Moin,
in
der letzten Zeit standen Schulden als Themen dieser Kolumne hoch
im Kurs. Warum etwas Erfolgreiches ändern? Erwähnung fand
dabei ja auch das Land Argentinien. Das Land der Rinder und Gauchos.
Das Land der Telenovelas und von Diego Armando Maradona. Er wurde
auch die "Hand Gottes" genannt. Probleme hat sein Land
in erster Linie mit Institutionen von "gods own country",
Amerika, in letzter Zeit. Der IWF ist zwar eine globale Organisation,
das Sagen haben aber die anglo-amerikanischen Finanzinstitute. Allen
voran die der amerikanischen Ostküste. Argentinien ist pleite.
Ob nun in den Ruin getrieben oder hineingeschlittert sei einmal
dahingestellt. Knapp 190 Mrd. US-Dollar an Schuldendienst konnte
bzw. wollte das Land nicht mehr begleichen. Ruck-Zuck brachen daraufhin
Volksaufstände und Chaos aus. Die "gewählten"
Präsidenten gaben sich in der Folgezeit die Klinke in die Hand.
Hat sich dadurch und seitdem etwas geändert? Wohl kaum. Nur
die Medien haben wichtigere Dinge zum Veröffentlichen gefunden.
Die argentinische Krise ist wieder in das zweite Glied der Meldungen
zurückgetreten.
Wäre
da nicht der neue Präsident Néstor Kirchner und die
immer noch auf Begleichung wartenden internationalen Gläubiger.
Neue Besen kehren gut, heißt es. Mit Kirchner schien sich
dieses geflügelte Wort zu bewahrheiten. Das zarte Pflänzchen
des wirtschaftlichen Aufschwungs erblühte und gedieh prächtig.
Langsam zwar, aber wir wissen ja: Gut Ding will Weile haben. Jetzt
funkt der IWF dazwischen. Wie so oft, wenn es mal nicht nach seinem
Gusto bzw. nicht zum Wohl der Globalisierung geht. Eine Rate von
2,9 Mrd. US-Dollar sollte Argentinien kürzlich bezahlen. Dies
entspricht etwa einem Viertel der Devisenreserven des Landes. Es
erschien dem Präsidenten daher ratsam, die Rate nicht zu bezahlen.
Wieso auch? Schulden begleichen auf Kosten der Armen? Wo doch bald
Regionalwahlen anstehen. Reines politisches Macht-Kalkül so
scheint es. Aber Kirchner fährt damit richtig. Streitpunkte
mit dem IWF, mit dem man auch in Zukunft über die Schuldendienste
weiter verhandeln will, sind folgende:
- Argentinien
soll die kommenden Haushaltsüberschüsse - derzeit bewegen
sich diese bei rund vier Prozent - als Schuldendienste verwenden.
Damit stünden aber wieder mit hoher Wahrscheinlichkeit Bürgerunruhen
auf der Tagesordnung. Kirchner wäre sein Amt schneller wieder
los, als der IWF "Geld" sagen kann.
- Der
zweite Stolperstein sind die Gebühren für Wasser, Strom,
Erdgas und Telefon. In diese Bereiche haben vor allem spanische,
italienische und französische Unternehmen unter dem früheren
Präsidenten Carlos Menem Milliarden von US-Dollar investiert.
Nach der Abwertung vor eineinhalb Jahren um etwa 60 Prozent sind
die Gewinne magerer geworden und der Staat genehmigte bis heute
keine Gebührenerhöhungen. Presseberichten zufolge üben
diese Unternehmen über ihre Heimatregierungen erheblichen
Druck innerhalb des IWF aus, Argentinien nur dann grünes
Licht für einen neuen Kredit zu geben, wenn die Regierung
die Anhebung der Gebühren genehmigt. Aber auch das kann sich
Kirchner im Vorfeld der wichtigen Regionalwahlen kaum leisten.
- Auch
das dritte Thema hat es in sich. Es betrifft die Frage, ob die
privaten Banken vom Staat Entschädigung verlangen können,
weil sie durch Gerichtsentscheidungen gezwungen wurden, vom Staat
zwangsweise auf Peso umgestellte Dollarguthaben später doch
in Dollar auszuzahlen. Mehrere Milliarden US-Dollar soll es die
Banken gekostet haben, sich diese Devisenbeträge gegen Hergabe
inzwischen abgewerteter Pesos zu besorgen. Die Banken jedoch aus
öffentlichen Kassen zu entschädigen, käme zurzeit
einem politischen Harakiri gleich. Denn die Regierung von Interimspräsident
Eduardo Duhalde (2002-2003) hatte dafür gesorgt, dass die
privaten Banken als die Hauptschuldigen für den Verlust der
Devisenguthaben angeprangert wurden. Die Wut der Menschen über
den Verlust eines erheblichen Teils ihrer Ersparnisse richtete
sich deshalb gegen die privaten Geldhäuser.
Man
sieht, es ist nicht einfach. Entweder Schuldendienste für neue
Kredite, die dann unter ganz bestimmten Voraussetzungen nur gegeben
werden oder das Übel bei der Wurzel packen und das Geld gegen
interne argentinische Probleme einsetzen, statt es den internationalen
Geldhaien und Anlegern in den Rachen zu werfen. In Argentinien herrschen
Armut und hohe Arbeitslosigkeit. Die internationalen Medien gehen
auf dieses Thema allerdings nur unzureichend ein. Für sie ist
Argentinien das Land, das seine Schulden nicht begleicht. Nach den
Hintergründen wird kaum gefragt. Sie sind bestenfalls eine
kleine Randnotiz wert. Im Normalfall werden sie dezent unter den
Teppich gekehrt. Bevor man sich daher ein Urteil erlauben sollte,
insofern man nicht auf argentinischen Anleihen sitzt, sollte man
versuchen zwischen den Zeilen zu lesen. Oft genug findet man da
wirkliche Informationen. Das Problem sind nicht die Schulden, auch
nicht Argentinien - Brasilien und Venezuela geht es nicht viel besser,
die USA will ich hier gar nicht erst anführen - das Problem
ist der IWF. Hier müsste man den Hebel ansetzen. Das IWF-System
krankt, aber der Arzt, der das diagnostiziert, wird noch gesucht.
Ciao,
Euer Campi
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