Die
Zeit der Abrechnung naht drohte unlängst US-Präsident
Bush dem Irak. Sowohl Streitkräfte der Vereinigten Staaten,
als auch von Großbritannien werden derzeit an den Persischen
Golf verlegt. In britischen Medien ist die Rede von zunächst
20.000 britischen Soldaten. Das Kontingent der Amerikaner ist mittlerweile
fast auf dem Niveau des ersten Krieges gegen den Irak. Nachdem bereits
die Historie dieses Konfliktes der Amerikaner mit Saddam Hussein
ausführlich geschildert wurde und auch nach eventuellen Gründen
für einen erneuten Angriff gesucht wurde, sollen jetzt einmal
die Folgen einer erneuten militärischen Auseinandersetzung
näher betrachtet werden. Der Fokus soll sich dabei auf die
Kosten, die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und die Situation
des Irak und des Nahen Osten nach einem zweiten Irakkrieg richten.
Was
kostet also der ein eventueller zweiter Teil der Privatfehde
Bush vs. Hussein und welche wirtschaftlichen Folgen wären zu
erwarten?
Genaue
Zahlen findet man nirgendwo. Überall liest man nur Schätzungen.
Und auch diese liegen meist weit auseinander. Was sie jedoch eint,
ist die Tatsache, dass sich die Kosten drastisch erhöhen werden,
wenn der Krieg nicht, wie eigentlich an den Schreibtischen des US-Verteidigungsministeriums
geplant, nur wenige Wochen, sondern mehrere Monate, ja bis zu mehreren
Jahren dauert. Ein kurzer, und erfolgreicher Militärschlag
gegen den Irak wäre für die Konjunktur in den Vereinigten
Staaten wahrscheinlich besser, als wenn es nicht zu einem Krieg
kommt. Zu diesem Schluss kamen unlängst Ökonomen auf einem
Kongress des Center for Strategic and International Studies, kurz
CSIS, einer amerikanischen Denkfabrik. Man braucht keinen überdurchschnittlichen
IQ, um zu erahnen, wer diese Denkfabrik betreibt bzw. von wem sie
die nötigen Mittel erhält. Die Ökonomen auf diesem
Kongress waren weiter der Meinung, dass wenn es gelänge, die
Herrschaft Saddam Husseins innerhalb von nur vier bis sechs Wochen
abzulösen, der Ölpreis auch nur für kurze Zeit in
die Höhe schnellen werde. Anschließend dürfte er
sich im Bereich unterhalb der 25 US-Dollar je Barrel bewegen. Dies
vernuten u.a. Meyer (Fed), Dudley (Goldman Sachs), DiClemente (Salomon
Smith Barney) und Schneider (Deutsche Bank). Überdies sei ein
kurzes kriegerisches Intermezzo mittelfristig von großem Vorteil
für die Arbeitslosenquote der Vereinigten Staaten. Die Konjunktur
würde auch schneller wieder in Gang kommen, als bei einem Friedensszenario.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber sinkende Arbeitslosenquoten
mit dem Tod von Zehn-, wenn nicht sogar von Hunderttausenden von
Menschen zu erkaufen, ist gelinde gesagt, nicht die feine Art. Es
stinkt eher zum Himmel.
Aber
natürlich gibt es bei dem Szenario, welches von den Vordenkern
der CSIS präferiert wird auch Nachteile. Die recht zuversichtlichen
Prognosen der Volkswirte fußen nämlich auf einer Reihe
von höchst bedenklichen Annahmen: Zum einen unterstellen sie,
dass Saudi-Arabien den zwischenzeitlichen irakischen Ölproduktionsausfall
durch eine Erhöhung der eigenen Ölfördermengen ausgleichen
wird. Hier besteht zwar das Problem, dass das saudische Königshaus
immer mehr in die Schusslinie innenpolitischer Machtkämpfe
gerät und ein Abrücken von der amerikanischen Linie durchaus
im Bereich des Möglichen liegt, wenn die eigene Machtposition
gefährdet wäre. Allerdings kann sich die Königsfamilie
derzeit auch nur mehr oder weniger mit Hilfe der Amerikaner an der
Macht halten. Was eine Neuorientierung und Unterstützung der
Gegner der Amerikaner natürlich nicht ausschließt. Im
Endeffekt ist die Loyalität der Saudis egal, denn nicht nur
bei ihnen wird Öl gefördert. Und wer verzichtet schon
gern auf Zusatzeinnahmen. Besonders arg in Bedrängnis ist hier
in letzter Zeit das Venezuela von Hugo Chavez geraten. Auch die
Russen könnten in Versuchung geraten, mehr Öl loszuschlagen.
Auch deshalb weil ihre Vorverträge mit dem Irak bei einem Krieg
hinfällig wären. Damit ist auch das Nein der
Russen und Franzosen im Sicherheitsrat zu verstehen, da beide bereits
Verträge über Öllieferungen und über den Aufbau
einer neueren Ölförder- und Verarbeitungsindustrie im
Irak in der Tasche haben. Sowohl TotalFinaElf, als auch Gazprom
haben damit die amerikanischen und britischen Größen
ExxonMobil und Shell bzw. BP ausgestochen. Allerdings nur, wenn
es nicht zu einem zweiten Irakkrieg käme.
Die
zweite Annahme der amerikanischen Ökonomen von CSIS ist die,
dass es bei einem Krieg nicht zu größeren Schäden
an den Produktionsanlagen im Irak oder anderswo in der Region kommen
dürfe. Das anderswo in der Region sollte hier mehr
interessieren. Die amerikanischen und britischen Luftstreitkräfte
dürften wohl keine Probleme haben, die Ölbohrtürme
und Raffinerien zu verfehlen. Schließlich will man mit noch
mehr lasergesteuerten, sprich intelligenten, Bomben arbeiten. Kollateralschäden,
wie sie bisher bei jedem Krieg der Amerikaner zur Genüge vorkamen,
dürften damit zum Großteil der Vergangenheit angehören.
Ich hoffe, man erkennt den Zynismus. Probleme dürften die Ölförderanlagen
der Kuwaitis machen, deren Quellen bereits im Golfkrieg brannten.
Sollte Saddam Hussein nämlich zum Äußersten gezwungen
sein, wird er sicher nicht davor zurückschrecken, die Quellen
in Kuwait wieder in Brand zu setzen. Das ist zumindest die herrschende
Meinung in den Medien. Problematisch dürfte dabei nur sein,
dass er vorher durch die südliche Flugverbotszone marschieren
muss, in der derzeit ja bereits wieder bombardiert wird. Wenn man
schon Waffen produziert, muss man sie auch einsetzen, meinen wohl
Rumsfeld, Wolfowitz und Co. Der befürchtete Einsatz von Massenvernichtungswaffen
könnte noch erschwerend hinzukommen. Allerdings sollten auch
hier eher die Anglo-Amerikaner auf ihre Massenvernichtungswaffen
aufpassen. Die Irakis haben nämlich keine mehr. Da lege ich
mich jetzt mal fest. Sie können das gewagt nennen, aber ich
stehe dazu.
Kurz
zusammengefasst: Der Ölpreis steigt kurz an, fällt dann
auf ein niedrigeres Niveau, als wir es selbst heute haben. Die Arbeitslosenzahlen
sinken. Zuerst in Amerika, dann dank des dortigen Konjunkturaufschwungs
auch weltweit. Der Motor der Globalisierung läuft wieder auf
allen Töpfen. Hurra. Am Ende machen die USA auch noch Gewinn
durch einen Krieg. Wäre ja nichts neues. Denn bereits im Golfkrieg
hatten sie die Kosten von rund 80 Mrd. US-Dollar zum Großteil
auf die anderen Mitglieder der damaligen Allianz abgewälzt.
Die Kosten der Deutschen beispielsweise beliefen sich auf 16 Mrd.
DM, für einen Krieg, gegen den damals mehrere Hunderttausende
demonstriert hatten. Soviel zum kurzfristigen Szenario. Selbst die
größten Optimisten werden wohl kaum damit rechnen, dass
sich Saddam Hussein innerhalb eines Zeitraumes von drei bis vier
Wochen ergeben wird. Eher dürften die Szenarien zum Tragen
kommen, in denen horrende Verluste bei Häuserkämpfen drohen.
Im ZDF-Videotext liest man die Zahl von 100.000 irakischen Elite-Soldaten,
die in und um Bagdad zum Äußersten bereit seien. Amerikanische
Bomben kommen hier nicht in Frage, will man die eh kaum vorhanden
Akzeptanz in der weltweiten Bevölkerung für einen Krieg
nicht mit toten Babys, Kindern oder Frauen übermäßig
strapazieren. Eine internationale, auf UN-Recht basierte Allianz
ginge dann auch schneller zu Bruch, als Bush Achse des Bösen
sagen kann.
Die
langfristige Version eines erneuten Golfkriegs, vielmehr eines Irakkriegs,
dürfte den neuen US-Finanzminister Snow vor erhebliche Probleme
stellen. Und nicht nur ihn. Der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler
Nordhaus rechnet mit kurzfristigen Kosten (bei einer Dauer des Krieges
von 30 bis 40 Tagen) von 121 Mrd. US-Dollar. Seine Berechnungen
stützt Nordhaus auf Erfahrungen der Kriege im Libanon, auf
dem Balkan und in Afghanistan, sowie auf zwei Studien des US-Kongresses.
Er berücksichtigt dabei nicht nur die im Staatshaushalt anfallenden
Kosten, sondern die wirklichen Kosten für die Volkswirtschaft.
Beim für die USA noch günstigen kurzfristigen
Szenario kommt er auf direkte Militärausgaben von 50 Mrd. US-Dollar
und 71 Mrd. US-Dollar an Folgekosten. Wobei der Großteil der
Folgekosten aus Kosten für die Friedenssicherung besteht, für
die die Amerikaner ja bereits die Europäer ins Boot ziehen
wollten.
Der ehemalige Wirtschaftsberater des weißen Hauses Lindsey
ging von Kosten von 100 bis 200 Mrd. US-Dollar für einen Krieg
im allgemeinen aus. Die Haushaltsfachleute im Kongress rechnen mit
6 bis 13 Mrd. US-Dollar pro Monat. Nordhaus dagegen sieht bei einer
langfristigen Kriegsvariante, die wohl am wahrscheinlichsten ist,
Kosten von 1.595 Mrd. US-Dollar auf den US-Haushalt zukommen. 140
Mrd. US-Dollar direkte Militärausgaben, Folgekosten von 1.455
Mrd. US-Dollar, bei denen vor allem die Friedenssicherung und die
negativen Reaktionen des Ölmarktes mit jeweils 500 Mrd. US-Dollar
den Rahmen sprengen. Wenn Sie mich fragen, überwiegt hier klar
das Risiko. Was diese Kosten für die Weltwirtschaft bedeuten,
kann sich jeder an einer Hand abzählen. Während man bei
einem Ein-Monats-Krieg noch auf positive wirtschaftliche Auswirkungen
hoffen darf (auch wenn das schon arg weit hergeholt scheint), läuft
man in der normalen Kriegsversion Gefahr, die sich derzeit
weltweit anbahnende bzw. bereits schon vorhandene wirtschaftliche
Rezession auszubauen. Japanische Wirtschaftsverhältnisse paaren
sich dann mit argentinischen Finanzverhältnissen.
Der
von Huntington beschriebene, ja beschriehene Kampf der Kulturen
wäre in vollem Gange. Die USA müssten Schlachtfeld um
Schlachtfeld eröffnen. Das Öl würde nicht hinten
noch vorne ausreichen. Glücklich dürften nur die sein,
die eine private Ölquelle oder ein Stück Wald ihr eigen
nennen können. Im kommenden Winter könnte das bereits
überlebensnotwendig sein. Der worst case sieht
entweder ein schnelles Ende des Krieges aber, hervorgerufen durch
den Einsatz von Massenvernichtungswaffen, sprich amerikanischen
Atombomben, vor oder einen über Jahre wenn nicht sogar Jahrzehnte
andauernden Kleinkrieg im Irak, der sich allerdings nach einer bestimmten
Zeit auf die umliegenden Regionen ausweiten wird.
Hier
mal ein Beispiel:
Die USA greifen den Irak ohne UN-Mandat an, denn die Deutschen,
die im Februar diesen Jahres den Vorsitz des Weltsicherheitsrates
übernehmen, haben gegen einen Krieg gestimmt (bin ich naiv?).
Die Amerikaner und Briten bomben, was das Zeug hält. Die Medien
haben keine Chance investigativ zu berichten. Sie sind gleichgeschaltet
worden, ähnlich dem Szenario beim 1. Golfkrieg. Man erfährt
nichts von den Opfern unter der Zivilbevölkerung oder den Menschenrechtsverletzungen
der US-Soldaten, was im Endeffekt auch keine Rolle spielt, da der
Weltgerichtshof von den Amerikanern nicht anerkannt wurde. Es kommt
zu Massakern, sowohl seitens der Amerikaner an der irakischen Armee,
als auch von Seiten der Iraker an den Kurden und Schiiten. Saddam
Hussein ist ebenso in Sicherheit, wie der derzeit gesuchte Usama
bin Ladin nicht auffindbar ist. Die großen irakischen Städte
müssen mit Fußsoldaten erobert werden. Die blutigen Gemetzel
nehmen an Zahl von Tag zu Tag deutlich zu. Außerhalb des Irak
kommt es zu ersten Übergriffen seitens der arabischen Bevölkerungsgruppen
und Muslime auf amerikanische Stützpunkte. Das saudische Königshaus
bittet um amerikanische Hilfe um eine aufkeimende Revolution im
eigenen Land im Keim zu ersticken. Die Amerikaner müssen ihre
Kräfte aufspalten. Bekommen die Situation trotzdem nicht unter
Kontrolle. In Afghanistan wird Hamid Karzai ermordet und der Kampf
unter den Warlords um die Vorherrschaft am Hindukusch bricht aus.
Die Paschtunische Bevölkerungsmehrheit schließt sich
mit den pakistanischen Paschtunen zusammen. Es kommt zu einem Bürgerkrieg
in Pakistan. Der Militärmachthaber Musharraf wird gestürzt.
Die Mullahs übernehmen die Macht. Sie sind im Besitz von Atomwaffen,
sodass auch hier die Amerikaner mit Streitkräften einschreiten
müssen. Die Inder helfen ihnen dabei, obwohl von Seiten der
indischen Bevölkerung keinerlei Zustimmung vorliegt. Der Kaschmirkonflikt
gerät außer Kontrolle. Sowohl Indien, als auch Pakistan,
vormals ein einziges Land, bis sich die englischen Kolonialherren
ein Lineal nahmen und eine Grenze durch das Land zogen, befinden
sich im Kriegszustand. Die Amerikaner haben alle Hände voll
zu tun. Die Situation gerät trotzdem außer Kontrolle.
Israel wird von mehreren arabischen Staaten gleichzeitig angegriffen.
Die Israelis wiederum überrennen die Palästinenser und
die Spirale der Gewalt setzt sich so unaufhaltsam fort. Irgendwann
zündet jemand eine Atombombe. Es ist egal, ob die Amerikaner
oder die Israelis, die Inder oder die Pakistanis sie gezündet
haben. Fakt ist: Sie wurde gezündet. Den Rest überlasse
ich ihrer Fantasie.
Das
kurz geschilderte Szenario ist nur eines von vielen. Allerdings
kann keiner auf der Welt es ausschließen. Ebenso gut kann
der geplante Krieg noch im Keim erstickt werden. Wie bereits mehrfach
erklärt, die Hoffnung stirbt zuletzt. Allerdings werden sich
die Amerikaner, nach all den Anstrengungen, nicht mehr so einfach
die Butter vom Brot nehmen lassen. Die Welt marschiert in einen
Krieg, den keiner braucht und der alles bisherige verändern
wird. Vielleicht hilft folgendes dabei, ein wenig Licht in die verfahrene
Situation zu bringen, in der sich die Menschheit derzeit befindet.
Halten wir es mit dem taoistischen Yin und Yang, denn das Licht
trägt in sich den Samen der Dunkelheit, während im Herz
der Dunkelheit ein lichter Punkt ruht.
Zum
Schluss noch zwei sehr bemerkenswerte Zitate. Denken sie einmal
darüber nach. Noch haben wir die Möglichkeit unsere Zukunft
friedlich zu gestalten.
Erinnert
euch, dass ihr Menschen seid und vergesst alles andere.
(Albert Einstein)
Der
Zweifel ist eine der wichtigsten Funktionen des Denkens und
ein Fundament unserer Kultur. (Tiziano Terzani)
Einführung
Historie
Wie
es zum ersten Irak-Krieg kam......
Gründe
für den 2. Irak-Krieg
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