Campis Corner: Mit Blindheit geschlagen?
von Thomas Badtke

Moin,

der Krieg ist vorbei. Welcher Krieg denn? Genau darum geht es. Seitdem sich die Fernsehstationen wieder den "Schönen und Reichen" zugewandt haben, also den wirklich wichtigen Dingen im Leben, ist der Irakkrieg und das Leben der dort beheimateten Menschen wieder ins zweite, wenn nicht sogar ins dritte Glied der Berichterstattung zurück gerutscht. Nur ab und an berichten die öffentlich-rechtlichen TV-Sender noch aus dem "ehemaligen" Kriegsland. Ich will jetzt auch gar nicht die ganze Geschichte wieder aufrollen. Ihr könnt sie ja auf dieser Seite selbst nachlesen. Aber ich muss auf ein paar Dinge näher eingehen, weil sie einfach gen Himmel stinken.

Wie Ihr wisst, befanden und befinden sich neben dem Irak, auch Nordkorea und der Iran auf der "Achse des Bösen". Dachte man nun, nach dem proklamierten Ende des Irakkrieges und der Befreiung der Bevölkerung von Saddam Hussein und dem feierlichen Übergang zur Demokratie, dass Nordkorea nun die volle Aufmerksamkeit der Amerikaner und Briten bekommen würde, lag man falsch. Nordkorea ist genauso aus den Schlagzeilen verschwunden, wie Energie Cottbus aus der ersten Fußball-Bundesliga. Und dabei war man doch in Nordkorea angeblich dabei neue Atombomben zu bauen?! Der Aufschrei in der Welt, als Kim Jong-Il derselbigen drohte, war enorm und viele fragten sich, warum nicht Nordkorea statt des Irak im Fokus der Anglo-Amerikaner liege. Die Antwort darauf wurde ersichtlich, als das einzig Schützenswerte im Irak, der "Wiege der Menscheit" das Ölministerium zu sein schien. Die Irakis durften plündern, die Anglo-Amerikaner kümmerten sich einen Dreck um die Kultur- und Kunstschätze des Landes am Euphrat und Tigris. Und trotzdem werden wie bei jedem Krieg wieder ein paar Yuppies sich den Traum von einem ganz privaten Kunstschatz erfüllt haben. Das ist alles nur eine Frage des Geldes.

Aber, um nicht allzu weit abzuschweifen, die Amerikaner schießen verbal gegen den Iran. Das laut Scholl-Latour "demokratischste Land im Nahen Osten". Die Jugend des Landes ist bereits vom Amerikanisierungsvirus infiziert, trägt amerikanische Jeans und trinkt amerikanische Limonade. Und trotzdem meint Condoleeza Rice, dass der Iran:

  • Terroristen Unterschlupf gewährt,
  • an der Atombombe forscht und
  • völlig undemokratisch sei.

Gut, man könnte meinen, dass dies die Meinung einer weiteren verirrten und fehlgeleiteten Seele aus der amerikanischen Regierung ist. Doch auch beim Irak wurde erst verbal geschossen, ehe gebombt wurde. Der Aufschrei in der Welt wäre aber sicher noch größer, wenn der "Neuen Weltordnung" des Herrn Bush und seiner Kriegstreibern, auch die iranische Bevölkerung in die Hände fiele. Das Gezeter der C. Rice sollte man daher erst einmal als Vorschau auf den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf auffassen, der vom derzeitigen Amtsinhaber bereits eingeläutet wurde, mit der Bitte an seine Bevölkerung, ihm doch jeweils 50 bis 100 US-Dollar-Spenden zukommen zu lassen, damit er seinen Wahlkampf finanzieren könne. Der mehrfache Millionär George W. Bush, der u. a. das amerikanische Sozial- und Gesundheitssystem, soweit es noch vorhanden war, so umstrukturiert hat, dass er "seinen" ehemaligen Wahlkampfhelfern und Lobbyisten Steuersenkungen in mehrstelliger Milliarden-Höhe versprechen konnte, fordert nun seine Bevölkerung, die auch in einer wirtschaftlichen Rezession lebt auf, ihm zur Wiederwahl zu helfen. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, was selbiges in Deutschland in der derzeitigen angespannten Situation auslösen würde. Kanzler Schröder würde wahrscheinlich eine "Bild"-Sonderausgabe zugestanden werden. Aber George W. Bush scheint sein Gewissen seit längeren in einem alten Waffenschrank zurückgelassen haben, falls er jemals so etwas besessen haben sollte. Ein Gewissen meine ich. In diesem Zusammenhang sei noch das bahnbrechende Gespräch mit Kanzler Schröder in Sankt Petersburg erwähnt, dass die deutsch-amerikanischen Verhältnisse wieder auf freundschaftlichere Basis stellen soll(te). "How are you?" fragte Bush beim handshake den Gerd. Dieser antwortete: "Fine." Klasse, oder? Schlichte Eleganz gepaart mit einem etwas zynischen Unterton. Ich an Schröders Stelle hätte das "Fine" auf französisch gesagt, um meine Solidarität mit unseren, alten französischen Freunden unter Beweis zu stellen. Die Amerikaner essen ja jetzt keine "french fries" mehr, sondern "freedom fries". Und das freedom bezieht sich dabei nicht auf ökologischen Landbau. Glaube ich jedenfalls. Vielerorts wird kräftig Stimmung gegen die sogenannten "Froschfresser" gemacht. Gute Bordeaux-Weine werden ausgeschüttet oder verschmäht. Der puristische amerikanische Nationalstolz hat eine weitere Stufe der Unsäglichkeit erklommen. Die ganz Boykott-Geschichte der Amerikaner geht schon so weit, dass sich das französische Auswärtige Amt zur Schlichtung eingeschaltet hat, um weiteren wirtschaftlichen Schaden abzuwenden.

Dank des starken Euro und des vom amerikanischen Finanzminister John Snow gewollten schwachen US-Dollar hat die wirtschaftliche Brisanz dieses Themas enorm an Tragweite gewonnen. De Exportländer Frankreich und Deutschland haben besonders darunter zu leiden. So wurde sogar z. B. diskutiert, ob Porsche nicht seine gesamte Produktion in die Staaten verlegen sollte. Der Euro jedenfalls erklimmt wöchentliche neue Rekordmarken. Die 1,20 dürfte bald fallen. Positiv an der ganzen Geschichte ist nur, dass sich die europäische Einheitswährung weltweit etabliert hat. Noch ist sie die am zweithäufigsten benutzte und gehandelte Währung weltweit. Aber das marode Weltfinanzsystem bräuchte dringend eine neue Leitwährung. Ein gänzlich neues Finanzsystem wäre zwar noch besser, aber dürfte kaum durchzusetzen sein. Gefordert wird ein neues "Bretton Woods". Die Idee geht auf Lyndon LaRouche zurück. Er fordert dies schon seit Jahren. Genauso versucht er seit den Siebzigern als Präsidentschaftskandidat der Demokraten aufgestellt zu werden. Die Chancen George W. Bush als Herausforderer im kommenden Jahr gegenüber zu treten, stehen indes gut. Von den mehr oder weniger 16 demokratischen Kandidaten, ist LaRouche derjenige, dem im Moment die Gunst der Stunde zu schlagen scheint. Sollte George W. Bush bis zu den Wahlen im kommenden Jahr im Amt bleiben, hoffe ich, dass er gegen LaRouche antreten muss. Und dieses Mal sollte richtig ausgezählt werden und nicht das nötige Taschengeld den Ausschlag geben. Eine zweite manipulierte Wahl verträgt auch die selbsternannte "Mutter aller Demokratien" nicht.

Womit sich der Kreis wieder schließt. Wer in anderen Ländern Kriege vom Zaun bricht, ohne triftige Gründe (bisher wurden keine Massenvernichtungswaffen im Irak entdeckt) und eine Demokratie von oben herab aufdoktrinieren will, sollte erst einmal vor seiner eigenen Haustür kehren. Die derzeitige amerikanische Regierung hat in dieser Hinsicht genug zu tun. Dem Gestank nach zu urteilen, der sich aus dem weißen Haus über die ganze Welt auszubreiten scheit, wird es auch höchste Zeit dazu.

Ciao,
Euer Campi

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