Nicht
erst seit dem Pyrrhussieg der weltweiten Antiterrorkoalition im
Kampf gegen die Taliban und Usama bin Ladin in Afghanistan und dem
Auftauchen des Irak in der Achse des Bösen von
US-Präsident George W. Bush, ist der irakische Diktator Saddam
Hussein wieder in die besorgten Köpfe der westlich orientierten
Weltbevölkerung zurückkehrt. Bereits nach dem 11. September
2001 kam man dank der Medien nicht umhin, sich für den Irak
und dessen diktatorischen Präsidenten zu interessieren. Neoliberale
Vordenker wie Samuel Huntington, die bereits Jahre zuvor einen Kampf
der Kulturen vorhergesagt und damit quasi instruiert hatten,
sahen sich bestätigt. Die ganze Welt befand sich im Schock.
Die Vereinigten Staaten waren voller Wut. Statt des vorhergesagten
Jahrtausend des Friedens wurde nun das Jahrtausend
des Terrorismus proklamiert. Anstelle des Feindbildes Kommunismus,
sprich Sowjetunion, trat nun, Jahre nach Beendigung des Kalten
Krieges, das Feindbild des islamischen Terrorismus. Der Krieg
gegen den Terror begann nur wenige Wochen später.
Die
Geschichte des heute bekannten Landes Irak begann in den ersten
Jahres des letzten Jahrhunderts. Deutschland wollte durch das osmanische
Reich bis nach Bagdad die berühmt-berüchtigte Berlin-Bagdad-Bahn
bauen. Die Engländer sahen dies als Affront und als Angriff
auf ihre Vormachtstellung das Öl und die Welt betreffend. Was
folgte, war der 1. Weltkrieg mit Millionen von Opfern, einer Niederlage
Deutschlands, einer Zerschlagung des Osmanischen Reiches und einer
Neuordnung der Verhältnisse im Nahen Osten. Im
Jahr 1917 rückten britische Truppen, während ihre Verbündeten,
wie z.B. die Franzosen in Europa gegen Deutschland und Österreich
kämpften, im Irak ein. Systematische Bombenangriffe sorgten
für Ruhe in der Bevölkerung und schlugen Aufstände
nieder. Die Staatsgrenzen des Irak wurden schon vorher von Briten
und Franzosen willkürlich festgelegt. Die Saat für den
Hass unter den ethnischen Bevölkerungsgruppen, nicht nur im
Irak, sondern auch in Indien-Pakistan und Israel-Palästina
wurde damit bereits vor rund 100 Jahren zum Großteil vom britischen
Kolonialismus gesät. Stammesverbindungen und kulturelle Werte
blieben dabei auf der Strecke. Mit dem Zeichnen einer
weiteren Grenze des Irak im Süden, entstand Kuwait und dem
Irak blieb damit ein Zugang zum Persischen Golf verwehrt. Bereits
1932 wurde der Irak als souveräner Staat anerkannt und trat
dem Völkerbund bei. Das Land wurde allerdings, nach britischem
Vorbild, von einem König geführt.
Nach
dem 2. Weltkrieg betrat dann eine neue politische und wirtschaftliche
Macht die Bühne der Welt. Die Vereinigten Staaten von Amerika
schickten sich an, die unangefochtene Nummer Eins der Welt zu werden.
Mit ihr bekam auch das Bild des Nahen Ostens neue Konturen. Der
Vordenker des US-Außenministeriums George Kennan schrieb bereits
1948 diese hochschwangeren Worte:
Die
USA besitzen etwa 50 Prozent des Reichtums der Welt, machen aber
nur 6,3 Prozent der Weltbevölkerung aus. In dieser Situation
werden wir zwangsläufig mit Neid und Unmut konfrontiert werden.
Wir dürfen nicht der Täuschung erliegen, dass wir uns
den Luxus von Altruismus und weltweiter Wohltätigkeit leisten
können. Wir sollten aufhören, von so vagen und unrealistischen
Zielen wie Menschenrechte, Anhebung von Lebensstandards und Demokratisierung
zu reden. Der Tag ist nicht mehr fern, dass unser Handeln von
nüchternem Machtdenken geleitet sein muss.
Bereits
1951 wurden diese theoretischen Prioritäten der US-Außenpolitik
praktiziert. Im Iran verstaatlichte der an die Macht gekommene Mohammed
Mossadegh die Ölressourcen seines Landes. Die CIA betrieb daraufhin
seinen Sturz. Zyniker meinen heute, es gebe mehr von der CIA bestimmte
und eingesetzte Präsidenten weltweiten, als demokratisch gewählte.
Nachfolger Mossadeghs wurde der Schah von Persien. Die
Verstaatlichung der Ölressourcen wurde rückgängig
gemacht. Die anglo-amerikanischen Ölgesellschaften konnten
wieder aus dem vollen Schöpfen. Ähnlich wie in Afghanistan
heute, regierte damit eine Marionette der USA das Land.
Das
Nachbarland des Iran, der Irak, wird von rund 20 Millionen Menschen
bevölkert. Diese spalten sich in drei große Bevölkerungsgruppen
auf. Die Mehrzahl der Bevölkerung, immerhin 60 Prozent, wird
von den Schiiten gestellt. Sie leben im Süden des Irak. Bekannteste
Stadt dort: Basra. Die Städte Nadjaf und Kerbala sind die berühmtesten
Pilgerstätten des schiitischen Islam. Die schiitische Richtung
des Islam ist die Staatsreligion des Iran. Enge Beziehungen der
iranischen und irakischen Schiiten sind die Folge. Im Norden wiederum
befindet sich das Hauptsiedlungsgebiet der irakischen Kurden. Sie
stellen immerhin ein Fünftel der irakischen Bevölkerung
und sind damit die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe.
Sie besitzen eine eigene Sprache, aber keinen eigenen souveränen
Staat. Sowohl in der Türkei, im Iran, im Norden und Nordosten
des Irak, in Syrien und in Armenien leben heute Kurden. In all diesen
Ländern stellen sie jedoch nur Minoritäten in der jeweiligen
Bevölkerung. Bleiben noch die irakischen Sunniten. Ihr Hauptgebiet
liegt im mittleren Irak. Bekanntester Sunnit ist Saddam Hussein.
Die Sunniten stellen die kleinste Bevölkerungsgruppe des Irak.
Dank des Präsidenten Hussein und seiner Verwandten und Fürsprecher
stellen sie jedoch auch die einflussreichste und machtvollste Gruppe
dar. Rund 20.000 Sunniten, eng verflochten mit Saddam Hussein, herrschen
über den Rest der Bevölkerung. Vergleiche mit den Paschtunen
und Afghanistan fallen auch hier auf.
Saddam
Hussein wurde 1937 geboren und trat 1956 der sozialistisch angehauchten
Baath-Partei bei. Im Jahre 1958 wurde gegen den von den Briten eingesetzten
König geputscht. Abd al-Quassim übernahm die Macht. Mehrere
Putschversuche später, u.a. daran beteiligt Saddam Hussein,
aber auch der US-Geheimdienst CIA, übernahm die Baath-Partei
1968 im Irak die Macht und Hussein wurde Vizepräsident unter
dem Herrscher Ahmed Hassan Bakr. Hussein zeigte sich daraufhin für
den Aufbau eines weitverzweigten Geheimdienstnetzwerkes zuständig
und vernichtete mit dessen Hilfe einen Großteil der Gegner
von Bakr und der Baath-Partei. Auch hier sorgte die Verstaatlichung
der Ölressourcen 1972, immerhin besitzt der Irak die zweitgrößten
Reserven der Welt, für böses Blut mit den Amerikanern,
an dessen Spitze ein Präsident Nixon stand. Er sorgte mit Hilfe
des Schah von Persien für die Bewaffnung der irakischen Kurden
im Norden des Irak. Zugleich propagierte man gegen den Irak, als
Staat, der den Terror unterstützt. Der Schah und
der Irak einigten sich kurz darauf über die Nutzung des Schatt
al-Arab. Der Schifffahrtsweg im Persischen Golf unterstand nun den
amerikanisch wohlgesinnten Iranern. Daraufhin lieferten die Amerikaner
keine Waffen mehr an die im irakischen Norden lebenden Kurden. Das
hierfür eingesparte Geld nutzte man aber für die Aufrüstung
des Iran. Früher oder später musste es um Konflikt zwischen
diesen beiden Staaten, wegen des Schatt al-Arab kommen.
Durch
die unmenschlichen Lebensbedingungen im Iran unter dem Schah kam
es zu mehreren Aufständen. Im Volksaufstand von 1979 wurde
schließlich der Schah, samt seiner Amerika-freundlichen Politik
zum Teufel gejagt. Ajatollah Chomeini betrat die Weltbühne.
Statist sollte er nicht bleiben. In das Rampenlicht trat auch Saddam
Hussein. Er entmachtete nahezu zeitgleich den bisherigen irakischen
Herrscher Bakr und wurde Präsident des Irak. Seine Herrschaft
festigte er zu Beginn bereits mit Hilfe des von ihm aufgebauten
Geheimdienstnetzes und der Exekution aller ihm gefährlich erscheinenden
Rivalen.
Die
USA dagegen, in Besinnung auf die Äußerungen Kennans,
verabschiedeten die Carter-Doktrin. Sie besagten, dass
die Vereinigten Staaten in der Region des Nahen Osten militärisch
eingreifen würden, falls ihre Ölinteressen bedroht würden.
Die Sicherung des Zugriffs auf den reichlich vorhandenen und benötigten
Rohstoff stand also an erster Stelle. Zbignew Brzezinski, damaliges
Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates der USA, und, wie sein
Freund Henry Kissinger, auch heute noch immer beratende
Tätigkeit ausübend, forderte damals unverhohlen einen
Krieg der beiden Staaten Iran und Irak. In aller Öffentlichkeit
befahl er Hussein, sich den Schatt al-Arab zurückzuholen. Der
Iran bändelte unterdessen mit der Sowjetunion an. Der Nachfolger
von US-Präsident Carter, der ehemalige Hollywood-Schauspieler
und B-Western-Star Ronald Reagan sah die Vormachstellung der USA
in der Nahost-Region durch ein Erstarken des Iran als große
Gefahr an. Die Aufrüstung des Irak und die Stärkung des
Präsidenten Hussein waren die logische Folge. Erst Feind, dann
Freund. Später sagte dann US-Außenminister Baker über
Hussein: Er ist zwar ein Schurke, aber er ist unser Schurke.
Parallelen zum Vorgehen in Afghanistan werden auch hier überdeutlich.
Saddam
Hussein ließ sich natürlich auch nicht lange bitten.
Zu groß war sein Hunger nach Macht und iranischem Öl.
Zu groß seine Abneigung gegen den islamischen Fundamentalismus,
wie ihn Chomeini verkörperte. Und zu groß war das Drängen
der Vereinigten Staaten. 1982 wurde der Irak von der Liste der Länder
gestrichen, die den Terror unterstützen oder/und finanzieren.
Volle diplomatische Beziehungen nahmen die USA 1984 auf. Zudem begann
man militärisch und geheimdienstlich zusammenzuarbeiten. Irakische
Streitkräfte wurden mit schweren Waffen ausgerüstet, bekamen
Satellitenaufklärungsfotos der Amerikaner und wurden in taktischer
Kampfführung geschult. Inwieweit sich ein Mittelklasse-Schauspieler
mit maximal durchschnittlicher Intelligenz der Folgen seines Handelns
damals bewusst war, sei einmal dahingestellt. Parallelen zum heutigen
US-Präsidenten liegen allerdings auf der Hand. Bereits damals
berieten und arbeiteten schon solche Friedensgrößen
wie Rumsfeld und Cheney und zogen im Hintergrund die Fäden.
Mehr als eine Milliarde US-Dollar ließ man sich die Aufrüstung
des Irak in den Anfangsjahren der 80-er kosten. Selbst als Insektenbekämpfungsmittel
deklarierte Chemikalien, zur Herstellung von chemischen Kampfstoffen
nutzbar und Anthrax-Sporen, sowie Nährlösungen zur biologischen
Aufrüstung lieferte der damalige Waffenbruder USA. 15.000 iranische
Soldaten starben bei irakischen Giftgasangriffen. 4.000 Kurden kamen
1986 in Chalabscha um, als Saddam Hussein Giftgas gegen seine eigene
Bevölkerung einsetzte. Den kritischen Medien sei Dank, gingen
zumindest diese Bilder um die Welt.
Der
Irak hätte den Krieg unweigerlich verloren, wäre man nicht
von Seiten der USA unterstützt wurden. Aber wie bereits bei
vielen Kriegen zuvor unterstützten die USA auch die Gegner.
Im Austausch für Gefangene verkauften die Amerikanern u.a.
1.000 TOW-Raketen an die Iraner. Die Erlöse aus diesem Verkauf
stellte man den Contras in Nikaragua zur Verfügung. Als dann
1988 ein Waffenstillstand zwischen den beiden Ländern geschlossen
wurde, waren beide Staaten, sowohl der Irak, als auch der Iran wirtschaftlich
am Boden. Nur die USA profitierten von diesem Krieg. Reagan wurde,
trotz der Iran-Contra-Affäre zuvor wiedergewählt.
Aber
wie beim 1. Weltkrieg, liegen im Iran-Irak-Krieg bereits die Ursachen
und Gründe für darrauffolgende Konflikte. Die letzten
Endes wieder in einem Krieg münden. Wer nicht aus der Geschichte
lernt, ist verdammt dazu, sie zu wiederholen. Das Problem dabei
ist, dass zumeist die Unschuldigen die Hauptlast zu tragen haben,
während sich andere, wenige schadlos halten. Der Boden für
den 1. Irak-Krieg war bereitet...
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kam......
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