              den Gründen wurde nur unzulänglich gesucht. Während 
              Boeing und General Dynamcis eher wegen ihrer Nicht-Rüstungsbereichen 
              schwächeln, fällt diese Ausrede bei den obigen Drei weg. 
              Lockheed Martin hätte von den mehreren tausend "Tomahawks", 
              die hauptsächlich im Irak, ab und an auch mal in Saudi-Arabien 
              einschlugen, doch Profit ziehen müssen, schließlich muss 
              das Pentagon doch Nachbestellungen tätigen, um die Lager aufzufüllen! 
              Stimmt eigentlich. Aber die amerikanische Administration hat schon 
              sehr früh, weit vor Kriegsbeginn die "Tomahawks"-Depots 
              aufgefüllt. Die Kurse konnten davon in den letzten Monaten 
              nicht profitieren.  Die 
              anderen Titel hätten doch wegen des enorm gestiegenen Verteidigungsetats 
              zulegen müssen! Eigentlich richtig. Aber wie so oft: den Experten 
              und Händlern ist dieses Wachstum des Verteidigungsetats in 
              den USA zu gering. Für Europäer schwer vorstellbar, aber 
              die Analysten von Merrill Lynch sehen genau darin das Problem. Richard 
              Bernstein, Chefstratege bei Merrill Lynch etwa, sah auch nach den 
              ersten Erfolgen im Krieg, kein Bedürfnis zum Kauf der Rüstungsaktien 
              zu raten. Das für die Zukunft langsamer wachsende Verteidigungsbudget 
              wiege schwerer, als die Möglichkeit, dass die Produkte dauernd 
              im Fernsehen zu sehen seien, so in etwa sein Tenor. Erschwerend 
              hinzu kommen noch gestiegene Pensionsverpflichtungen und fehlgeschlagene 
              Investitionen. Bernstein sah und sieht noch keinen Kaufbedarf bei 
              den US-Rüstungstiteln.  Geringe 
              KGVs, und das trotz allem steigende Verteidigungsbudget sind für 
              Tobias Levkovich von Salomon Smith Barney dagegen Gründe für 
              Langfristanleger in Rüstungsaktien zu investieren. Lockheed 
              Martin und Northrop Grumman empfiehlt er mittelfristigen Anlegern. 
              Die Aktien seien nicht nur niedrig bewertet, sondern gelten als 
              geradezu billig. George Shapiro, ebenfalls bei Salomon tätig, 
              meint sogar, dass der Rüstungsbranche eine mehrjährige 
              Hausse bevorsteht. Dank der Hoffnung auf ein überdurchschnittliches 
              Gewinnwachstum sollen die Rüstungstitel den Gesamtmarkt outperformen. 
              Was allerdings bisher kaum in die Kalküle der Chefstrategen 
              an der Börse eingeflossen ist, ist die Tatsache, dass ein Ende 
              des Irakkrieges bereits der Anfang eines weiteren Krieges sein könnte. 
              So warnten Powell, Perle und Bush bereits den souveränen Staat 
              Syrien, strikter Gegner des Irakkrieges, die ehemaligen Potentaten 
              aus dem Irak aufzunehmen. Auch die Beherbergung von Massenvernichtungswaffen 
              könnten gegen Damaskus geltend gemacht werden. Syrien bestreitet 
              bisher alle Vorwürfe. Alles erinnert an die Situation vor dem 
              Beginn des Irakkrieges der Anglo-Amerikaner. Auch die Widerworte 
              der Arabischen Liga, die davor warnten, das derzeitige "explosive 
              Klima" in der Region weiter anzuheizen. Mussa, Generalsekretär 
              der Arabischen Liga, hält die Vorwürfe der Amerikaner 
              für "unverständlich". "The 
              same procedure
..." Vielleicht können die amerikanischen 
              Rüstungsaktien ja von einem weiteren Krieg profitieren? Charttechnisch 
              spricht nichts dafür. Politisch und weltwirtschaftlich wäre 
              ein weiterer Krieg basierend auf Halbwahrheiten und Propaganda der 
              wahrscheinlich letzte Sargnagel für die Weltkonjunktur, inklusive 
              Rüstungsaktien. Außerdem: in knapp zwei Wochen heißt 
              es eh: Sell in may and go away. Das Gewissen sollte damit erst einmal 
              wieder beruhigt sein. Ciao,Euer Campi
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