Moin,
jahrelang
durfte man als DDR-Bürger nicht so ohne weiteres zum "Klassenfeind"
in die Vereinigten Staaten reisen. Dann durfte man, es war aber
dank des ungünstigen D-Mark/US-Dollar-Wechselkurses zu teuer.
Dann kam der Euro. Dessen Stärke gegenüber dem Dollar
hielt jedoch nicht lange an, es dauerte vielmehr nur ein paar Wochen
und das alte D-Mark/US-Dollar-Verhältnis galt auch für
den Euro. Heutzutage bekommt man für den Euro endlich weit
mehr US-Dollar und was macht der US-Präsident? Er erhöht
die Sicherheitsvorkehrungen an den Flughäfen und vermiest den
Touristen damit den American Way of Life (die Sicherheitsfrage
wurde natürlich geraume Zeit im voraus gestellt, was jedoch
nichts daran ändert, die EU-Bürger nur unter erschwerten
Bedingungen in die USA zu lassen).
Trotzdem
sollte man sich über die Stärke des Euro freuen, war dies
doch ein, wenn nicht sogar das Hauptmerkmal der heiß und innig
geliebten D-Mark. Aber wie so oft: die große Mehrheit der
Bevölkerung scheint mit dem Erreichten nicht zufrieden. Dafür
könnte es nun mehrere Gründe geben: Einerseits gibt es
hierzulande nicht so viele Dinge, die man für US-Dollar käuflich
erwerben könnte (abgesehen von US-Teppichmessern aus US-Army-Shops
vielleicht). Andererseits steht vielen Deutschen derzeit nicht der
Sinn nach Reisen. Auch das hat wiederum mehrere Gründe: Zum
Einen befindet sich in den deutschen Portemonnaies dank der lahmenden
Wirtschaft nicht mehr das zum Reisen nötige Kleingeld und zum
Anderen wollen nur wenige ein Land besuchen, dass von einem "Quasi-Diktator"
beherrscht wird (Nein, es geht nicht um Kuba.). Tja, es ist schon
eine Crux... mit dem Euro.
Bleibt
nun die Frage, was uns dieses Jahr erwarten könnte. Das Gusto
der meinungsbildenden Medien hierzulande lautet eindeutig: die EZB
muss die Leitzinsen senken. Hoppla, was hat der Euro mit dem Zins
zu tun? Dazu muss man tiefer in die Materie einsteigen. Alles was
jetzt folgt, ist ohne Gewähr. Schließlich
habe ich nicht vor, mich demnächst vor einem US-Gericht irgendwelchen
Schadensersatzforderungen gegenüber sitzen zu sehen.
Also,
los gehts. Der Grund für den starken Euro ist der schwache
US-Dollar. Dieser gilt als Welt-Leitwährung, aber das nur am
Rande. Der schwache Dollar, da sind sich die Experten weitgehend
einig, fußt u. a. auf dem riesigen Haushaltsdefizit (2003
bei rund 560 000 000 000 US-Dollar) und der enormen Verschuldung
der Haushalte. Die US-Regierung muss sich Geld besorgen, ebenso
wie die US-Bürger. Das geschieht zumeist im Ausland. Ausländische
Notenbanken, allen voran Japan, kaufen, um den Dollar zu stützen,
US-Staatsanleihen. Asiatische Notenbanken besitzen mittlerweile
für mehr als eine Billion (1 000 000 000 000!!!) US-Dollar
amerikanische Staatsanleihen. Vor drei Jahren waren es nur
700 Mrd. US-Dollar. Fed-Chef Greenspan sieht darin kein Problem.
Dank der globalen Wirtschaft (dominiert von US-Firmen) und dem damit
verbundenen globalen Finanzsystem, so gab er kürzlich zu verstehen,
werde es nur zu kleineren Verwerfungen kommen. Diese kleinen Probleme,
die bei der Lösung des Problems schwacher US-Dollar auftreten
könnten, kann man bereits erahnen, wenn man bedenkt, was passiert,
wenn der US-Dollar nicht mehr von ausländischen Notenbanken
gestützt werden würde. Allein Japan könnte einen
crash-artigen Sturz des Dollar heraufbeschwören, falls sie
ihre Geldmittel nicht in die Stützung des Dollar und in Aufkäufe
von US-Staatsanleihen stecken würden. Der niedrige Zinssatz
in den USA verbietet das schon seit längerem. Allerdings sind
niedrige Zinsen positiv für die Wirtschaft. Die Theorie besagt,
dass durch niedrige Zinsen die Refinanzierung der Wirtschaft günstiger
ist und somit neue Investitionen zu günstigeren Konditionen
getätigt werden können. Private Haushalte sollen zudem
dadurch animiert werden, weniger auf die hohe Kante zu legen und
mehr zu konsumieren. Der billige US-Dollar hilft ebenfalls der US-Wirtschaft.
Exporte von US-Gütern werden damit günstiger. Insofern
dürfte George W. Bush mit einem schwachen Dollar durchaus leben
können. In diesem Jahr sind Präsidentschaftswahlen. Um
sein Volk bei seiner Stange zu halten, dürfte eine boomende
US-Wirtschaft ihm mehr Wählerstimmen bringen, als eine Invasion
Kubas, der letzten Diktatur Amerikas, wie sich der in
der Montag-Nacht-Pro7-Cartoonshow 2dTV verhonepibelte
Bush kürzlich ausdrückte. Die Sache hat nur einen Haken:
Importe werden teurer. Und da die USA nicht umsonst ein so hohes
Handelsdefizit haben, könnte sich das europäische Problem
schwacher Dollar auch zum Problem für Amerika ausweiten. Durch
die dadurch ansteigende Inflation wäre die Fed zur Zinserhöhung
gezwungen.
Kurz
zusammengefasst bedeutet das: Europas Export-Wirtschaft hat derzeit
stark unter dem schwachen US-Dollar zu leiden. Der Aufschwung könnte,
wenn man einigen Wirtschaftsexperten Glauben schenken will, gefährdet
sein. Der EZB wird angeraten die Zinsen zu senken, um den Euro im
Vergleich zum Dollar billiger zu machen. Andererseits profitiert
die US-Wirtschaft vom starken Euro, da sie ihre Waren im Ausland
(besonders in Europa) teurer verkaufen können.
Gleichzeitig wird weniger aus Europa importiert, weil der Euro so
stark ist. Dies führt wiederum zu einem steigenden Inflationsrisiko
in den USA, welches durch das hohe Haushaltsdefizit weiter angeheizt
wird. Natürlicherweise müsste sich das ganze Szenario
von selbst und ohne jegliches Eingreifen von außen auf einem
gesunden Niveau stabilisieren. Wirtschaftsexperten sehen ein gesundes
Euro-Dollar-Verhältnis bei 1,20 bis 1,25 US-Dollar je Euro.
Somit befinden wir uns derzeit innerhalb dieser Range. Selbst wenn
das faire Verhältnis bei 1,15 liegen sollte, sind die derzeitigen
1,24 US-Dollar je Euro kein Grund zur Panik. Schließlich lag
das Euro-Dollar-Verhältnis lange Zeit unterhalb der Parität.
Geschadet hat es kaum jemandem. Aber das Geschrei von der weichen
Währung Euro war groß. Genau wie heute, aber eben umgekehrt.
Sehen
wir das derzeitige Erstarken des Euro zum Dollar oder umgekehrt
die Dollar-Schwäche zum Euro als Normalisierung des Kursverhältnisses
an. Der einstmals unterbewertete Euro hat etwas Boden gut gemacht
und der einst überbewertete Dollar hat Terrain eingebüßt.
Erst wenn das Verhältnis über 1,35 oder 1,40 steigt und
dazu noch längere Zeit dort verharrt, sollte man sich Gedanken
machen. Derzeit kann ich Ihnen nur eins raten: Kaufen Sie sich für
amerikanische Bucks in einem amerikanischen Army-Shop in Deutschland
ein Teppich-Messer und fliegen Sie damit ins gelobte Land (USA),
lernen Sie die netten Flughafen-Sicherheitskräfte kennen und
genießen Sie ihren Aufenthalt in den Vereinigten Staaten.
All das haben Sie nur dem starken Euro zu verdanken! Oder tanken
Sie mal wieder billig. Ach, so billig ist das gar nicht? Eigentlich
müsste Benzin viel günstiger an den Tanken zu haben sein?
Richtig! Aber das ist eine andere Geschichte......
Ciao,
Euer Campi
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