Viele
Anleger sind verzweifelt. Das Internet ist schon wieder ein alter
Hut, viele Kommunikationsunternehmen haben hohe Schulden und die
Computerbranche bewegt sich nicht vorwärts. Kann man überhaupt
noch in eine Branche investieren? Mancher Weise flüstert: "Macht
mal in Biotechnologie!" Erschrocken dreht man sich um und betet
zu allen Wirtschaftsgöttern. Biotechnologie? Viele Investoren
brechen in Tränen aus, wenn sie sich an die Zeit um 1990 und
die übertriebene Begeisterung des dot-com erinnern,
die hohen Wachstumszahlen der folgenden Jahre und dann, im Jahre
2000, an den Riesenhammer, der die Biotechnologiebranche in die
schwärzesten Tiefen schlug.
Aber
betrachtet man einmal nicht nur die schlechten Zahlen an der Börse,
sieht die Branche gar nicht so schlecht aus. Man könnte fast
sagen, über der Biotechnologie scheint die Sonne.
In Amerika hat die Branche sich gefasst, aus Fehlern gelernt. Nun
reift und wächst sie. Neue Unternehmen entstehen, entwickeln
neue Produkte oder beteiligen sich zumindest an deren Erforschung.
Aber nicht nur die USA hat die Biotechnologie wiedergefunden. Dänemark,
Schweden und Singapur entpuppen sich als neue BT-Mittelpunkte und
stellen jedes Jahr mehr Geld für die Forschung zur Verfügung.
Experten errechneten, dass das globale Biotecheinkommen im Jahre
2005 über 51 Milliarden Euro betragen wird. Letztes Jahr waren
es knapp 35 Milliarden.
Betrachtet man die Einkommen der US-Konzerne, kommt man auf ein
Ergebnis von knapp 8,5 Milliarden Euro. Dahinter folgen europäische
Unternehmen (2,1 Milliarden Euro) und Konzerne aus Kanada (knapp
eine Milliarde Euro). Damit war das letze Jahr das zweitbeste Biotechnologiejahr
überhaupt. Und da immer mehr Medikamente aus den Laboren an
den Markt kommen, werden auch Biotech-Unternehmen wieder zu beliebten
Investitionsobjekten. Es wurde ermittelt, dass amerikanische Investoren
im vergangenen Jahr mehr als 2,4 Milliarden Dollar in Biotech-Konzerne
investierten, in Europa immerhin knapp eine Milliarde Dollar.
Man
erkennt deutlich neue Trends am Biotech-Himmel:
1999 und 2000 investierte man vor allem in Unternehmen, die sich
mit den großen Forschungen (z.B. Krebsheilung) beschäftigte.
Nun erkennen Experten aber, das in weniger verbreitete Krankheiten
mehr investiert wird (z.B. Gaucherkrankheit oder Blasenkrankheiten).
Der Grund liegt auf der Hand. Man bekommt neue Medikamente viel
schneller auf den Markt, obwohl es ein eher kleinerer Markt ist.
Aber dieser Markt wurde bisher fast nicht unterstützt. Es besteht
große Nachfrage. Man schätzt ein jährliches Einkommen
von 100-200 Millionen Dollar durch diese Medikamente. Dies ist natürlich
wenig im Vergleich zu z.B. Krebsmedikamenten, die leicht eine Milliarde
Dollar pro Jahr einbringen, aber es ist leichter verdient.
Andere Unternehmen, wie Arqule aus Massachusetts, Cerep
aus Frankreich oder Amedis Pharmaceuticals aus Großbritannien
haben sich auf andere Weise spezialisiert. Viele Medikamente funktionieren
100%ig in der Theorie und in Testversuchen (auch Tierversuche),
aber beim Menschen stellt sich kein Erfolg ein. Solche kleinen Unternehmen
versuchen nun, erfolglose Experimente zu untersuchen und Ursachenforschung
zu betreiben, indem sie neue Testverfahren entwickeln die auf veränderten
Stoffwechselverfahren beruhen. Ein Verfahren, das noch in den Kinderschuhen
steckt, aber ein riesengroßen Potenzial besitzt.
Ebenso wird viel in das neue Antisenseverfahren investiert.
Normalerweise funktioniert ein Medikament, indem es mit einem Proteinmolekül
im menschlichen Körper reagiert, welches eine Krankheit unterstützt
oder eindämmt. Durch die Antisensemethode wird genetisch die
Entstehung von krankheitsunterstützenden Proteinen gehemmt.
Die Konzerne Genta (New Jersey), Isis Pharmaceuticals
und Gilead Sciences (beide Kalifornien) sind führende
Unternehmen im Bereich des Antisenseverfahrens.
Astex Technology (Großbritannien) erforscht Proteine,
indem man mit Hilfe von starker Röntgenstrahlung ein dreidimensionales
Bild des Proteins schafft, um somit genauere Medikamente finden
zu können. Das Verfahren beruht auf dem Schlüssel-Schloss-Prinzip.
Nur, wenn ein Medikament genau zu dem Protein passt, können
beide funktionieren.
Ebenso wird verstärkt in die Genforschung investiert, da jedes
Unternehmen hofft, zuerst den entscheidenden Durchbruch zu schaffen.
Hier winkt ein Milliardengeschäft.
Erschreckend
ist nur, wie stark die USA im Biotechnologiebereich ist. Schon heute
sind dortige Forschungslabore weit besser ausgerüstet und besetzt,
als in jedem europäischen Labor. In Amerika finden die Forscher
die besten Bedingungen, da man erkannt hat, das diese Branche wieder
ein gigantisches Potenzial besitzt. Dies kann verhindert werden,
wenn mehr Medikamente den Markt erreichen und ihn schließlich
sättigen. Oder wenn sich die anderen Länder zusammentun
oder sich speziell auf einen Bereich konzentrieren.
Direkte Konkurrenz braucht die USA auf jeden Fall nicht zu fürchten.
Obwohl Schweden und Dänemark schon als das neue Medicon
Valley gehandelt wird, als das viertgrößte Biotechnologiezentrum
nach den USA, Großbritannien und Deutschland.
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