"Shop ´til you drop"
von Carsten Lexa
01.01.2004

Ich hatte das Glück, in Florida schon am 15. Dezember 2003 einzutreffen, also noch vor Weihnachten. Es war das erste Mal in meinem Leben, daß ich Weihnachten nicht im kalten Deutschland verbringen würde,mit meinen Eltern und meiner Freundin, wartend, ob es dieses Jahr weiße Weihnachten geben würde, sondern im tropischen Florida (immerhin mit Freundin), wo das ganze Jahr lang die Sonne scheint, und selbst im Dezember die Jacke im Koffer bleiben kann (sofern man überhaupt eine mitgenommen hat). Was also war jetzt das Glück daran, vor Weihnachten hier anzukommen? Nun, ich bekam dadurch die Gelegenheit, zu erleben, wie Amerikaner Weihnachten hier in Florida begehen.

Dabei prägt natürlich das warme Wetter. Sie können sich ja mal Weihnachtsdekoration vorstellen, (insbesondere Weihnachtsbeleuchtung in allen denkbaren Formen, aber auch Plastikweihnachtsbäume und aufblasbare Schneemänner) dazu Weihachtslieder summen und dann die Vorstellung in ihrem Kopf mit Menschen in Bikini und Badahose, Palmen und Sonne von 7-18 Uhr anreichern. Die ganze Weihnachtsidee wirkt einfach nicht. Auch an Schnee ist hier nicht zu denken (obwohl es vor ca. 40 Jahren in Miami an Weihnachten Schnee gegeben hat), vielmehr darf „Santa“, wie er hier einfach genannt wird, in seinem roten Mantel in der Sonne schwitzen. Das führt dann oftmals dazu, daß Santa nur dadurch zu erkennen ist, daß er eine rote Mütze trägt. Und weil diese rote Mütze den Amerikanern so gut gefällt, trägt Hinz und Kunz diese Mütze (es gibt sie auch für Babys) – ob mit Blinklicht oder ohne (im übrigen auch die Touristen; Japaner mit Kamera und Mütze stellen dabei – bei allem Respekt – die albernste Erscheinung dar). Neben dem Original-Santa findet man in „The Bikini State“ auch die weibliche Variante von Santa, „Santarine“, in knappem Bikini (in Rot) und mit der obligatorischen Mütze. „HoHoHo“ ist übrigens eines der beliebtesten geflügelten Worte bei Werbe-Jingles in der Weihnachtszeit.

Und wenn wir schon mal bei Werbejingles sind, dann sind wir auch schon beim „Business“. Weihnachtszeit ist Shopping-Zeit in Amerika. In jedem Werbespot wird darauf hingewiesen, daß man seine „Lieben“ nicht vergessen soll – und damit sind nicht nur die Familienmitglieder gemeint. Nein, in der Weihnachtszeit gehören dazu – zumindest nach Meinung der Handelsketten und Einzelhändler – auch die Bekannten, Arbeitskollegen, und alle sonstigen flüchtigen Bekannten. Und die amerikanischen Verbraucher hören die Botschaft gerne (nun ja, nicht ganz so gerne in diesem Jahr, das von Terror und Angst um den Arbeitsplatz geprägt ist sowie einer schleppend verlaufenden Wirtschaft, aber für die wichtigsten Freunde, Bekannte und Arbeitskollegen hat Man(n) und Frau natürlich noch ein paar „Bucks“ übrig), die Shoppingcenter und -malls sind voll von Menschen, und ist eine Kreditkarte „leergekauft“, dann besorgt man sich halt eine neue von einer anderen Bank – es ist ja so einfach, und die Zinsen sind ja so niedrig.

Die Händler tun dieses Jahr aber auch alles, um die Konsumenten zum Einkaufen zu animieren. Kein Geschäft, daß dieses Jahr zur Weihnachtszeit nicht besondere Verkaufsaktionen startet und keine Zeitung, die nicht Anzeigen von „dem größten Christmas-Sale aller Zeiten“ bei irgendeinem Einzelhändler schaltet (sogar die „New York Times“ war voll mit Anzeigen). Manche Malls stellen Schneekanonen auf, um die Kundschaft anzulocken, und Heerscharen von Santas stehen Gewehr bei Fuß, um die Kinder zu unterhalten, damit Mami und Daddy beim Geldausgeben nicht all zu sehr von den „lieben Kleinen“ abgelenkt werden. Business ist wirklich „BIG“ in der Weihnachtszeit.

Ich glaube, für Deutsche ist es sehr schwer, sich das Ausmaß der Shopping-Aktivitäten hier in Amerika vorzustellen. Es dreht sich, um es einfach zu sagen, in den Tagen vor Weihnachten alles, aber auch wirklich alles um das „Christmas-Shopping“. In den Zeitungen und Magazinen sind die besten Artikel diejenigen, die sich mit dem „sinnvollen Shoppen“ beschäftigen – und dabei natürlich immer die neuesten, ausgefallensten und billigsten Schnäppchen präsentieren. Jedoch ist scheint auch diesen Zeitschriften bewußt zu sein ,daß der amerikanische Verbraucher dieses Jahr nicht so viel Geld ausgeben kann, deshalb behandeln viele Artikel das Thema: „Viel haben für wenig Geld“.

Der in diesem Jahr finanziell nicht so betuchte amerikanische Konsument bereitet den Verkäufern wirklich Kopfzerbrechen. Um ihn bei Laune zu halten, überbieten sich die Ketten und großen Kaufhäuser mit Extras und Sonderangeboten. Nach Preisnachlässen von 10% braucht man gar nicht suchen, daß ist fast schon Standard und bedarf keiner gesonderten Erwähnung. Los geht es bei 20% Nachlass, und so richtig interessant wird es bei 30, 40 oder 50%. Wer jetzt meint, diese Rabatte seien dann aber die Ausnahme, der täuscht sich. Vielmehr stellen sie die Regel dar. Ich habe es selbst mitgemacht. Markenartikel, insbesondere Bekleidung, aber auch Schmuck und Autos sind hier drüben so billig, daß es eigentlich schon lächerlich ist – und dabei ist der für Europäer günstige Wechselkurs nicht gar nicht berücksichtigt. Wer es noch billiger haben will, geht in die Outlet Center oder besucht Ketten wie „Ross“, in denen man Markenartikel zu Schleuderpreisen kaufen kann.

Daneben gibt es natürlich kostenlose Verpackungs-Aktionen, „Get 2 for 1“-Angebote, und – der letzte Schrei in Sachen „Verkaufsaktion“ – den sogenannten „Mail-in Rebate“. Das ist nichts anderes als ein Rabatt, aber einer, den man erst erhält, wenn man seine Einkaufsquittung an die Herstellerfirma geschickt hat. 8 Wochen später erhält man dann einen Scheck über die versprochene Summe. Für die Hersteller eine tolle Sache: denn sie können verstärkt mit den niedrigen Preisen werben (daß der Preis nur durch den „Mail-in Rebate“ so günstig ist, wird dann natürlich etwas zurückhaltender in den Werbeprospekten dargestellt), und darauf hoffen, daß die Käufer entweder vergessen, ihren Coupon einzusenden, oder daß sie ihn aus Versehen einfach in den Müll werfen. So gesehen ein toller Einfall der Verkäufer.

Das ganze Shopping-Event strebt dann seinem Höhepunkt entgegen, dem 24. Dezember. An diesem Tag haben die Geschäfte selbstverständlich lange auf, denn der eigentliche Feiertag in Amerika ist der 25. Dezember, und am 24. werden noch die letzten Einkäufe getätigt, weshalb lange Öffnungszeiten für die Geschäfte Pflicht sind.

Am 25.Dezember dann ist Weihnachten – die Augen strahlen ob der vielen Geschenke (oder auch nicht, wenn das falsche geschenkt wurde), und „Shopping-Amerika“ hält für einen Moment den Atem an. Dies ist die Zeit, in der die Ferien beginnen, und viele Eltern dafür Urlaub nehmen. Doch Weihnachten ist nur ein Atemholen. Denn wer meint, jetzt wäre das Shopping-Event zu Ende, und nun würde das Leben wieder „normal“ verlaufen, stellt schnell fest, daß er sich bitter getäuscht hat. Denn nach Weihnachten ist – richtig – „Shopping-Zeit“!

Was, wird sich der geneigt Leser nun denken, schon wieder einkaufen? Haben die Amerikaner noch nicht genug? Nein, haben sie nicht. Zum einen werden nämlich in der Woche nach Weihnachten die vielen Geschenke umgetauscht, die man entweder schon hatte, die nicht gepaßt haben, oder die man aus sonstigen Gründen wieder loswerden will (laut Statistik werden 5-6% aller Weihnachtsgeschenke in Amerika umgetauscht). Schon aus diesem Grund sind die Geschäfte zum Bersten voll, denn wenn man schon mal sein Geld zurückbekommt, dann kann man ja gleich wieder etwas anderes kaufen..

Zum anderen ist es jetzt die Zeit des „Jahresend-Clearance-Sales“, also des großen Schlussverkaufs. Die Lager müssen geräumt werden und deshalb werden Rabatte bis zu 70% gewährt, da heißt es natürlich noch einmal „Zugreifen“. Insbesondere Autos, Möbel und Schmuck werden regelrecht „verramscht“. Dummerweise ist vielen Konsumenten während der Weihnachtszeit bewußt, daß die Preise nach Weihnachten noch weiter sinken fallen, so daß sie ihre Einkäufe – sofern möglich – in die Zeit nach Weihnachten verlegen. Das ist auch ein Grund dafür, daß das Weihnachtsgeschäft dieses Jahr nicht so gut für die Händler verlaufen ist, wie es erwartet wurde.

Normalität kehrt erst ab dem 01. Januar ein. Dann ist die Shopping-Schlacht geschlagen, die Kreditkarte hat ihren letzten Cent hergegeben, und die Zeit der großen Rabatte ist vorbei. Ganz vorbei? Natürlich nicht, denn das nächste Event steht schon in den Startlöchern – Valentinstag (am 14. Februar)......

Bis zum nächsten Mal,
Ihr Carsten Lexa

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